Reineke Fuchs, стр. 15

Siebenter Gesang

Und nun sah man den Hof gar herrlich bestellt und bereitet,

Manche Ritter kamen dahin; den samtlichen Tieren

Folgten unzahlige Vogel, und alle zusammen verehrten

Braun und Isegrim hoch, die ihrer Leiden verga?en.

Da ergotzte sich festlich die beste Gesellschaft, die jemals

Nur beisammen gewesen; Trompeten und Pauken erklangen,

Und den Hoftanz fuhrte man auf mit guten Manieren.

Uberflussig war alles bereitet, was jeder begehrte.

Boten auf Boten gingen ins Land und luden die Gaste,

Vogel und Tiere machten sich auf, sie kamen zu Paaren,

Reiseten hin bei Tag und bei Nacht und eilten zu kommen.

Aber Reineke Fuchs lag auf der Lauer zu Hause,

Dachte nicht nach Hofe zu gehn, der verlogene Pilger;

Wenig Dankes erwartet' er sich. Nach altem Gebrauche

Seine Tucke zu uben, gefiel am besten dem Schelme.

Und man horte bei Hof die allerschonsten Gesange,

Speis und Trank ward uber und uber den Gasten gereichet,

Und man sah turnieren und fechten. Es hatte sich jeder

Zu den Seinen gesellt, da ward getanzt und gesungen,

Und man horte Pfeifen dazwischen und horte Schalmeien.

Freundlich schaute der Konig von seinem Saale hernieder;

Ihm behagte das gro?e Getummel, er sah es mit Freuden.

Und acht Tage waren vorbei (es hatte der Konig

Sich zu Tafel gesetzt mit seinen ersten Baronen,

Neben der Konigin sa? er), und blutig kam das Kaninchen

Vor den Konig getreten und sprach mit traurigem Sinne:

Herr! Herr Konig! und alle zusammen! erbarmet Euch meiner!

Denn Ihr habt so argen Verrat und mordrische Taten,

Wie ich von Reineken diesmal erduldet, nur selten vernommen.

Gestern morgen fand ich ihn sitzen, es war um die sechste

Stunde, da ging ich die Stra?e vor Malepartus voruber;

Und ich dachte, den Weg in Frieden zu ziehen. Er hatte,

Wie ein Pilger gekleidet, als las er Morgengebete,

Sich vor seine Pforte gesetzt. Da wollt ich behende

Meines Weges vorbei, zu Eurem Hofe zu kommen.

Als er mich sah, erhub er sich gleich und trat mir entgegen,

Und ich glaubt, er wollte mich gru?en; da fa?t' er mich aber

Mit den Pfoten gar morderlich an, und zwischen den Ohren

Fuhlt ich die Klauen und dachte wahrhaftig das Haupt zu verlieren:

Denn sie sind lang und scharf, er druckte mich nieder zur Erde.

Glucklicherweise macht ich mich los, und da ich so leicht bin,

Konnt ich entspringen; er knurrte mir nach und schwur, mich zu finden.

Aber ich schwieg und machte mich fort, doch leider behielt er

Mir ein Ohr zuruck, ich komme mit blutigem Haupte.

Seht, vier Locher trug ich davon! Ihr werdet begreifen,

Wie er mit Ungestum schlug, fast war ich liegen geblieben.

Nun bedenket die Not, bedenket Euer Geleite!

Wer mag reisen? wer mag an Eurem Hofe sich finden,

Wenn der Rauber die Stra?e belegt und alle beschadigt?

Und er endigte kaum, da kam die gesprachige Krahe,

Merkenau, sagte: Wurdiger Herr und gnadiger Konig!

Traurige Mare bring ich vor Euch, ich bin nicht imstande,

Viel zu reden vor Jammer und Angst, ich furchte, das bricht mir

Noch das Herz: so jammerlich Ding begegnet' mir heute

Scharfenebbe, mein Weib, und ich, wir gingen zusammen

Heute fruh, und Reineke lag fur tot auf der Heide,

Beide Augen im Kopfe verkehrt, es hing ihm die Zunge

Weit zum offenen Munde heraus. Da fing ich vor Schrecken

Laut an zu schrein. Er regte sich nicht, ich schrie und beklagt ihn,

Rief. O weh mir! und Ach! und wiederholte die Klage:

Ach! er ist tot! wie dauert er mich! wie bin ich bekummert!

