Harry Potter und die Kammer des Schreckens, стр. 34

Es gab nur eine Moglichkeit, ein Buch aus der Verbotenen Abteilung zu bekommen: Sie brauchten die schriftliche Erlaubnis eines Lehrers.

»Schwer einzusehen, warum wir eigentlich das Buch brauchen sollten«, sagte Ron,»wenn wir nicht einen der Zaubertranke zusammenbrauen wollen.«

»Ich glaube«, sagte Hermine»wenn wir so tun, als ob wir einfach an der Theorie interessiert waren, haben wir vielleicht eine Chance…«

»Ach komm, kein Lehrer wird darauf reinfallen«, sagte Ron.»Der mu?te schon ziemlich blode sein.«

Der besessene Klatscher

Seit der unruhmlichen Geschichte mit den Wichteln hatte Professor Lockhart keine lebenden Geschopfe mehr in den Unterricht gebracht. Stattdessen las er ihnen aus seinem Buch vor und manchmal spielte er einige der dramatischeren Geschehnisse daraus nach. Fur diese Auffuhrungen bat er meist Harry um Hilfe. So hatte er ihn schon genotigt, einen einfachen Dorfler aus Transsylvanien zu spielen, den Lockhart von einem Babbelfluch geheilt hatte, einen Yeti mit einem Schnupfen und einen Vampir, der, seit Lockhart sich ihn zur Brust genommen hatte, nichts mehr au?er Kopfsalat essen konnte.

Auch in der nachsten Stunde Verteidigung gegen die dunklen Kunste holte Lockhart Harry vor die Klasse, und diesmal mu?te er einen Werwolf spielen. Er hatte sich am liebsten geweigert, doch hatte er einen sehr guten Grund, Lockhart bei Laune zu halten.

»Ein schones lautes Heulen, Harry – genau – und dann, stellt euch vor, sturze ich mich auf ihn – wie jetzt – und druck ihn zu Boden – so – mit der einen Hand halte ich ihn unten – mit der andern steche ich den Zauberstab gegen seine Kehle – dann nehme ich meine letzten Krafte zusammen und fuhre den immens komplizierten Homorphus-Zauber aus – der Werwolf fiept jammerlich – weiter, Harry – noch hoher -gut – der Pelz verschwindet – die Rei?zahne schrumpfen – und er verwandelt sich zuruck in einen Menschen. Einfach, aber wirksam. Und noch ein Dorf wird meiner auf ewig gedenken als jenes Helden, der es von den Schrecken der allmonatlichen Werwolfangriffe erlost hat.«

Die Glocke lautete. Lockhart warf sich in die Brust.

»Hausaufgaben: Schreibt ein Gedicht uber meinen Sieg uber den Wagga Wagga Werwolf! Mein Buch Magisches Ich mit Autogramm als Belohnung fur das beste Gedicht!«

Das Klassenzimmer begann sich zu leeren. Harry ging nach hinten, wo Ron und Hermine auf ihn warteten.

»Fertig?«, wisperte Harry.

»Warte, bis alle drau?en sind«, sagte Hermine nervos.»So, jetzt…«

Ein Blatt Papier zwischen die Finger gepre?t ging sie nach vorn zu Lockharts Tisch. Harry und Ron folgten ihr auf den Fersen.

»Ahm – Professor Lockhart?«, stammelte Hermine,»ich mochte gerne – dieses Buch – aus der – Bibliothek haben. Nur zur Hintergrundlekture.«Mit ein wenig zittriger Hand zeigte sie ihm das Blatt.»Das Problem ist nur, es steht in der Verbotenen Abteilung, also brauche ich einen Lehrer; der mir diese Erlaubnis unterschreibt – ich bin sicher, es hilft mir zu verstehen, was Sie in Gammeln mit Ghulen uber langsam wirkende Gifte sagen -«

»Ah, Gammeln mit Ghulen!«, sagte Lockhart und griff mit einem breiten Lacheln nach Hermines Blatt.»Vielleicht mein Lieblingsbuch. Hat es Ihnen gefallen?«

»Oja«, sagte Hermine respektvoll,»so schlau, wie Sie diesen letzten mit dem Teesieb gefangen haben -«

»Nun, sicher wird niemand etwas dagegen haben, wenn ich meiner besten Schulerin in diesem Jahr noch ein wenig weiterhelfe«, sagte Lockhart herzlich und zuckte einen riesigen Pfauenfederhalter.»ja, hubsch, nicht wahr?«, sagte er, Rons emporten Blick mi?deutend,»ich benutz ihn normalerweise nur, um Bucher zu signieren.«

Er malte einen riesigen, verschlungenen Namenszug aufs Papier und reichte es Hermine zuruck.

