Harry Potter und der Feuerkelch, стр. 152

»Aber -«, sagte Harry.

Er wollte nicht, da? Sirius ging. Er mochte sich nicht schon wieder so schnell von ihm trennen.

»Wir werden uns sehr bald wieder sehen«, sagte Sirius zu Harry gewandt.»Das versprech ich dir. Aber ich mu? tun, was in meinen Kraften steht, das verstehst du doch?«

»Jaah«, sagte Harry.»Jaah… naturlich.«

Sirius nahm kurz seine Hand, nickte Dumbledore zu, verwandelte sich wieder in den schwarzen Hund und rannte durch den Saal zur Tur, deren Klinke er mit der Pfote hinunterdruckte. Dann war er verschwunden.

»Severus«, sagte Dumbledore an Snape gewandt,»Sie wissen, was ich von Ihnen verlangen mu?. Wenn Sie willens sind… wenn Sie bereit sind…«

»Das bin ich«, sagte Snape.

Er sah ein wenig bleicher aus als sonst und seine kalten schwarzen Augen glitzerten eigenartig.

»Viel Gluck«, sagte Dumbledore. Mit einem Anflug von Besorgnis auf dem Gesicht sah er Snape nach, der ohne ein weiteres Wort Sirius hinaus zur Tur folgte.

Es vergingen einige Minuten, bis Dumbledore wieder sprach.

»Ich mu? nach unten«, sagte er endlich.»Ich mu? mit den Diggorys reden. Harry – nimm den Rest deines Schlaftranks. Wir treffen uns alle spater.«

Dumbledore verschwand und Harry lie? sich in die Kissen zurucksinken. Hermine, Ron und Mrs Weasley sahen ihn an. Lange Zeit sprach niemand ein Wort.

»Du mu?t den Rest deines Tranks nehmen, Harry«, sagte Mrs Weasley schlie?lich. Als sie nach der Flasche und der Trinkschale langte, stie? sie mit der Hand an den Goldbeutel auf dem Nachttisch.»Du brauchst jetzt einen schonen langen Schlaf. Versuch mal eine Zeit lang an etwas anderes zu denken… denk daran, was du dir mit deinem Gewinn kaufen kannst!«

»Ich will dieses Gold nicht«, sagte Harry mit ausdrucksloser Stimme.»Nehmen Sie es. Oder irgendwer. Ich hatte es nicht gewinnen durfen. Es stand eigentlich Cedric zu.«

Das, wogegen er immer wieder angekampft hatte, seit er aus dem Irrgarten aufgetaucht war, drohte ihn nun zu uberwaltigen. An seinen inneren Augenwinkeln spurte er ein Stechen und Brennen. Blinzelnd starrte er zur Decke hoch.

»Es war nicht deine Schuld, Harry«, flusterte Mrs Weasley sanft.

»Ich wollte, da? wir den Pokal zusammen gewinnen«, sagte Harry.

Nun war das Brennen auch in seiner Kehle. Er wunschte sich, Ron wurde wegsehen.

Mrs Weasley stellte den Trank zuruck auf den Nachttisch, beugte sich uber Harry und nahm ihn in die Arme. Er konnte sich nicht erinnern, jemals so umarmt worden zu sein, umarmt wie von einer Mutter. Nun, da ihn Mrs Weasley so fest hielt, schien all das, was er gesehen hatte, mit Macht auf ihn einzudringen. Das Gesicht seiner Mutter, die Stimme seines Vaters, der Anblick Cedrics, tot auf der Erde liegend, all das begann nun in seinem Kopf zu wirbeln, bis er es kaum noch ertragen konnte und sein Gesicht verzerrte wider den Verzweiflungsschrei, der sich aus ihm herauskampfte.

Es tat einen lauten Schlag und Mrs Weasley richtete sich erschrocken auf. Hermine stand am Fenster. Sie hielt etwas in der geschlossenen Hand.

»Verzeihung«, flusterte sie.

»Dein Trank, Harry«, sagte Mrs Weasley rasch und wischte sich mit dem Handrucken uber die Augen.

Harry nahm ihn in einem Zug. Die Wirkung trat augenblicklich ein. Schwere, machtige Wellen traumlosen Schlafes brachen sich uber ihm, er fiel zuruck in die Kissen und dachte an nichts mehr.

Der Anfang

Im Ruckblick stellte Harry fest, da? er sich auch einen Monat spater kaum an die Tage erinnern konnte, die auf diese Nacht folgten. Vielleicht hatte er nach allem, was er durchgemacht hatte, einfach nichts mehr aufnehmen konnen. Und die wenigen Erinnerungen, die er hatte, waren sehr bittere. Das Schlimmste war wohl das Treffen mit den Diggorys am nachsten Morgen gewesen.

Sie gaben ihm keine Schuld fur das, was geschehen war; im Gegenteil, beide dankten ihm, da? er ihren toten Sohn zuruckgebracht hatte. Mr Diggory schluchzte wahrend des Gesprachs immer wieder auf, wahrend Mrs Diggory ihrer Trauer offenbar nicht einmal mehr mit Tranen Ausdruck verleihen konnte.

