Harry Potter und der Feuerkelch, стр. 63

Die Doppelstunde Zaubertranke war immer ein schreckliches Erlebnis, doch jetzt war es die reine Folter. Anderthalb Stunden lang mit Snape und den Slytherins in einen Kerker

gesperrt zu sein, die alle entschlossen schienen, Harry so schwer wie moglich zu bestrafen, weil er es gewagt hatte, Schul-Champion zu werden, das war so ziemlich das Unangenehmste, was Harry sich vorstellen konnte. Einen Freitag hatte er schon durchgestanden, mit Hermine an seiner Seite, die ihm standig»Scher dich nicht drum, la? sie reden«zumurmelte, und er wu?te nicht, warum es ihm heute besser ergehen sollte.

Als er nach dem Mittagessen mit Hermine vor Snapes Kerker ankam, warteten die Slytherins bereits an der Tur, und ausnahmslos alle trugen gro?e Anstecker an den Umhangen. Einen uberdrehten Moment lang dachte Harry, es seien B.ELFE.R-Anstecker – dann sah er, da? alle dieselbe Aufschrift in roten Leuchtbuchstaben trugen, die durch das Dammerlicht des Kellergangs strahlten:

Ich bin fur CEDRIC DIGGORY -

den WAHREN Hogwarts-Champion!

»Gefallt's dir, Potter?«, sagte Malfoy laut, als Harry naher trat.»Und das ist nicht alles – sieh mal!«

Er druckte mit dem Finger auf den Anstecker, die Schrift verschwand und dann erschienen leuchtend grune Lettern:

POTTER STINKT

Die Slytherins brullten vor Lachen. Nun druckten auch die anderen auf ihre Anstecker und schlie?lich leuchtete im ganzen Umkreis die Botschaft POTTER STINKT. Harry spurte, wie Hitze in ihm aufwallte und in Hals und Gesicht stieg.

»Unglaublich witzig«, sagte Hermine trocken zu Pansy Parkinson und ihrer Bande Slytherin-Madchen, die sich besonders amusierten,»wirklich sehr einfallsreich.«

Ron stand mit Dean und Seamus an der Wand. Er lachte nicht, doch er sprang Harry auch nicht bei.

»Willst du einen, Granger?«, sagte Malfoy und hielt ihr einen Anstecker hin.»Ich hab sie kistenweise. Aber beruhr blo? nicht meine Hand. Ich hab sie gerade gewaschen und ich will nicht, da? eine Schlammbluterin sie einschleimt.«

Es war, als ob der Zorn, den Harry nun seit Tagen mit sich herumtrug, einen Damm in seiner Brust durchbrach. Er hatte seinen Zauberstab in der Hand, bevor er recht wu?te, was er tat. Einige Umstehende sturzten sofort in den Kellergang davon.

»Harry!«, warnte ihn Hermine.

»Jetzt mach schon, Potter«, sagte Malfoy leise und zog ebenfalls seinen Zauberstab.»Moody ist nicht hier, um dich auf den Scho? zu nehmen – tu's doch, wenn du den Mumm dazu hast -«

Den Bruchteil einer Sekunde lang sahen sie sich in die Augen, und dann, in genau demselben Moment, griffen sie an.

»Furnunculus!«, rief Harry.

»Densaugeo!«, schrie Malfoy.

Lichtblitze schossen aus beiden Zauberstaben, trafen sich in der Luft und schleuderten sich aus der Bahn – Harrys Blitzstrahl traf Goyle im Gesicht, der Malfoys traf Hermine. Goyle jaulte auf und schlug die Hande auf seine Nase, wo gro?e, ha?liche Blasen aufquollen – Hermine, panisch wimmernd, pre?te die Hande auf den Mund.

»Hermine!«Ron sturmte herbei, um zu sehen, was ihr passiert war.

Harry wandte sich um und sah, wie Ron Hermines Hande von ihrem Gesicht zog. Es war kein schoner Anblick. Hermines Vorderzahne – ohnehin schon uberdurchschnittlich lang – wuchsen mit alarmierender Geschwindigkeit; mehr und mehr nahm sie das Aussehen eines Bibers an und ihre Zahne wuchsen weiter, uber ihre Unterlippe hinaus, auf ihr Kinn zu – in ihrer Panik tastete sie danach und schrie von Grauen gepackt auf.

»Was soll dieser Krach hier?«, sagte eine leise, eiskalte Stimme. Snape war gekommen.

Die Slytherins redeten laut durcheinander, um ihre Sicht der Dinge loszuwerden. Snape deutete mit einem langen gelben Finger auf Malfoy und sagte:»Erklare.«

»Potter hat mich angegriffen, Sir -«

»Wir haben uns gleichzeitig angegriffen!«, rief Harry.

»- und er hat Goyle getroffen – sehen Sie -«

Snape musterte Goyles Gesicht, das nun nach etwas aussah, das in ein Buch uber Giftpilze gehorte.