»So, Harry«, sagte Lockhart, wahrend Hermine das Blatt mit fahriger Hand zusammenfaltete und es in die Tasche gleiten lie?.»Morgen ist das erste Quidditch-Spiel der Saison? Gryffindor gegen Slytherin? Wie ich hore, sind Sie ein brauchbarer Spieler. Auch ich war mal Sucher. Man hat mich gebeten, in der Nationalmannschaft zu spielen, doch ich zog es vor, mein Leben der Ausloschung der dunklen Krafte zu widmen. Trotzdem, wenn Sie je das Bedurfnis nach ein wenig Einzeltraining haben, zogern Sie nicht zu fragen. Bin immer gern bereit, meine Erfahrung an weniger gute Spieler weiterzugeben…«

Harry gab einen undeutlichen Kehllaut von sich und hastete dann Ron und Hermine nach.

»Ich fa? es einfach nicht«, sagte er, als die drei sich die Unterschrift auf dem Papier ansahen.»Er hat nicht mal nachgesehen, welches Buch wir wollen.«

»Er ist eben ein hirnloser Aufschneider«, sagte Ron.»Aber was soll's, wir haben, was wir brauchen -«

»Er ist kein hirnloser Aufschneider«, sagte Hermine schrill, und im Laufschritt machten sie sich auf den Weg in die Bibliothek.

»Nur weil er gesagt hat, da? du dieses Jahr die beste Schulerin bist -«

Sie senkten die Stimmen und traten in die Stille der Bibliothek. Madam Pince, die Bibliothekarin, war eine durre, reizbare Gestalt, die aussah wie ein unterernahrter Geier.

»Hochstpotente Zaubertranke?«, wiederholte sie mi?trauisch und wollte Hermine das Papier aus der Hand ziehen, doch Hermine lie? nicht los.

»Ich wurd es so gerne behalten«, hauchte sie.

»Ach, komm schon«, sagte Ron. Er zerrte ihr das Papier aus der Hand und klatschte es Madam Pince hin.»Wir holen dir noch ein Autogramm, Lockhart unterschreibt ja alles, wenn es lang genug still steht.«

Madam Pince hielt das Blatt hoch gegen das Licht, als ware sie entschlossen, eine Falschung aufzuspuren, doch es hielt ihrer Prufung stand. Sie stakste davon und verschwand zwischen den hohen Regalen. Ein paar Minuten spater kehrte sie mit einem gro?en, schimmlig aussehenden Buch zuruck. Hermine steckte es vorsichtig in die Tasche, und wahrend sie die Bibliothek verlie?en, achteten sie sorgfaltig darauf, nicht allzu schnell zu gehen oder zu schuldbewu?t dreinzuschauen.

Funf Minuten spater hatten sie sich wieder im kaputten Klo der Maulenden Myrte verschanzt. Hermine hatte sich gegen Rons Einwande durchgesetzt und darauf hingewiesen, da? dies der letzte Ort sei, den jemand aufsuchen wurde, der noch alle Tassen im Schrank hatte. Hier wurden sie jedenfalls nicht gestort werden. Die Maulende Myrte weinte gerauschvoll in ihrer Kabine, doch sie beachteten sie nicht, und Myrte tat es ihnen gleich.

Vorsichtig schlug Hermine Hochst potente Zaubertranke auf, und die drei beugten sich uber die stockfleckigen Seiten. Ein Blick sagte ihnen, warum es in die Verbotene Abteilung gehorte. Einige der Zaubertranke hatten derart gruslige Wirkungen, da? sie es sich lieber nicht ausmalten, und es gab einige grauliche Abbildungen, darunter ein Mann, dessen Inneres nach au?en gekehrt war, und eine Hexe, der etliche Arme aus dem Kopf sprossen.

»Da ist es«, sagte Hermine aufgeregt und deutete auf die Seite mit der Uberschrift Der Vielsaft-Trank. Bebildert war sie mit Zeichnungen von Menschen, die schon halb in andere Menschen verwandelt waren. Harry hoffte instandig, da? der Ausdruck heftiger Schmerzen auf ihren Gesichtern auf das Konto der Kunstlerphantasie ging.

»Das ist der komplizierteste Trank, von dem ich je gehort hab«, sagte Hermine, wahrend sie das Rezept uberflogen.»Florfliegen, Blutegel, Flu?gras und Knoterich«, murmelte sie und fuhr mit dem Finger uber die Zutatenliste.»Nun gut, das ist recht einfach, das ist im Vorratsschrank fur die Schuler, da konnen wir uns bedienen… oh, seht Mal, gemahlenes Horn eines Zweihorns – wei? nicht, wo wir das herkriegen sollen -, klein geschnittene Haut einer Baumschlange – auch das wird nicht einfach sein – und naturlich ein Stuck von demjenigen, in den wir uns verwandeln wollen.«

»Wie bitte?«, sagte Ron Schockiert,»was meinst du damit, ein Stuck von dem, in den wir uns verwandeln? Ich trinke nichts mit Crabbes Zehennageln drin -«