Harry Potter und der Gefangene von Askaban, стр. 43

Ich hatte wissen mussen, da? da irgendwas faul war. Er war ganz vernarrt in sein Motorrad. Weshalb hat er es mir gegeben? Warum hat er es nicht mehr gebraucht? Tatsache war, es war zu auffallig. Dumbledore wu?te, da? er der Geheimniswahrer von Potter war. Black wu?te, da? er in dieser Nacht schleunigst verschwinden mu?te, es war nur eine Frage von stunden, bis das Ministerium ihm auf den Fersen sein wurde.

Aber was, wenn ich ihm Harry gegeben hatte, eh? Ich wette, er hatte ihn drau?en uber dem Meer vom Motorrad geworfen. Der Sohn seines besten Freundes! Aber wenn ein Zauberer auf die Dunkle Seite uberwechselt, gibt es nichts und niemanden, der ihm noch was wert ist…«

Auf Hagrids Geschichte folgte ein langes Schweigen. Dann sagte Madam Rosmerta mit einiger Genugtuung in der Stimme:

»Aber er hat es nicht geschafft zu verschwinden, oder? Das Zaubereiministerium hat ihn am nachsten Tag erwischt!«

»Ach, wenn es so gewesen ware«, sagte Fudge erbittert.»Es waren nicht wir, die ihn gefunden haben, es war der kleine Peter Pettigrew – auch einer von Potters Freunden Sicher war er au?er sich vor Trauer und wu?te, da? BlackPotters Geheimnis bewahrt hat, und so hat er auf eigene Faust nach Black gesucht.«

»Pettigrew… dieser dicke kleine junge, der ihnen in Hogwarts immer hinterher geschlichen ist?«, fragte Madam Rosmerta.

»Hat Black und Potter wie Helden verehrt«, sagte Professor McGonagall.»Spielte allerdings nie in derselben Liga mit ihnen, was die Begabung angeht. Ich hab ihn ofter etwas scharf angefahren. Sie konnen sich vorstellen, wie ich – wie ich das heute bedaure…«Sie horte sich an, als hatte sie plotzlich einen Schnupfen.

»Nimm's dir nicht so zu Herzen, Minerva«, sagte Fudge aufmunternd.»Pettigrew ist als Held gestorben. Die Augenzeugen – naturlich waren es Muggel, wir haben ihre Erinnerungen spater geloscht -, sie haben uns berichtet, da? Pettigrew Black in die Enge getrieben hatte. Sie sagten, er habe geschluchzt. >Lily und James, Sirius! Wie konntest du das tun!< Und dann hat er nach seinem Zauberstab gegriffen. Nun, naturlich war Black schneller. Hat Pettigrew in Stucke gerissen…«

Professor McGonagall schneuzte sich und sagte mit belegter Stimme:

»Dummer Junge… einfaltiger Junge… er war beim Duellieren immer ein hoffnungsloser Fall… hatte es dem Ministerium uberlassen sollen…«

»Ich sag euch«, knurrte Hagrid,»wenn ich Black vor Pettigrew in die Hande gekriegt hatte, ich hatte nicht lange mit dem Zauberstab gefackelt – ich hatte ihm – alle – Rippen rausgerissen.«

»Sie wissen doch nicht, wovon Sie reden, Hagrid«, sagte Fudge scharf»Keiner au?er den dafur geschulten Eingreifzauberern von der Magischen Polizeibrigade hatte eine Chance gegen Black gehabt, als er in die Enge getrieben war.

Ich war damals als stellvertretender Minister fur Zauberkatastrophen einer der Ersten am Tatort, nachdem Black all diese Menschen ermordet hatte. Ich – ich werde den Anblick nie vergessen. Ich traume heute noch manchmal davon. Ein Krater mitten in der Stra?e, so tief, da? die Abflu?rohre in der Erde aufgerissen waren. Uberall Leichen. Schreiende Muggel. Und Black stand da und hat gelacht, vor ihm die Uberreste von Pettigrew… ein blutgetrankter Umhang und ein paar – ein paar Fetzen -«

Fudge brach ab. Harry horte, wie Nasen geschneuzt wurden.

»Nun, jetzt wissen Sie Bescheid, Rosmerta«, sagte Fudge dumpf»Black wurde von zwanzig Leuten der Magischen Polizeibrigade abgefuhrt und Pettigrew hat den Orden des Merlin erhalten, erster Klasse, was wohl seine Mutter ein wenig getrostet hat. Black sa? seit diesem Tag in Askaban.«

Madam Rosmerta stie? einen lang gezogenen Seufzer aus.

