G?tz von Berlichingen, стр. 17

Vierter Akt

Wirtshaus zu Heilbronn

Gotz .

Gotz . Ich komme mir vor wie der bose Geist, den der Kapuziner in einen Sack beschwur. Ich arbeite mich ab und fruchte mir nichts. Die Meineidigen!

(Elisabeth kommt.)

Gotz . Was fur Nachrichten, Elisabeth, von meinen lieben Getreuen?

Elisabeth . Nichts Gewisses. Einige sind erstochen, einige liegen im Turn. Es konnte oder wollte niemand mir sie naher bezeichnen.

Gotz . Ist das Belohnung der Treue? des kindlichen Gehorsams? — Auf da? dir's wohl gehe und du lange lebest auf Erden!

Elisabeth . Lieber Mann, schilt unsern himmlischen Vater nicht. Sie haben ihren Lohn, er ward mit ihnen geboren, ein freies edles Herz. La? sie gefangen sein, sie sind frei! Gib auf die deputierten Rate acht, die gro?en goldnen Ketten stehen ihnen zu Gesicht —

Gotz . Wie dem Schwein das Halsband. Ich mochte Georgen und Franzen geschlossen sehn!

Elisabeth . Es ware ein Anblick, um Engel weinen zu machen.

Gotz . Ich wollt nicht weinen. Ich wollte die Zahne zusammenbei?en und an meinem Grimm kauen. In Ketten meine Augapfel! Ihr lieben Jungen, hattet ihr mich nicht geliebt! — Ich wurde mich nicht satt an ihnen sehen konnen. — Im Namen des Kaisers ihr Wort nicht zu halten!

Elisabeth . Entschlagt Euch dieser Gedanken. Bedenkt, da? Ihr vor den Raten erscheinen sollt. Ihr seid nicht gestellt, ihnen wohl zu begegnen, und ich furchte alles.

Gotz . Was wollen sie mir anhaben?

Elisabeth . Der Gerichtsbote!

Gotz . Esel der Gerechtigkeit! Schleppt ihre Sacke zur Muhle, und ihren Kehrig aufs Feld. Was gibt's?

(Gerichtsdiener kommt.)

Gerichtsdiener . Die Herren Kommissarii sind auf dem Rathause versammelt und schicken nach Euch.

Gotz . Ich komme.

Gerichtsdiener . Ich werde Euch begleiten.

Gotz . Viel Ehre.

Elisabeth . Ma?igt Euch.

Gotz . Sei au?er Sorgen. (Ab.)

Rathaus

Kaiserliche Rate. Hauptmann. Ratsherren von Heilbronn.

Ratsherr . Wir haben auf Euern Befehl die starksten und tapfersten Burger versammelt; sie warten hier in der Nahe auf Euern Wink, um sich Berlichingens zu bemeistern.

Erster Rat . Wir werden Ihro Kaiserlichen Majestat Eure Bereitwilligkeit, Ihrem hochsten Befehl zu gehorchen, mit vielem Vergnugen zu ruhmen wissen. — Es sind Handwerker?

Ratsherr . Schmiede, Weinschroter, Zimmerleute, Manner mit geubten Fausten und hier wohl beschlagen (auf die Brust deutend).

Rat . Wohl.

(Gerichtsdiener kommt.)

Gerichtsdiener . Gotz von Berlichingen wartet vor der Tur.

Rat . La?t ihn herein.

(Gotz kommt.)

Gotz . Gott gru? euch, ihr Herrn, was wollt ihr mit mir?

Rat . Zuerst, da? Ihr bedenkt: wo Ihr seid? und vor wem?

Gotz . Bei meinem Eid, ich verkenn euch nicht, meine Herrn.

Rat . Ihr tut Eure Schuldigkeit.

Gotz . Von ganzem Herzen.

Rat . Setzt Euch.

Gotz . Da unten hin? Ich kann stehn. Das Stuhlchen riecht so nach armen Sundern, wie uberhaupt die ganze Stube.

Rat . So steht!

Gotz . Zur Sache, wenn's gefallig ist.

Rat . Wir werden in der Ordnung verfahren.