»Dann hat er nicht lange gelitten«, sagte sie, nachdem Harry geschildert hatte, wie Cedric gestorben war.»Und uberleg mal, Amos, er starb in dem Moment, als er das Turnier gewonnen hatte. Er mu? glucklich gewesen sein.«

Als die beiden sich schon erhoben hatten, wandte sich Mrs Diggory noch einmal Harry zu.»Pa? jetzt gut auf dich auf«, sagte sie.

Harry nahm den Beutel mit Gold vom Nachttisch.

»Nehmen Sie das«, murmelte er.»Cedric hatte es verdient, er war vor mir da, nehmen Sie es -«

Doch Mrs Diggory wich hastig zuruck.»O nein, es ist deins, mein Junge, wir konnten es nicht… behalt du es.«

Am Abend noch kehrte Harry in den Gryffindor-Turm zuruck. Hermine und Ron hatten ihm erzahlt, da? Dumbledore beim Fruhstuck ein paar Worte an alle Schuler gerichtet hatte. Er hatte sie nur um eines gebeten, namlich Harry in Ruhe zu lassen und ihn nicht mit Fragen daruber zu lochern, was im Irrgarten geschehen war. Auf den Korridoren, so fiel ihm auf, gingen ihm die meisten seiner Mitschuler aus dem Weg und mieden seinen Blick. Manche flusterten hinter vorgehaltener Hand miteinander, wenn er vorbeiging. Sicher schenkten viele von ihnen Rita Kimmkorns Behauptungen Glauben, er sei gestort und womoglich auch gefahrlich. Vielleicht stoppelten sie sich auch ihre eigenen Vermutungen uber den Tod Cedrics zusammen. Harry scherte sich wenig darum. Ohnehin war er am liebsten mit Ron und Hermine zusammen, und dann redeten sie uber andere Dinge, oder die beiden lie?en ihn schweigend dabeisitzen, wahrend sie Schach spielten. Er hatte das Gefuhl, sie alle drei waren zu einem stillschweigenden Einverstandnis gelangt; sie warteten jeder fur sich auf einen Hinweis, ein Wort daruber, was au?erhalb von Hogwarts vor sich ging – und es war sinnlos, lange hin und her zu uberlegen, was in nachster Zeit geschehen wurde, solange sie nichts Genaues erfuhren. Nur einmal streiften sie das Thema, als Ron Harry von einem Treffen Mrs Weasleys mit Dumbledore vor ihrer Heimreise erzahlte.

»Sie wollte ihn fragen, ob du diesen Sommer gleich zu uns kommen konntest«, erklarte Ron.»Aber Dumbledore mochte, da? du zu den Dursleys zuruckgehst, wenigstens fur die erste Zeit.«

»Warum?«, fragte Harry.

»Sie meinte, Dumbledore hatte seine Grunde«, sagte Ron und schuttelte mit dusterer Miene den Kopf.»Bleibt uns wohl nichts anderes ubrig, als ihm zu vertrauen.«

Der Einzige au?er Ron und Hermine, mit dem Harry, sich uberhaupt in der Lage fuhlte zu sprechen, war Hagrid. Da es keinen Lehrer fur Verteidigung gegen die dunklen Kunste mehr gab, hatten sie in diesen Stunden frei. Am Donnerstagnachmittag nutzten sie die Gelegenheit und gingen hinunter, um ihn in seiner Hutte zu besuchen. Es war ein heller, sonniger Tag; Fang kam aus der offenen Tur gejagt und nahm sie bellend und wie verruckt mit dem Schwanz wedelnd in Empfang.

»Wer da?«, rief Hagrid und kam zur Tur.»Harry!«

Mit gro?en Schritten kam er ihnen entgegen, druckte Harry mit einem Arm an sich, zerzauste sich mit der anderen Hand das Haar noch mehr und sagte:»La?t dich endlich wieder blicken, Kumpel. Schon dich zu sehn.«

Sie betraten die Hutte. Auf dem Holztisch vor dem Kamin standen ein paar eimergro?e Tassen und Teller.

»Hab mit Olympe 'n Ta?chen Tee getrunken«, sagte Hagrid.»Ist eben gegangen.«

»Mit wem?«, fragte Ron verwundert.

»Madame Maxime naturlich!«, sagte Hagrid.

»Habt euch wohl wieder versohnt, ihr beiden?«, sagte Ron.

»Keine Ahnung, was du meinst«, sagte Hagrid lassig und holte frische Tassen aus dem Geschirrschrank. Als er Tee gekocht und ihnen einen Teller teigiger Kekse angeboten hatte, lehnte er sich in seinem Stuhl zuruck und nahm Harry mit seinen kaferschwarzen Augen scharf unter die Lupe.

»Alles in Ordnung mit dir?«, fragte er ruppig.