Harry Potter und der Gefangene von Askaban, стр. 85

Harry trieb Seidenschnabel zur Eile. Sie schwebten leise hinauf zu den oberen Stockwerken des Schlosses… Harry zog die Leine heftig nach links und Seidenschnabel folgte ihm. Harry versuchte die vorbeifliegenden Fenster zu zahlen -

»Oha!«, sagte er und ri? mit aller Kraft an der Leine.

Seidenschnabel flog langsamer und dann blieben sie in der

Luft stehen, wenn man davon absah, da? sie auf- und abhupften, weil Seidenschnabel mit den Flugeln schlagen mu?te, um oben zu bleiben.

»Er ist da!«, sagte Harry, der Sirius gesehen hatte, als sie vor seinem Fenster auftauchten. Er streckte die Hand mit dem Zauberstab aus und konnte beim nachsten Flugelschlag gegen das Glas schlagen.

Black blickte auf Harry sah, wie ihm die Kinnlade herunterfiel. Black sprang vom Stuhl, sturzte zum Fenster und wollte es offnen, doch es war verschlossen.

»Zurucktreten!«, rief ihm Hermine zu. Mit der linken Hand klammerte sie sich an Harrys Umhang fest, mit der rechten zuckte sie den Zauberstab.

»Alohomora!«

Das Fenster sprang au?

»Wie… wie?«, fragte Black erschopft und starrte den Hippogreif an.

»Steig auf Wir haben keine Zeit zu verlieren«, sagte Harry und packte Seidenschnabel fest an der einen Seite seines schlanken Halses, um ihn ruhig zu halten.»Du mu?t fliehen – die Dementoren kommen – Macnair holt sie.«

Black hielt sich an beiden Seiten des Fensters fest und zog Kopf und Schultern ins Freie. Ein Gluck, da? er so mager war. In Sekundenschnelle gelang es ihm, ein Bein uber Seidenschnabels Rucken zu schwingen und sich hinter Hermine auf den Hippogreif zu ziehen.

»Gut gemacht, Seidenschnabel, und jetzt hoch -«, sagte Harry und schlackerte mit der Leine.»Hoch zum Turm – mach schon!«

Mit einem Schlag seiner machtigen Flugel rauschten sie davon, hoch bis zur Spitze des Westturms. Seidenschnabel landete hufklappernd auf den Zinnen und Harry und Hermine lie?en sich sofort heruntergleiten.

»Sirius, du verschwindest am besten, schnell«, keuchte Harry.»Sie werden jeden Moment in Flitwicks Buro kommen und sehen, da? du fort bist.«

Seidenschnabel scharrte auf dem Boden und warf seinen scharfen Kopf hin und her.

»Was ist mit dem anderen Jungen passiert? Mit Ron?«, krachzte Sirius.

»Er wird sich wieder erholen – ist immer noch au?er Gefecht, aber Madam Pomfrey sagt, sie wird ihn schon wieder hinkriegen – schnell – flieh -«

Doch Black starrte Harry unverwandt an.

»Wie kann ich dir jemals danken -«

»Flieh!«, riefen Harry und Hermine aus einem Mund.

Black warf Seidenschnabel herum und sah in den offenen Himmel.

»Wir sehen uns wieder«, sagte er.»Du bist – ganz der Sohn deines Vaters, Harry…«

Er druckte die Fersen in Seidenschnabels Seiten; Harry und Hermine sprangen zuruck, und die gewaltigen Flugel hoben sich von neuem… der Hippogreif stieg in den Nachthimmel… Harry sah ihnen nach, wie sie kleiner und kleiner wurden… dann schob sich eine Wolke vor den Mond… fort waren sie.

Noch einmal Eulenpost

»Harry!«

Hermine zupfte ihn am Armel und starrte auf die Uhr.»Wir haben genau zehn Minuten, um in den Krankenflugel runterzukommen, bevor Dumbledore die Tur schlie?t – und keiner darf uns sehen!«

»Okay«, sagte Harry und wandte sich widerwillig vom Nachthimmel ab,»gehen wir…«

Sie schlupften durch die Turmtur und stiegen eine schmale Wendeltreppe hinunter. Unten angekommen, horten sie Stimmen. Sie drangten sich in eine Nische in der Wand und lauschten. Die Stimmen klangen nach Fudge und Snape, die rasch den Korridor entlanggingen, in dem Harry und Hermine standen.