»Krankenflugel, Goyle«, sagte Snape ruhig.

»Malfoy hat Hermine getroffen!«, sagte Ron.»Sehen Sie!«

Er zwang Hermine, Snape ihre Zahne zu zeigen – sie tat ihr Bestes, um sie mit den Handen zu verbergen, was jedoch schwierig war, denn jetzt waren sie schon an ihrem Kragen vorbeigewachsen. Pansy Parkinson und die anderen Slytherin-Madchen waren hinter Snapes Rucken in die Hocke gegangen, kicherten verdruckst und deuteten mit den Fingern auf Hermine.

Snape sah Hermine kalt an, dann sagte er:»Ich sehe keinen Unterschied.«

Hermine lie? ein Wimmern horen; ihre Augen fullten sich mit Tranen, sie drehte sich auf den Fersen um und rannte, rannte in den Kellergang hinein und verschwand.

Vielleicht war es ein Gluck, da? Harry und Ron gleichzeitig begannen Snape anzuschreien; ein Gluck, da? ihr Geschrei an den steinernen Kellerwanden widerhallte, denn aus dem lauten Stimmengewirr konnte Snape nicht genau heraushoren, als was sie ihn alles beschimpften. Das Wesentliche allerdings bekam er mit.

»Schauen wir mal«, sagte er, olig wie noch nie.»Funfzig Punkte Abzug fur Gryffindor und Nachsitzen fur Potter und Weasley. Jetzt aber rein oder ihr bleibt eine Woche im Keller.«

In Harrys Ohren rauschte es. So ungerecht war das alles, da? er Snape am liebsten in tausend schleimige Stucke zerflucht hatte. Er ging an Snape vorbei und an Rons Seite in den hinteren Teil des Kerkers, wo er seine Tasche auf einen Tisch knallte. Auch Ron bebte vor Zorn – einen Moment lang hatte Harry das Gefuhl, alles sei wieder wie fruher, doch dann wandte sich Ron ab, lie? ihn allein am Tisch zuruck und setzte sich zu Dean und Seamus. Vorn in der ersten Reihe drehte Malfoy Snape den Rucken zu, grinste und druckte auf seinen Anstecker. POTTER STINKT flammte durch den Kerker.

Harry sa? da und starrte Snape an, der zu reden begonnen hatte, und er stellte sich vor, da? Snape schreckliche Dinge zustie?en… wenn er nur wu?te, wie dieser Cruciatus-Fluch funktionierte… er wurde Snape flach auf den Rucken legen wie diese Spinne und zucken und zappeln lassen…

»Gegengifte!«, sagte Snape und sah sie mit bedrohlich funkelnden kalten schwarzen Augen an.»Ihr solltet inzwischen eure Rezepte vorbereitet haben. Ihr werdet jetzt mit aller Sorgfalt eure Tinkturen zubereiten, und dann werden wir jemanden aussuchen, an dem wir eine davon ausprobieren…«

Snape suchte Harrys Blick, und Harry wu?te genau, was ihm bevorstand. Snape wurde ihn vergiften. Harry sah sich schon seinen Kessel packen, nach vorn spurten und ihn uber Snapes fettigen Kopf stulpen -

Und dann ri? ihn ein Klopfen an der Tur aus den Gedanken.

Es war Colin Creevey; er streckte den Kopf durch den Turspalt, strahlte in Harrys Richtung und ging nach vorn zu Snapes Tisch.

»Ja?«, sagte Snape schroff.

»Bitte, Sir, ich soll Harry Potter nach oben bringen.«

Snape sah an seiner Hakennase entlang hinunter auf Colin, dem das Lacheln auf dem begeisterten Gesicht sofort gefror.

»Potter hat hier noch eine Stunde Zaubertranke abzusitzen«, sagte Snape kalt.»Er wird nach oben kommen, wenn der Unterricht zu Ende ist.«

Colin lief rosa an.

»Sir – Sir, Mr Bagman will ihn sprechen«, sagte er aufgeregt.»Alle Champions mussen kommen, ich glaube, sie wollen Fotos von ihnen machen…«

Harry hatte alles gegeben, was er besa?, wenn Colin nur nicht die letzten Worte ausgesprochen hatte. Aus den Augenwinkeln sah er zu Ron hinuber, doch Ron starrte verbissen an die Decke.

»Von mir aus«, fauchte Snape.»Potter, la? deine Sachen hier, du kommst so schnell wie moglich zuruck, ich will dein Gegengift testen.«

»Bitte, Sir, er mu? seine Sachen mitnehmen«, piepste Colin.»Alle Champions -«

»Schon gut!«, blaffte Snape.»Potter, nimm deine Tasche und verschwinde hier!«

Harry warf sich die Tasche uber die Schulter, stand auf und ging eilig auf die Tur zu. Als er zwischen den Tischen der Slytherins hindurchging, blinkte ihn von allen Seiten POTTER STINKT an.