Harry Potter und der Orden des Phonix, стр. 183

»Nein!«sagte Hermine mit einem erschreckten Quieken.»Bitte – So hatte ich das nicht gemeint! Ich hatte nur gehofft, da? ihr uns vielleicht – helfen konntet -«

Aber sie schien alles nur noch schlimmer zu machen.

»Wir helfen den Menschen nicht!«knurrte der Zentauer, der Harry festhielt, verstarkte seinen Griff und stellte sich gleichzeitig kurz auf seine Hinterbeine, so da? Harrys Fu?e fur einen Augenblick vom Boden abhoben.»Wir sind eine Rasse fur uns selbst, und wir sind stolz darauf. Wir werden euch nicht erlauben, von hier fortzugehen und damit zu prahlen, da? wir euch zu Diensten gewesen sind!«

»So etwas werden wir nicht sagen!«rief Harry.»Wir wissen, da? ihr das alles nicht getan habt, weil wir es von euch wollten -«

Aber niemand schien ihm zuzuhoren.

Ein bartiger Zentauer aus den hinteren Reihen der Menge rief»Sie sind ungebeten hierher gekommen, sie mussen die Konsequenzen tragen!«

Ein zustimmendes Raunen folgte diesen Worten, und ein fahlbrauner Zentauer schrie»Ihnen soll es ergehen wie der Frau!«

»Ihr habt gesagt, ihr tut den Unschuldigen nichts!«schrie Hermine, wahrend echte Tranen ihr nun die Wange herunterliefen.»Wir haben nichts getan, um euch zu schaden, wir haben keine Zauberstabe benutzt und euch nicht bedroht, wir wollen nur zuruck zur Schule, bitte lasst uns zuruckgehen -«

»Wir sind nicht so wie der Verrater Firenze, Menschenmadchen!«schrie der graue Zentauer unter weiteren wiehernden Rufen der Zustimmung von seinen Kameraden.»Hast du uns vielleicht fur niedliche sprechende Pferde gehalten? Wir sind ein uraltes Volk und dulden keine Einmischungen oder Beleidigungen von Zauberern! Eure Gesetze kummern uns nicht, wir erkennen eure Vorherrschaft nicht an, wir sind -«

Aber sie erfuhren nicht, was die Zentauer waren, denn in diesem Moment kam ein krachendes Gerausch vom Rand der Lichtung, so laut, da? sie alle, Harry, Hermine und die etwa funfzig Zentauer, die die Lichtung fullten, sich umschauten. Harrys Zentauer lie? ihn wieder auf den Boden fallen, wahrend seine Hande zu seinem Bogen und seinem Kocher mit Pfeilen griffen. Hermine war auch losgelassen worden, und Harry eilte gerade auf sie zu, als zwei dicke Baumstamme sich unheilverkundend teilten und die monstrose Form von Grawp, dem Riesen, in der Lucke erschien.

Die Zentauer, die ihm am nachsten waren, zogen sich hinter die anderen zuruck, die Lichtung wurde zu einem Wald von Bogen und Pfeilen, die darauf warteten, abgefeuert zu werden, alle zeigten aufwarts auf das riesige grauliche Gesicht, das sich uber ihnen direkt unter dem dichten Blatterdach abzeichnete. Grawp«s schiefer Mund stand offen wie blode; sie konnten seine ziegelartigen gelben Zahne im Zwielicht schimmern sehen, seine stumpfsinnigen, schlammfarbenen Augen verengten sich, als er auf die Wesen vor seinen Fu?en herunterblickte. Zerrissene Seile hingen an seinen beiden Fu?knocheln.

Er offnete seinen Mund noch weiter…»Hagger.«

Harry wu?te nicht, was»Hagger«bedeutete, oder aus welcher Sprache das Wort stammte; und er dachte auch nicht viel daruber nach. Er starrte auf Grawp«s Fu?e, die fast so lang waren wie Harrys ganzer Korper. Hermine packte fest seinen Arm; die Zentauren waren vollig still, sie starrten hinauf zu dem Riesen, dessen riesiger runder Kopf von einer Seite auf die andere schwenkte, wahrend er zwischen ihnen hindurchspahte wie auf der Suche nach etwas, das er verloren hatte.

»Hagger!«sagte er wieder, drangender.

»Geh fort von hier, Riese!«rief Magorian.»Du bist bei uns nicht willkommen!«

Diese Worte schienen uberhaupt keinen Eindruck auf Grawp zu machen. Er buckte sich ein wenig (Die Zentaurenarme spannten ihre Bogen fester), dann brullte er»HAGGER!«

Ein paar Zentauren sahen besorgt aus. Hermine jedoch zog plotzlich den Atem ein.

