Harry Potter und der Feuerkelch, стр. 99

»Adieu, adieu«, sagte sie schwermutig, und als sich Harry den Tarnurnhang wieder anzog, sah er, wie sie in einem der Wasserhahne verschwand.

Drau?en im dunklen Korridor warf Harry einen Blick auf die Karte des Rumtreibers, um zu prufen, ob die Luft noch rein war. Ja, die Punkte fur Filch und Mrs Norris waren immer noch eindeutig in seinem Buro… niemand au?er Peeves schien sich zu bewegen, der ein Stockwerk uber Harry im Pokalzimmer auf- und abhupfte… schon war er den ersten Schritt zuruck in den Gryffindor-Turm gegangen, als ihm etwas anderes ins Auge fiel… etwas au?erst Merkwurdiges.

Peeves war nicht der Einzige, der sich bewegte. Ein anderer Punkt flitzte in einem Zimmer in der linken unteren Ecke umher – in Snapes Buro. Doch der Punkt war nicht mit»Severus Snape«beschriftet… es war Bartemius Crouch.

Harry starrte auf den Punkt. Mr Crouch war doch angeblich zu krank, um zur Arbeit oder zum Weihnachtsball zu kommen – also warum hatte er sich um ein Uhr morgens in Hogwarts eingeschlichen? Harry sah gespannt zu, wie der Punkt sich unablassig im Zimmer auf und ab bewegte und nur hie und da kurz innehielt…

Harry zogerte, uberlegte… und dann gewann seine Neugier die Oberhand. Er drehte sich um und lief in die andere Richtung, bis zur nachsten Treppe. Er wurde schon herausfinden, was Crouch hier zu suchen hatte.

Harry ging, so leise er konnte, treppab, dennoch wandten sich die Kopfe in den Gemalden beim Knarzen eines Dielenbrettes oder bei dem Rascheln seines Pyjamas neugierig um. Er schlich den Korridor einen Stock tiefer entlang, schob auf halbem Weg einen Wandteppich zur Seite und ging eine schmalere Treppe hinunter, eine Abkurzung, die ihn gleich zwei Stockwerke tiefer bringen wurde. Immer wieder warf er einen Blick auf die Karte und wunderte sich… es schien einfach nicht zu diesem korrekten, gesetzestreuen Charakter von Mr Crouch zu passen, so spat in der Nacht in einem fremden Buro herumzuschnuffeln…

Und dann, auf halber Treppe, als er nicht mehr auf seine Schritte achtete und ganz in Gedanken uber das seltsame Gebaren von Mr Crouch vertieft war, sank Harrys Bein plotzlich geradewegs durch die Trickstufe, die Neville dauernd zu uberspringen verga?. Er begann unbeholfen zu schwanken, und das goldene Ei, noch feucht vom Badewasser, glitt ihm aus dem Arm. Er lie? sich nach vorn fallen, um es aufzufangen, doch zu spat; das Ei kullerte die lange Treppe hinunter und lie? auf jeder Stufe einen Schlag wie von einer Ba?trommel horen. Der Tarnurnhang rutschte ihm vom Kopf und Harry konnte ihn gerade noch packen, da flatterte ihm die Karte des Rumtreibers aus der Hand und segelte sechs Stufen hinunter, wo er sie, bis ubers Knie in die Stufe versunken, nicht erreichen konnte.

Das goldene Ei kullerte durch den Wandteppich am Fu? der Treppe, schlug scheppernd im Korridor unten auf und begann mit seinem lauten Wehklagen. Harry zog den Zauberstab und muhte sich verzweifelt, die Karte des Rumtreibers zu beruhren und sie zu loschen, doch er konnte sie nicht erreichen.

Er zog sich den Umhang wieder uber den Kopf, richtete sich auf und lauschte angestrengt, die Augen vor Angst zu Schlitzen verengt – und es dauerte nur einen Augenblick -

»PEEVES!«

Das war unmi?verstandlich der Jagdruf von Filch, dem Hausmeister. Harry konnte deutlich seine hastig schlurfenden Schritte naher und naher kommen und seine keuchende Stimme vor Wut schrill werden horen.

»Was soll dieser Hollenlarm? Du weckst noch das ganze Schlo?! Ich krieg dich, Peeves, ich krieg dich, du wirst… und was ist das?«

Filch war offenbar stehen geblieben; es gab ein Klingen von Metall auf Metall und das Wehklagen erstarb. Filch hatte das Ei aufgehoben und es geschlossen. Harry stand reglos da, das eine Bein immer noch fest in der magischen Stufe verklemmt, und lauschte gebannt. Jeden Moment wurde Filch den Gobelin zur Seite ziehen und nach Peeves Ausschau halten… und da wurde kein Peeves sein… doch wenn er die Treppe hochstieg, wurde er die Karte des Rumtreibers entdecken… und diese Karte wurde, mit oder ohne Tarnumhang,»Harry Potter«genau da anzeigen, wo er stand.