»Stimmt es, da? er verruckt ist, Minister?«

»Ich wunschte, ich konnte das behaupten«, sagte Fudge bedachtig.»Was ich sicher wei?, ist, da? ihn die Niederlage seines Meisters fur einige Zeit aus der Bahn geworfen hat. Der Mord an Pettigrew und all den Muggeln war die Tat eines in die Enge getriebenen und verzweifelten Mannes – grausam… sinnlos. Aber bei meiner letzten Inspektion in Askaban habe ich Black getroffen. Wissen Sie, die meisten Gefangenen dort sitzen im Dunkeln und murmeln vor sich hin, sie haben den Verstand verloren… aber ich war erschrocken, wie normal Black schien. Er hat ganz vernunftig mit mir gesprochen. Es war unheimlich. Man hatte meinen konnen, er langweile sich nur – hat mich ganz gelassen gefragt, ob ich meine Zeitung ausgelesen hatte, er wurde namlich gern das Kreuzwortratsel losen. ja, ich war erstaunt, wie wenig Wirkung die Dementoren auf ihn zu haben schienen – und er war einer der am scharfsten bewachten Gefangenen, mussen Sie wissen. Tag und Nacht standen sie vor seiner Zelle.«

»Aber, was glauben Sie, hat er jetzt nach seiner Flucht vor?«, fragte Madam Rosmerta.»Meine Gute, Minister, er will sich doch nicht etwa wieder Du-wei?t-schon-wem anschlie?en?«

»Ich wurde sagen, das – ahm – ist moglicherweise Blacks Absicht«, sagte Fudge ausweichend.»Aber wir hoffen, da? wir ihn schon bald fassen werden. Ich mu? sagen, Du-wei?t-schon-wer allein und ohne Freunde ist das eine… aber gewinnt er seinen ergebensten Gefolgsmann zuruck, dann schaudert mir bei dem Gedanken, wie schnell er wieder an die Macht gelangen konnte…«

Es gab ein leises Klingen. jemand hatte sein Glas auf dem Tisch abgestellt.

»Wissen Sie, Cornelius, wenn Sie mit dem Direktor zu Abend essen, sollten wir jetzt besser zuruck ins Schlo?«, sagte Professor McGonagall.

Ein Fu?paar nach dem anderen kam in Bewegung; Umhangsaume schwangen an Harrys Augen vorbei und Madam Rosmertas glitzernde Stockelschuhe verschwanden hinter der Bar. Die Tur zu den Drei Besen offnete sich, erneut wirbelten Schneeflocken herein und die Lehrer verschwanden.

»Harry?«

Die Gesichter von Ron und Hermine erschienen unter der Tischkante. Sie starrten Harry an und brachten kein Wort heraus.

Der Feuerblitz

Harry wu?te nicht genau, wie er es geschafft hatte, in den Keller des Honigtopfes, dann durch den Tunnel und wieder zuruck ins Schlo? zu gelangen. jedenfalls kam es ihm vor, als hatte er den Ruckweg im Nu zuruckgelegt, und er hatte nicht so recht darauf geachtet, was er eigentlich tat, denn in seinem Kopf schwirrten noch die Worte des Gesprachs, das er soeben mit angehort hatte.

Warum hatte es ihm keiner gesagt? Dumbledore, Hagrid, Mr Weasley, Cornelius Fudge… warum hatte keiner je erwahnt, da? Harrys Eltern gestorben waren, weil ihr bester Freund sie verraten hatte?

Ron und Hermine warfen Harry wahrend des Abendessens standig nervose Blicke zu, doch uber das Gehorte zu sprechen trauten sie sich nicht, weil Percy ganz in der Nahe sa?. Als sie nach oben gingen, stellten sie fest, da? Fred und George in einem Anfall von Vorfreude auf die Ferien ein halbes Dutzend Stinkbomben in den dicht besetzten Gemeinschaftsraum geworfen hatten. Harry wollte vermeiden, da? Fred und George neugierig fragten, ob er nach Hogsmeade durchgekommen war. Er stahl sich hoch in den leeren Schlafsaal und ging geradewegs auf seine Kommode zu. Er raumte die Bucher beiseite und fand rasch, wonach er suchte – das in Leder gebundene Fotoalbum, das ihm Hagrid vor zwei Jahren geschenkt hatte, voller Zauberfotos seiner Mutter und seines Vaters. Er setzte sich aufs Bett, zog die Vorhange zu und blatterte suchend die Seiten durch, bis… Bei einem Bild von der Hochzeit seiner Eltern hielt er inne. Da stand sein Vater mit dem widerborstigen, in alle Himmelsrichtungen abstehenden tiefschwarzen Haar, das Harry geerbt hatte, und winkte ihm strahlend zu. Und da war seine Mutter, Arm in Arm mit seinem Vater, und sie schwebte fast vor Gluck. Und da… das mu?te er sein. Der beste Freund seiner Eltern… Harry hatte noch nie einen Gedanken an ihn verschwendet.

Wenn er nicht gewu?t hatte, da? es Black war, ware er anhand dieses alten Fotos nie darauf gekommen. Sein Gesicht war nicht eingesunken und wachsern, sondern hubsch, und er lachte herzlich. Arbeitete er schon damals, als dieses Bild aufgenommen wurde, fur Voldemort? Plante er bereits den Tod der beiden Menschen an seiner Seite? War ihm klar, da? ihm zwolf Jahre in Askaban bevorstanden, zwolf Jahre, die ihn bis zur Unkenntlichkeit entstellen wurden?