»Harry!«flusterte sie.»Ich glaube, er will»Hagrid«sagen!«

In diesem Augenblick hatte Grawp sie bemerkt, die einzigen beiden Menschen in einem See von Zentauren. Er beugte seinen Kopf noch einen halben Meter tiefer und starrte sie intensiv an. Harry konnte fuhlen, wie Hermine zitterte, wahrend Grawp seinen Mund wieder weit offnete und mit einer tiefen, donnernden Stimme sagte,»Hermy.«

»Oh du meine Gute,«sagte Hermine, wahrend sie Harrys Arm so fest packte, da? er langsam taub wurde, und sie aussah, als fiele sie gleich in Ohnmacht.»Er – er erinnert sich!«

»HERMY!«grollte Grawp.»WO HAGGER?«

»Ich wei? es nicht!«quiekte Hermine, zu Tode entsetzt.»Es tut mir leid, Grawp, ich wei? es nicht!«

»GRAWP WILL HAGGER!«

Eine von den gewaltigen Fausten des Riesen langte nach unten. Hermine stie? einen lauten Schrei aus, lief ein paar Schritte ruckwarts und fiel hin. Da er ohne seinen Zauberstab darstand, bereitete sich Harry darauf vor, zu schlagen, zu treten, zu bei?en oder alles sonst mogliche zu tun, wahrend die Hand auf ihn zukam und einen schneewei?en Zentauer von seinen Beinen stie?.

Darauf hatten die Zentauren gewartet – Grawp«s ausgestreckte Finger waren kaum noch einen halben Meter von Harry entfernt, als funfzig Pfeile dem Giganten entgegen durch die Luft sausten und gegen sein riesiges Gesicht prasselten, er schrie vor Wut und Schmerz und richtete sich auf, rieb sich sein Gesicht mit seinen gewaltigen Handen und brach dabei die Pfeilschafte ab, trieb aber die Spitzen noch tiefer hinein.

Er schrie und stampfte mit seinen enormen Fu?en auf, und die Zentauren rannten aus dem Weg; kieselsteingro?e Tropfen von Grawp«s Blut bespritzten Harry, wahrend er Hermine auf die Fu?e half, und sie beide rannten so schnell wie sie konnten in den Schutz der Baume. Dort angekommen schauten sie zuruck. Grawp griff blindlings nach den Zentauren, wahrend das Blut ihm aus dem Gesicht rann, sie zogen sich in wirrer Flucht zuruck und gallopierten zwischen den Baumen auf der anderen Seite der Lichtung hindurch fort. Harry und Hermine beobachteten, wie Grawp einen weiteren Zornesschrei ausstie? und hinter ihnen herstampfte, wobei er auf seinem Weg weitere Baume beiseite druckte.

»Oh nein,«sagte Hermine, sie zitterte so heftig, da? ihre Knie nachgaben.»Oh, das war schrecklich. Vielleicht bringt er sie alle um.«

»Ehrlich gesagt, ware ich daruber nicht so aufgeregt,«sagte Harry bitter.

Die Gerausche der gallopierenden Zentauren und des vorwartssturmenden Riesen wurden leiser und leiser. Wahrend Harry ihnen zuhorte, gab ihm seine Narbe einen weiteren scharfen Stich, und eine Woge des Entsetzens uberkam ihn.

Sie hatten so viel Zeit verloren – sie waren noch weiter davon entfernt, Sirius zu retten, als zum Zeitpunkt seiner Vision. Harry hatte nicht nur seinen Zauberstab verloren, sie sa?en auch noch inmitten des verbotenen Waldes fest und hatten keinerlei Transportmoglichkeit.

»Schlauer Plan,«giftete er Hermine an, um einen Teil seiner Wut herauszulassen.»Wirklich ein schlauer Plan. Wohin gehen wir jetzt?«

»Wir mussen zuruck zum Schloss,«sagte Hermine zaghaft.

»Bis wir dort angekommen sind, ist Sirius vielleicht schon tot!«sagte Harry und trat argerlich gegen einen nahen Baum. Ein hohes, dunnes Geschnatter setzte uber ihm ein, und als er hochsah, erblickte er einen wutenden Baumkobold, der mit seinen langen zweigartigen Fingern nach ihm grabschte…»Naja, ohne Zauberstabe konnen wir nichts machen,«sagte Hermine entmutigt und zog sich wieder hoch.»Uberhaupt,

Harry, wie wolltest du eigentlich den ganzen Weg bis nach London schaffen?«

»Ja, das haben wir uns auch gefragt,«sagte eine vertraute Stimme hinter ihnen.

Instinktiv ruckten Harry und Hermine enger zusammen und spahten durch die Baume.

Ron kam in Sicht, dicht gefolgt von Ginny, Neville und Luna. Sie alle sahen ein wenig kaputt aus: Ginnys Wangen liefen der Lange nach verschiedene Kratzer entlang, eine gro?e purpurrote Beule schwoll uber Nevilles rechtem Auge,

Rons Lippe blutete schlimmer als sonst – aber alle sahen ziemlich zufrieden mit sich aus.