Meine Frau betrubte sich auch, wir jammerten beide.

Und ich betastet ihm Bauch und Haupt, es nahte desgleichen

Meine Frau sich und trat ihm ans Kinn, ob irgend der Atem

Einiges Leben verriet', allein sie lauschte vergebens:

Beide hatten wir drauf geschworen. Nun horet das Ungluck.

Wie sie nun traurig und ohne Besorgnis dem Munde des Schelmen

Ihren Schnabel naher gebracht, bemerkt' es der Unhold,

Schnappte grimmig nach ihr und ri? das Haupt ihr herunter.

Wie ich erschrak, das will ich nicht sagen. O weh mir! o weh mir!

Schrie ich und rief. Da scho? er hervor und schnappte mit einmal

Auch nach mir; da fuhr ich zusammen und eilte zu fliehen.

War ich nicht so behende gewesen, er hatte mich gleichfalls

Festgehalten; mit Not entkam ich den Klauen des Morders,

Eilend erreicht ich den Baum! O hatt ich mein trauriges Leben

Nicht gerettet! ich sah mein Weib in des Bosewichts Klauen.

Ach! er hatte die Gute gar bald gegessen. Er schien mir

So begierig und hungrig, als wollt er noch einige speisen;

Nicht ein Beinchen lie? er zuruck, kein Knochelchen ubrig.

Solchen Jammer sah ich mit an! Er eilte von dannen,

Aber ich konnt es nicht lassen und flog mit traurigem Herzen

An die Statte; da fand ich nur Blut und wenige Federn

Meines Weibes. Ich bringe sie her, Beweise der Untat.

Ach, erbarmt Euch, gnadiger Herr, denn solltet Ihr diesmal

Diesen Verrater verschonen, gerechte Rache verzogern,

Eurem Frieden und Eurem Geleite nicht Nachdruck verschaffen,

Vieles wurde daruber gesprochen, es wurd Euch mi?fallen.

Denn man sagt: der ist schuldig der Tat, der zu strafen Gewalt hat

Und nicht strafet; es spielet alsdann ein jeder den Herren.

Eurer Wurde ging' es zu nah, Ihr mogt es bedenken.

Also hatte der Hof die Klage des guten Kaninchens

Und der Krahe vernommen. Da zurnte Nobel, der Konig,

Rief: So sei es geschworen bei meiner ehlichen Treue,

Diesen Frevel bestraf ich, man soll es lange gedenken!

Mein Geleit und Gebot zu verhohnen! Ich will es nicht dulden.

Gar zu leicht vertraut ich dem Schelm und lie? ihn entkommen,

Stattet ihn selbst als Pilger noch aus und sah ihn von hinnen

Scheiden, als ging' er nach Rom. Was hat uns der Lugner nicht alles

Aufgeheftet! Wie wu?t er sich nicht der Konigin Vorwort

Leicht zu gewinnen! Sie hat mich beredet, nun ist er entkommen.

Aber ich werde der Letzte nicht sein, den es bitter gereute,

Frauenrat befolget zu haben. Und lassen wir langer

Ungestraft den Bosewicht laufen, wir mussen uns schamen.

Immer war er ein Schalk und wird es bleiben. Bedenket

Nun zusammen, ihr Herren, wie wir ihn fahen und richten!

Greifen wir ernstlich dazu, so wird die Sache gelingen.

Isegrimen und Braunen behagte die Rede des Konigs.

Werden wir doch am Ende gerochen! so dachten sie beide.

Aber sie trauten sich nicht zu reden, sie sahen, der Konig

War verstorten Gemuts und zornig uber die Ma?en.

Und die Konigin sagte zuletzt: Ihr solltet so heftig,

Gnadiger Herr, nicht zurnen, so leicht nicht schworen; es leidet

Euer Ansehn dadurch und Eurer Worte Bedeutung.

Denn wir sehen die Wahrheit noch keineswegs am Tage;

Ist doch erst der Beklagte zu horen. Und war er zugegen,

Wurde mancher verstummen, der wider Reineken redet.

