Harry Potter und die Kammer des Schreckens, стр. 27

Und ohne Harry auch nur einen Blick zuzuwerfen, hastete Filch plattfa?ig aus dem Buro, Mrs Norris auf den Fersen.

Peeves war der Schul-Poltergeist, ein grinsendes, in der Luft schwebendes Ubel, dessen Lebenszweck es war, Wirrsal und Verdru? zu schaffen. Harry konnte Peeves nicht ausstehen, doch diesmal konnte er nicht anders, als ihm fur seinen Auftritt zur rechten Zeit dankbar zu sein. Was Peeves angestellt hatte (und diesmal hatte es geklungen, als ob er etwas sehr Gro?es in Stucke geschlagen hatte), wurde Filch hoffentlich von Harry ablenken.

Harry dachte, es sei besser zu warten, bis Filch zuruckkam, und lie? sich in einen mottenzerfressenen Sessel neben dem Schreibtisch sinken. Au?er dem halb ausgefullten Formblatt lag noch etwas anderes auf der Tischplatte: ein gro?er, glanzender, purpurfarbener Umschlag mit silberner Aufschrift auf der Vorderseite. Harry warf rasch einen Blick zur Tur, ob Filch vielleicht schon zuruckkam, griff dann nach dem Umschlag und las:

KWIKZAUBERN

Ein Fernkurs in Zauberei

fur Anfanger

Neugierig schnippte Harry den Umschlag auf und zog einen Sto? Pergamentblatter hervor. Auf der ersten Seite, ebenfalls in Silberschrift, las Harry:

Haben Sie das Gefuhl, den Anschlu? an die moderne Zauberei verloren zu haben? Ertappen Sie sich bei Ausreden, um einfachste Zaubereien nicht ausfuhren zu mussen? Werden Sie des Ofteren wegen Ihrer klaglichen Arbeit mit dem Zauberstab getadelt? Es gibt eine Antwort darauf!

Kwikzaubern ist ein vollig neu entwickelter, garantiert erfolgreicher, einfach aufgebauter Kurs mit verbluffenden Erfolgen. Hunderte von Hexen und Zauberern sind von der Kwikzaubern-Methode begeistert!

Madam Z. aus Topsham schreibt:

»Ich konnte einfach keine Zauberformeln behalten und uber meine Zaubertranke hat die ganze Familie gelacht! jetzt, nach dem Kwikzaubern-Kurs, bin ich der Mittelpunkt bei allen Partys, und Freunde bitten mich um das Rezept fur meine Funken-Losung!«

Hexenmeister D. J. Prod aus Didsbury bekennt:

»Meine Frau hat meine schwachlichen Zaubereien immer verspottet, doch nach einem Monat Training mit Ihrem fabelhaften Kwikzaubern-Kurs ist es mir gelungen, sie in einen Yak zu verwandeln! Vielen Dank, Kwikzaubern!«

Fasziniert blatterte Harry die restlichen Blatter durch. Warum in aller Welt brauchte Filch einen Zauberkurs? War er etwa kein richtiger Zauberer? Harry las gerade:»Lektion eins. Wie wir den Zauberstab halten (einige nutzliche Tipps)«, als ein Schlurfen von drau?en Filchs Ruckkehr ankundigte. Er stopfte die Pergamentblatter zuruck in den Umschlag und warf ihn auf den Schreibtisch, als auch schon die Tur aufflog.

Mit siegestrunkenem Blick kam Filch herein.

»Dieser Unsichtbarkeitsschrank war au?erst wertvoll!«, sagte er gehassig zu Mrs Norris.»Diesmal fliegt Peeves raus, meine Su?e -«

Sein Blick fiel auf Harry und dann blitzschnell auf den Zauberkurs-Umschlag, der, wie Harry zu spat bemerkte, einen halben Meter zu weit von seinem ursprunglichen Platz entfernt lag.

Filchs teigiges Gesicht lief ziegelrot an. Harry wappnete sich gegen eine Flutwelle aus Beschimpfungen. Filch humpelte hinuber zum Schreibtisch, schnappte sich den Umschlag und warf ihn in eine Schublade.

»Hast du… hast du gelesen -?«, prustete er.

»Nein«, log Harry rasch.

Filch verschlang seine knorrigen Hande.

»Wenn ich gewu?t hatte, da? du meine private – nicht da? es fur mich ware – fur einen Freund – sei's, wie es ist – allerdings -«

Harry starrte ihn besturzt an; noch nie hatte Filch so aufgelost ausgesehen. Seine Augapfel hupften auf und ab, eine seiner teigigen Wangen war von einem Zucken befallen und der schottengemusterte Schal machte den Anblick auch nicht schoner.

»Von mir aus – geh – und kein Wort davon – nicht da? – allerdings, wenn du es nicht gelesen hast – geh jetzt, ich mu? den Bericht uber Peeves schreiben – geh -«

Fassungslos uber sein Gluck rannte Harry zur Tur hinaus, den Gang entlang und den Turm hoch. Ohne Bestrafung aus Filchs Stube zu entkommen, war vermutlich eine Art Schulrekord.