»…hoffe nur, Dumbledore macht keine Scherereien«, sagte Snape.»Der Ku? wird doch sofort ausgefuhrt?«

»Sobald Macnair mit den Dementoren zuruckkommt. Diese ganze Affare mit Black war au?erst peinlich. Ich kann Ihnen nicht sagen, wie sehr ich mich darauf freue, dem Tagespropheten mitteilen zu konnen, da? wir ihn endlich gefa?t haben… die werden mit Ihnen sprechen wollen, Snape… und sobald der Junge Harry wieder bei Verstand ist, mochte er den Zeitungsleuten sicher genau erzahlen, wie Sie ihn gerettet haben…«

Harry bi? die Zahne zusammen. Fudge und Snape gingen jetzt an ihrem Versteck vorbei und er erhaschte einen Blick auf Snapes grinsendes Gesicht. Ihre Schritte wurden leiser und erstarben. Um sicherzugehen, warteten Harry und Hermine noch einige Sekunden, dann rannten sie in die andere Richtung: eine Treppe hinunter, noch eine, durch einen Korridor – und dann horten sie vor sich ein gackerndes Lachen.

»Peeves!«, zischte Harry und packte Hermine am Handgelenk,»da rein!«

Gerade noch rechtzeitig sturzten sie in ein leeres Klassenzimmer zur Linken. Peeves hupfte in bester Laune den Korridor entlang und schien sich vor Lachen nicht mehr einzukriegen.

»Oh, ist der abscheulich«, wisperte Hermine, das Ohr an der Tur.»Ich wette, er ist ganz aus dem Hauschen, weil die Dementoren Sirius erledigen wollen…«Sie sah auf die Uhr.»Noch drei Minuten, Harry!«

Sie warteten, bis Peeves' schadenfroher Singsang in der Ferne verstummt war, dann glitten sie aus dem Zimmer und rannten erneut los.

»Hermine – was passiert – wenn wir nicht reinkommen – bevor Dumbledore die Tur schlie?t?«, hechelte Harry.

»Daran will ich gar nicht denken!«, stohnte Hermine und sah wieder auf die Uhr.»Eine Minute noch!«

Sie waren im Korridor zum Krankenflugel angelangt.»Gut – ich kann Dumbledore horen«, sagte Hermine- angespannt.»Komin, Harry!«

Sie schlichen den Gang entlang. Die Tur offnete sich. Dumbledores Rucken erschien.

»Ich werde euch einschlie?en«, horten sie ihn sagen.»Es ist funf Minuten vor zwolf Hermine, drei Drehungen sollten genugen. Viel Gluck.«

Dumbledore trat heraus, schlo? die Tur und nahm seinen Zauberstab, um sie magisch zu verschlie?en. Von Panik gepackt sturzten Harry und Hermine auf ihn zu. Dumbledoresah auf und ein breites Lacheln erschien unter seinem langen silbernen Schnurrbart.»Nun?«, fragte er leise.

»Wir haben's geschafft!«, sagte Harry atemlos.»Sirius ist geflohen, auf dem Rucken von Seidenschnabel…«

Dumbledore strahlte.

»Gut gemacht. Ich glaube -«, er lauschte aufmerksam an der Tur zum Krankensaal.»Ja, ich glaube, auch ihr seid fort – geht rein – ich schlie?e euch ein -«

Harry und Hermine schlupften durch die Tur. Der Saal war fast leer, nur Ron lag immer noch reglos im letzten Bett. Die Tur klickte ins Schlo? und Harry und Hermine krochen in ihre Betten zuruck. Hermine steckte den Zeitumkehrer unter ihren Umhang. Und schon kam Madam Pomfrey aus ihrem Buro gewuselt.

»Hab ich den Direktor gehen horen? Darf ich jetzt nach meinen Patienten schauen?«

Sie hatte ausgesprochen schlechte Laune. Harry und Hermine hielten es fur das Beste, ihr stumm die Schokolade abzunehmen. Madam Pomfrey stand neben ihnen und pa?te auf, da? sie ihre Medizin auch a?en. Doch Harry konnte kaum schlucken. Er und Hermine warteten, lauschten, ihre Nerven lagen blank… Und dann, als sie beide das vierte Stuck Schokolade hinunterwurgten, horten sie aus der Ferne, irgendwo uber ihnen, ein zorniges Grollen…

»Was war das?«, fragte Madam Pomfrey aufgeschreckt.

Jetzt konnten sie wutende Stimmen horen, die immer lauter wurden. Madam Pomfrey starrte zur Tur.

»Also wirklich – sie wecken alle auf! Was bilden die sich eigentlich ein?«

Harry versuchte zu verstehen, was die Stimmen sagten. Sie kamen naher -

»Er mu? desappariert sein, Severus, wir hatten jemanden bei ihm lassen sollen – wenn das rauskommt -«

»Von wegen desappariert!«, brullte Snape, jetzt ganz in der Nahe.»Man kann in diesem Schlo? weder apparieren noch desapparieren! Das – hat – etwas – mit – Potter – zu – tun!«

»Severus, seien Sie vernunftig – Harry war doch eingeschlossen -«

Krach.

Die Tur zum Krankensaal flog auf

Fudge, Snape und Dumbledore kamen herein. Einzig Dumbledore sah gelassen aus. Tatsachlich sah er fast aus, als wurde er sich amusieren. Fudge schien verargert. Doch Snape war au?er sich.