Beide Parteien sind immer zu horen; denn mancher Verwegne

Klagt, um seine Verbrechen zu decken. Fur klug und verstandig

Hielt ich Reineken, dachte nichts Boses und hatte nur immer

Euer Bestes vor Augen, wiewohl es nun anders gekommen.

Denn sein Rat ist gut zu befolgen, wenn freilich sein Leben

Manchen Tadel verdient. Dabei ist seines Geschlechtes

Gro?e Verbindung wohl zu bedenken. Es werden die Sachen

Nicht durch Ubereilung gebessert, und was Ihr beschlie?et,

Werdet Ihr dennoch zuletzt als Herr und Gebieter vollziehen.

Und Lupardus sagte darauf: Ihr horet so manchen;

Horet diesen denn auch. Er mag sich stellen, und was Ihr

Dann beschlie?t, vollziehe man gleich. So denken vermutlich

Diese samtlichen Herrn mit Eurer edlen Gemahlin.

Isegrim sagte darauf: Ein jeder rate zum Besten!

Herr Lupardus, horet mich an. Und ware zur Stunde

Reineke hier und entledigte sich der doppelten Klage

Dieser beiden, so war es mir immer ein leichtes, zu zeigen,

Da? er das Leben verwirkt. Allein ich schweige von allem,

Bis wir ihn haben. Und habt Ihr vergessen, wie sehr er den Konig

Mit dem Schatze belogen? Den sollt er in Husterlo neben

Krekelborn finden, und was der groben Luge noch mehr war.

Alle hat er betrogen und mich und Braunen geschandet;

Aber ich setze mein Leben daran. So treibt es der Lugner

Auf der Heide. Nun streicht er herum und raubet und mordet.

Deucht es dem Konige gut und seinen Herren, so mag man

Also verfahren. Doch war es ihm Ernst, nach Hofe zu kommen,

Hatt er sich lange gefunden. Es eilten die Boten des Konigs

Durch das Land, die Gaste zu laden, doch blieb er zu Hause.

Und es sagte der Konig darauf: Was sollen wir lange

Hier ihn erwarten? Bereitet euch alle (so sei es geboten!),

Mir am sechsten Tage zu folgen. Denn wahrlich das Ende

Dieser Beschwerden will ich erleben. Was sagen die Herren?

War er nicht fahig, zuletzt ein Land zugrunde zu richten?

Macht euch fertig, so gut ihr nur konnt, und kommet im Harnisch,

Kommt mit Bogen und Spie?en und allen andern Gewehren,

Und betragt euch wacker und brav! Es fuhre mir jeder,

Denn ich schlage wohl Ritter im Felde, den Namen mit Ehren.

Malepartus, die Burg, belegen wir, was er im Haus hat,

Wollen wir sehen. Da riefen sie alle: Wir werden gehorchen!

Also dachte der Konig und seine Genossen, die Feste

Malepartus zu sturmen, den Fuchs zu strafen. Doch Grimbart,

Der im Rate gewesen, entfernte sich heimlich und eilte,

Reineken aufzusuchen und ihm die Nachricht zu bringen;

Traurend ging er und klagte vor sich und sagte die Worte:

Ach, was kann es nun werden, mein Oheim! Billig bedauert

Dich dein ganzes Geschlecht, du Haupt des ganzen Geschlechtes!

Vor Gericht vertratest du uns, wir waren geborgen:

Niemand konnte bestehen vor dir und deiner Gewandtheit.

So erreicht' er das Schlo?, und Reineken fand er im Freien

Sitzen. Er hatte sich erst zwei junge Tauben gefangen;

Aus dem Neste wagten sie sich, den Flug zu versuchen,

Aber die Federn waren zu kurz; sie fielen zu Boden,

Nicht imstande, sich wieder zu heben, und Reineke griff sie,

Denn oft ging er umher, zu jagen. Da sah er von weiten

Grimbart kommen und wartete sein; er gru?t' ihn und sagte:

Seid mir, Neffe, willkommen vor allen meines Geschlechtes!

Warum lauft Ihr so sehr! Ihr keichet! bringt Ihr was Neues?