»Harry! Harry! Hat es geklappt?«

Der Fast Kopflose Nick kam aus einem Klassenzimmer geglitten. Hinter ihm sah Harry die Trummer eines gro?en schwarz-goldenen Schranks, der offenbar aus gro?er Hohe herabgefallen war.

»Ich hab Peeves dazu uberredet, ihn direkt uber Filchs Buro zu zertrummern«, sagte Nick beflissen,»dachte, es wurde ihn ablenken -«

»Sie waren das?«, erwiderte Harry dankbar.»ja, es hat geklappt, ich hab nicht einmal eine Strafarbeit bekommen, danke, Nick!«

Sie machten sich auf den Weg den Gang entlang. Der Fast Kopflose Nick hielt schon wieder Sir Patricks Ablehnungsbrief in der Hand.

»Ich wunschte, ich konnte etwas fur Sie tun wegen dieser Kopflosenjagd«, sagte Harry.

Der Fast Kopflose Nick blieb wie angewurzelt stehen und Harry ging geradewegs durch ihn hindurch. Das bereute er, denn es war wie ein Schritt durch eine eiskalte Dusche.

»Aber es gibt tatsachlich etwas, das Sie fur mich tun konnen«, sagte Nick aufgeregt.»Harry – ware es zu viel verlangt – aber nein, Sie wollen bestimmt nicht -«

»Was denn?«, sagte Harry.

»Nun, an diesem Halloween ist mein funfhundertster Todestag«, sagte der Fast Kopflose Nick mit schwellender Brust und wurdevollem Blick.

»Oh«, sagte Harry, nicht ganz sicher, ob er eine mitleidsvolle oder eine gluckliche Miene aufsetzen sollte.»Verstehe.«

»Ich gebe unten in einem der geraumigeren Kerker ein Fest. Aus dem ganzen Land werden Freunde kommen. Es ware mir eine gro?e Ehre, wenn Sie dabei waren. Mr Weasley und Miss Granger waren naturlich ebenfalls willkommen – aber ich furchte, Sie gehen lieber zum Schulfest?«Wie auf die Folter gespannt musterte er Harry.

»Nein«, sagte Harry rasch,»ich komme -«

»Mein lieber Junge! Harry Potter auf meiner Todestagsfeier! Und -«, sagte er zogernd und aufgeregt,»ware es Ihnen vielleicht moglich, gegenuber Sir Patrick zu erwahnen, wie furchtbar angsteinflo?end und beeindruckend Sie mich finden?«

»Na… naturlich«, sagte Harry.

Der Fast Kopflose Nick strahlte ihn an.

»Eine Todestagsfeier«, sagte Hermine begeistert. Harry hatte sich endlich umgezogen und Hermine und Ron im Gemeinschaftsraum getroffen.»Ich wette, es gibt nicht viele Lebende, die von sich behaupten konnen, auf einer davon gewesen zu sein – das wird sicher faszinierend!«

»Warum sollte jemand den Tag feiern wollen, an dem er gestorben ist?«, fragte Ron, der erst mit der Halfte seiner Zaubertrank-Hausaufgaben fertig war und schlechte Laune hatte.»Das hort sich ja niederschmetternd an…«

Noch immer peitschte Regen gegen die Fenster, die nun tintenschwarz waren; drinnen war es jedoch hell und behaglich. Das Feuer warf flackerndes Licht auf die weichen Sessel im Umkreis. Die anderen Schuler lasen, unterhielten sich oder machten Hausaufgaben. Oder aber sie waren wie Fred und George Weasley mit dem Versuch beschaftigt herauszufinden, was geschehen wurde, wenn man einen Salamander mit einem Filibuster-Feuerwerkskorper futterte. Fred hatte die orangerot leuchtende, im Feuer lebende Echse aus dem Unterricht fur die Pflege magischer Geschopfe»gerettet«, und von einer Schar Neugieriger umgeben schmorte sie nun ruhig auf einem Tisch vor sich hin.

Harry wollte gerade Ron und Hermine von Filch und dem Kwikzaubern-Kurs erzahlen, als der Salamander plotzlich pfeifend in die Luft scho? und knallende Funken spuckend wild im Raum umherwirbelte. Percy, der sich wegen Fred und George heiser brullte, und der fabelhafte Anblick des mandarinefarbene Funken ausstiebenen Salamanders und dessen von Explosionen begleitete Flucht ins Feuer – dies alles vertrieb Filch und den Kwikzaubern-Kurs aus Harrys Gedanken.

Halloween kam, und Harry bereute sein voreiliges Versprechen, zu der Todestagsfeier zu gehen. Die anderen Schuler freuten sich schon auf ihr Halloween-Fest; die Gro?e Halle war wie ublich mit lebenden Fledermausen ausgeschmuckt, Hagrids Riesenkurbisse waren zu Laternen ausgeschnitzt worden, in denen drei Schuler auf einmal sitzen konnten, und es liefen Geruchte um, Dumbledore habe zur Unterhaltung eine Truppe tanzender Skelette gebucht.