Harry Potter und der Feuerkelch, стр. 97

Sein Blick verweilte einen Moment lang auf Harry, dann sagte er tiefernst:»Wei?t du, was ich wirklich gut finden wurd, Harry? Ich fand's wirklich gut, wenn du gewinnst, sag ich dir. Dann hattest du's allen gezeigt… du brauchst nicht reinblutig zu sein, um es zu schaffen. Du brauchst dich nicht zu schamen, weil du so bist, wie du bist. Dann wurden sie sehen, da? es Dumbledore ist, der Recht hat und alle aufnimmt, wenn sie nur zaubern konnen. Wie steht's eigentlich mit dem Ei, Harry?«

»Gro?artig«, sagte Harry.»Wirklich gro?artig.«

Auf Hagrids verweintem Gesicht brach sich ein breites, feuchtes Lacheln Bahn.»Gut gemacht, Junge… Du zeigst es denen, Harry, du zeigst es denen. Schlagst sie alle.«

Hagrid anzulugen war nicht ganz dasselbe, wie irgendjemanden anzulugen. Spater am Nachmittag, als Harry mit Ron und Hermine zum Schlo? zuruckging, konnte er das Bild von Hagrids bartumwuchertem Gesicht nicht aus seinen Gedanken verbannen, das so glucklich ausgesehen hatte bei der Vorstellung, Harry wurde das Turnier gewinnen. Das ratselhafte Ei lastete an diesem Abend schwer auf Harrys Gewissen, und als er im Bett lag, hatte er seinen Entschlu? schon gefa?t – es war an der Zeit, seinen Stolz zu vergessen und herauszufinden, ob Cedrics ratselhafter Hinweis irgend etwas taugte.

Das Ei und das Auge

Da Harry keine Ahnung hatte, wie lange er baden mu?te, um das Geheimnis des goldenen Eis zu luften, beschlo? er, nachts zu gehen, wenn er sich so viel Zeit nehmen konnte, wie er brauchte. Es widerstrebte ihm zwar, einem weiteren Ratschlag von Cedric zu folgen, doch er entschied sich, das Bad der Vertrauensschuler zu benutzen. Nur wenige durften dort rein und so wurde er eher ungestort bleiben.

Harry plante seine Unternehmung mit Sorgfalt, denn schon einmal hatte ihn Filch, der Hausmeister, mitten in der Nacht aufgegriffen, als er sich verbotenerweise im Schlo? herumgetrieben hatte, und er hatte nicht das Bedurfnis, dies noch einmal zu erleben. Naturlich wurde der Tarnurnhang entscheidend sein, und als zusatzliche Vorkehrung wollte er die Karte des Rumtreibers mitnehmen, die neben dem Umhang das nutzlichste Werkzeug furs Regelbrechen war, das Harry besa?. Die Karte zeigte ganz Hogwarts, auch die vielen Abkurzungen und Geheimgange, und vor allem zeigte sie die Leute im Schlo? als winzige, beschriftete Punkte, die sich durch die Gange bewegten, so da? Harry gewarnt sein wurde, wenn sich jemand dem Badezimmer naherte.

Am Dienstagabend stahl sich Harry hoch in den Schlafsaal, warf sich den Tarnurnhang uber, schlich mach unten und wartete, wie in jener Nacht, als Hagrid ihn zu den Drachen gefuhrt hatte, bis sich das Portratloch offnete. Diesmal war es Ron, mit dem er sich abgesprochen hatte; er stand auf der anderen Seite des Portratlochs, sagte der fetten Dame das Pa?wort (»Bananeneis«), stieg in den Gemeinschaftsraum, murmelte Harry»viel Gluck«zu, und Harry schlupfte hinaus.

Heute Abend fiel es ihm schwer, sich mit dem Tarnurnhang zu bewegen, denn er trug das schwere Ei unter dem einen Arm und hielt sich mit dem anderen die Karte vor die Augen. Die mondbeschienenen Gange waren jedoch ausgestorben und still, und indem Harry gelegentlich anhielt und die Karte vorsorglich prufte, gelang es ihm, unliebsame Begegnungen zu vermeiden. Als er die Statue von Boris dem Bekloppten erreichte, einem ratlos in die Gegend schauenden Zauberer mit Handschuhen, bei denen er links und rechts verwechselt hatte, sah er die richtige Tur, neigte sich zu ihr und murmelte das Pa?wort»Pinienfrisch«, wie Cedric ihm gesagt hatte.

Knarrend offnete sich die Tur. Harry glitt hinein, schob den Riegel vor, zog den Tarnurnhang vom Kopf und sah sich um.