»Ei?«, sagte Filch leise am Fu? der Treppe.»Meine Su?e!«- offenbar war Mrs Norris bei ihm -»Das ist ein Trimagischer Schlussel! Er gehort einem Schul-Champion!«

Harry wurde schlecht; sein Herz hammerte rasend schnell -

»PEEVES!«, donnerte Filch voll Schadenfreude.»Du hast gestohlen!«

Er ri? den Wandteppich unten zur Seite, und Harry sah sein furchterliches Sackgesicht und die hervorquellenden fahlen Augen, die die dunkle und (fur Filch) vollig ausgestorbene Treppe hochstarrten.

»Versteckst dich, was?«, sagte er leise.»Ich werd dich schon kriegen, Peeves… du hast doch tatsachlich einen Trimagischen Schlussel gestohlen, Peeves… dafur wird dich Dumbledore endlich rausschmei?en, du mieser kleiner Dieb von Poltergeist…«

Filch stieg die ersten Stufen hoch, dicht gefolgt von einer durren, staubfarbenen Katze. Mrs Norris' lampenartige Augen, die denen ihres Herrn so sehr ahnelten, hatten geradewegs Harry ins Visier genommen. Schon einmal hatte er sich fragen mussen, ob der Tarnurnhang auch bei Katzen wirkte… sein Magen verkrampfte sich vor Anspannung, wahrend er Filch in seinem alten Flanellmorgenmantel immer naher kommen sah – verzweifelt muhte er sich, sein eingeklemmtes Bein zu befreien, doch es sank nur noch ein paar weitere Zentimeter ein – und Filch mu?te nun jede Sekunde die Karte entdecken oder direkt in ihn hineinlaufen -»Filch? Was ist hier los?«

Filch hielt ein paar Stufen unterhalb von Harry inne und wandte sich um. Am Fu? der Treppe stand der Einzige, der Harrys Lage nur noch verschlimmern konnte – Snape. Er trug ein langes graues Nachthemd und schien vor Zorn zu rasen.

»Es ist Peeves, Professor«, wisperte Filch bosartig.»Er hat dieses Ei die Treppe runtergeworfen.«

Rasch nahm Snape die Stufen bis hinauf zu Filch. Harry bi? die Zahne zusammen, uberzeugt, da? sein laut pochendes Herz ihn jede Sekunde verraten mu?te…

»Peeves?«, sagte Snape leise und starrte das Ei in Filchs Hand an.»Aber Peeves konnte nicht in mein Buro…«

»Dieses Ei war in Ihrem Buro, Professor?«

»Naturlich nicht«, fuhr ihn Snape an,»ich hab Gepolter und Gejammer gehort -«

»Ja, Professor, das war das Ei -«

»- und wollte kurz nachsehen, was los ist -«

»Peeves hat es runtergeworfen, Professor -«

»- und als ich an meinem Buro vorbeikam, sah ich, da? die Fackeln brannten und eine Schranktur offen stand! Jemand hat es durchsucht!«

»Aber Peeves konnte nicht -«

»Das wei? ich auch, Filch!«, bellte Snape.»Ich versiegle mein Buro mit einem Fluch, den nur ein Zauberer brechen kann!«Snape sah die Treppe hoch, durch Harry hindurch, und dann hinunter auf den Korridor.»Ich mochte, da? Sie mir bei der Suche nach dem Eindringling helfen, Filch.«

»Ich – ja, Professor – aber -«

Filch blickte sehnsuchtig die Treppe hoch, und Harry entging nicht, da? er nur widerwillig die Chance sausen lie?, Peeves in die Enge zu treiben. Geh, flehte ihn Harry stumm an, geh mit Snape… geh… Mrs Norris lugte hinter Filchs Beinen hervor… Harry hatte den deutlichen Eindruck, da? sie ihn riechen konnte… warum nur hatte er das Bad mit so viel Duftschaum gefullt?

»Die Sache ist die, Professor«, sagte Filch mit wehleidiger Stimme,»diesmal wird der Direktor auf mich horen mussen, Peeves hat einen Schuler bestohlen, das ware meine Chance, ihn ein fur alle Mal aus dem Schlo? werfen zu lassen -«

»Filch, dieser vermaledeite Poltergeist ist mir verdammt noch mal vollig egal, ich mu? mich um mein Buro -«

Klonk. Klonk. Klonk.

Snape verstummte mit einem Schlag. Er und Filch spahten hinunter zum Fu? der Treppe. Harry sah Mad-Eye Moody humpelnd in der schmalen Lucke zwischen ihren Kopfen auftauchen. Moody trug seinen alten Reiseumhang uber dem Nachthemd und stutzte sich wie immer auf seinen Stock.