Gotz . Bin's wohl zufrieden, wollt, es war von jeher geschehen.

Rat . Ihr wi?t, wie Ihr auf Gnad und Ungnad in unsere Hande kamt.

Gotz . Was gebt Ihr mir, wenn ich's vergesse?

Rat . Wenn ich Euch Bescheidenheit geben konnte, wurd ich Eure Sache gut machen.

Gotz . Gut machen! Wenn Ihr das konntet! Dazu gehort freilich mehr als zum Verderben.

Schreiber . Soll ich das alles protokollieren?

Rat . Was zur Handlung gehort.

Gotz . Meinetwegen durft Ihr's drucken lassen.

Rat . Ihr wart in der Gewalt des Kaisers, dessen vaterliche Gnade an den Platz der majestatischen Gerechtigkeit trat, Euch anstatt eines Kerkers Heilbronn, eine seiner geliebten Stadte, zum Aufenthalt anwies. Ihr verspracht mit einem Eid, Euch, wie es einem Ritter geziemt, zu stellen und das Weitere demutig zu erwarten.

Gotz . Wohl, und ich bin hier und warte.

Rat . Und wir sind hier, Euch Ihro Kaiserlichen Majestat Gnade und Huld zu verkundigen. Sie verzeiht Euch Eure Ubertretungen, spricht Euch von der Acht und aller wohlverdienten Strafe los, welches Ihr mit untertanigem Dank erkennen und dagegen die Urfehde abschworen werdet, welche Euch hiermit vorgelesen werden soll.

Gotz . Ich bin Ihro Majestat treuer Knecht wie immer. Noch ein Wort, eh Ihr weitergeht: Meine Leute, wo sind die? Was soll mit ihnen werden?

Rat . Das geht Euch nichts an.

Gotz . So wende der Kaiser sein Angesicht von Euch, wenn Ihr in Not steckt! Sie waren meine Gesellen, und sind's. Wo habt Ihr sie hingebracht?

Rat . Wir sind Euch davon keine Rechnung schuldig.

Gotz . Ah! Ich dachte nicht, da? Ihr nicht einmal zu dem verbunden seid, was Ihr versprecht, geschweige —

Rat . Unsere Kommission ist, Euch die Urfehde vorzulegen. Unterwerft Euch dem Kaiser, und Ihr werdet einen Weg finden, um Eurer Gesellen Leben und Freiheit zu flehen.

Gotz . Euern Zettel.

Rat . Schreiber, leset!

Schreiber .»Ich Gotz von Berlichingen bekenne offentlich durch diesen Brief: Da?, da ich mich neulich gegen Kaiser und Reich rebellischerweise aufgelehnt«—

Gotz . Das ist nicht wahr. Ich bin kein Rebell, habe gegen Ihro Kaiserliche Majestat nichts verbrochen, und das Reich geht mich nichts an.

Rat . Ma?igt Euch und hort weiter.

Gotz . Ich will nichts weiter horen. Tret einer auf und zeuge! Hab ich wider den Kaiser, wider das Haus Osterreich nur einen Schritt getan? Hab ich nicht von jeher durch alle Handlungen bewiesen, da? ich besser als einer fuhle, was Deutschland seinen Regenten schuldig ist? und besonders was die Kleinen, die Ritter und Freien, ihrem Kaiser schuldig sind? Ich mu?te ein Schurke sein, wenn ich mich konnte bereden lassen, das zu unterschreiben.

Rat . Und doch haben wir gemessene Ordre, Euch in der Gute zu uberreden, oder im Entstehungsfall Euch in den Turn zu werfen.

Gotz . In Turn? mich?

Rat . Und daselbst konnt Ihr Euer Schicksal von der Gerechtigkeit erwarten, wenn Ihr es nicht aus den Handen der Gnade empfangen wollt.

Gotz . In Turn! Ihr mi?braucht die Kaiserliche Gewalt. In Turn! Das ist sein Befehl nicht. Was! mir erst, die Verrater! eine Falle zu stellen, und ihren Eid, ihr ritterlich Wort zum Speck drin aufzuhangen! Mir dann ritterlich Gefangnis zusagen, und die Zusage wieder brechen.