Sein erster Eindruck war, da? es sich durchaus lohnen wurde, Vertrauensschuler zu werden, nur um dieses Badezimmer benutzen zu durfen. Ein stattlicher kerzenbestuckter Kronleuchter tauchte das Bad in sein warmes Licht. Es war ganz aus Marmor, auch das in der Mitte des Raums eingelassene rechteckige Becken, das eher wie ein leerer Swimmingpool aussah. Rund hundert goldene Wasserhahne ragten aus den Seitenwanden des Beckens und in jedem Drehknopf war ein andersfarbener Juwel eingelassen. Auch ein Sprungbrett gab es hier. An den Fenstern hingen lange, wei?e Leinenvorhange; in einer Ecke fand sich ein gro?er Stapel flaumig weicher wei?er Badetucher, und an der Wand hing ein einzelnes, goldgerahmtes Gemalde. Darauf war eine blonde Meerjungfrau zu sehen, die tief schlafend auf einem Felsen lag und deren langes Haar bei jedem Schnarcher uber ihr Gesicht flatterte.

Harry legte seinen Umhang, das Ei und die Karte auf den Boden und ging, sich umsehend, auf das Becken zu, wobei seine Schritte von den Wanden widerhallten. Gewi?, dieses Bad war herrlich – und er hatte gro?e Lust, ein paar von diesen Wasserhahnen auszuprobieren -, doch nun, da er hier war, kam ihm der unangenehme Gedanke, da? Cedric ihn vielleicht auf den Arm genommen hatte. Wie um alles in der Welt sollte ihm dieses Bad helfen, das Geheimnis des Eis zu losen? Trotz allem legte er eines der flaumigen Tucher an den Rand des swimmingpoolgro?en Beckens, legte den Umhang, die Karte und das Ei dazu, kniete sich nieder und drehte ein paar Wasserhahne auf.

Sofort war ihm klar, da? jeder Wasserstrahl eine andere Sorte Schaumbad enthielt, aber es war Schaumbad, wie Harry es noch nie erlebt hatte. Aus einem Hahn blubberten rosa und blaue Blasen von Fu?ballgro?e, aus einem anderen quoll eiswei?er Schaum, so dicht und fest, da? Harry sicher war, er wurde ihn uber das Wasser tragen; aus einem dritten Hahn spruhten schwer parfumierte purpurne Wolken, die uber dem Wasser schweben blieben. Harry drehte eine Weile nach Lust und Laune an den Hahnen, und besonders einer gefiel ihm, dessen Strahl auf der Wasseroberflache abprallte und in gro?en Bogen daruber hinweghupfte. Als das tiefe Becken mit hei?em Wasser, feinem Schaum und machtigen Blasen gefullt war (was bei seiner Gro?e doch schnell gegangen war), drehte Harry alle Hahne zu, zog Morgenrock, Pyjama und Badeschlappen aus und lie? sich ins Wasser gleiten.

Es war so tief, da? seine Fu?e kaum den Boden beruhrten, und so schwamm er tatsachlich ein paar Runden, dann lehnte er sich an den Beckenrand, planschte ein wenig im Wasser und nahm das Ei unter die Lupe. So toll es auch war, im hei?en und schaumigen Wasser durch wabernde bunte Dampfwolken zu schwimmen, es hatte ihn kein Geistesblitz getroffen, noch war ihm plotzlich etwas wie Schuppen von den Augen gefallen.

Harry streckte die Arme aus, hob das Ei mit nassen Handen hoch und offnete es. Das klagende, kreischende Larmen erfullte das Bad und hallte zitternd von den Marmorwanden wider, doch es klang so unbegreiflich wie immer, und im Gewirr der Echos vielleicht noch ratselhafter. Aus Sorge, der Larm konnte Filch auf den Plan rufen, wie es Cedric vielleicht sogar beabsichtigt hatte, lie? er das Ei wieder zuschnappen – und dann schrak er so heftig zusammen, da? er das Ei fallen lie?. Scheppernd rollte es uber den Marmorboden davon. Jemand sprach.

»Ich wurde es einfach mal ins Wasser legen, wenn ich du ware.«

Harry hatte vor Schreck eine betrachtliche Menge Seifenblasen geschluckt. Prustend richtete er sich auf und sah den Geist eines sehr verdrossen aussehenden Madchens mit ubergeschlagenen Beinen auf einem der Wasserhahne sitzen. Es war die Maulende Myrte, die man normalerweise im Abflu?rohr eines Klos drei Stockwerke weiter unten schluchzen horen konnte.

»Myrte!«, sagte Harry emport.»Ich – ich hab uberhaupt nichts an!«

Der Schaum war so dicht, da? es kaum eine Rolle spielte, aber er hatte das unangenehme Gefuhl, da? Myrte ihn aus einem der Hahne heraus beobachtet hatte, schon seit er hereingekommen war.

»Ich hab die Augen geschlossen, als du reinkamst«, sagte sie und blinzelte ihn durch ihre dicken Brillenglaser an.»Du hast mich schon ewig nicht mehr besucht.«