Rat . Einem Rauber sind wir keine Treue schuldig.

Gotz . Trugst du nicht das Ebenbild des Kaisers, das ich in dem gesudeltsten Konterfei verehre, du solltest mir den Rauber fressen oder dran erwurgen! Ich bin in einer ehrlichen Fehd begriffen. Du konntest Gott danken und dich vor der Welt gro? machen, wenn du in deinem Leben eine so edle Tat getan hattest, wie die ist, um welcher willen ich gefangen sitze.

Rat (winkt dem Ratsherrn, der zieht die Schelle).

Gotz . Nicht um des leidigen Gewinsts willen, nicht um Land und Leute unbewehrten Kleinen wegzukapern, bin ich ausgezogen. Meinen Jungen zu befreien, und mich meiner Haut zu wehren! Seht Ihr was Unrechts dran? Kaiser und Reich hatten unsere Not nicht in ihrem Kopfkissen gefuhlt. Ich habe Gott sei Dank noch eine Hand, und habe wohl getan, sie zu brauchen.

(Burger treten herein, Stangen in der Hand, Wehren an der Seite.)

Gotz . Was soll das?

Rat . Ihr wollt nicht horen. Fangt ihn!

Gotz . Ist das die Meinung? Wer kein ungrischer Ochs ist, komm mir nicht zu nah! Er soll von dieser meiner rechten eisernen Hand eine solche Ohrfeige kriegen, die ihm Kopfweh, Zahnweh und alles Weh der Erden aus dem Grund kurieren soll. (Sie machen sich an ihn, er schlagt den einen zu Boden, und rei?t einem andern die Wehre von der Seite, sie weichen.) Kommt! Kommt! Es ware mir angenehm, den Tapfersten unter euch kennenzulernen.

Rat . Gebt Euch.

Gotz . Mit dem Schwert in der Hand! Wi?t Ihr, da? es jetzt nur an mir lage, mich durch alle diese Hasenjager durchzuschlagen und das weite Feld zu gewinnen? Aber ich will Euch lehren, wie man Wort halt. Versprecht mir ritterlich Gefangnis, und ich gebe mein Schwert weg und bin wie vorher Euer Gefangener.

Rat . Mit dem Schwert in der Hand wollt Ihr mit dem Kaiser rechten?

Gotz . Behute Gott! Nur mit Euch und Eurer edlen Kompanie. — Ihr konnt nach Hause gehn, gute Leute. Fur die Versaumnis kriegt ihr nichts, und zu holen ist hier nichts als Beulen.

Rat . Greift ihn. Gibt euch eure Liebe zu euerm Kaiser nicht mehr Mut?

Gotz . Nicht mehr, als ihnen der Kaiser Pflaster gibt, die Wunden zu heilen, die sich ihr Mut holen konnte.

(Gerichtsdiener kommt.)

Gerichtsdiener . Eben ruft der Turner: es zieht ein Trupp von mehr als zweihunderten nach der Stadt zu. Unversehens sind sie hinter der Weinhohe hervorgedrungen und drohen unsern Mauern.

Ratsherr . Weh uns! was ist das?

(Wache kommt.)

Wache . Franz von Sickingen halt vor dem Schlag und la?t euch sagen: Er habe gehort, wie unwurdig man an seinem Schwager bundbruchig geworden sei, wie die Herrn von Heilbronn allen Vorschub taten. Er verlange Rechenschaft, sonst wolle er binnen einer Stunde die Stadt an vier Ecken anzunden und sie der Plunderung preisgeben.

Gotz . Braver Schwager!

Rat . Tretet ab, Gotz! — Was ist zu tun?

Ratsherr . Habt Mitleiden mit uns und unserer Burgerschaft! Sickingen ist unbandig in seinem Zorn, er ist Mann, es zu halten.

Rat . Sollen wir uns und dem Kaiser die Gerechtsame vergeben?

Hauptmann . Wenn wir nur Leute hatten, sie zu behaupten. So aber konnten wir umkommen, und die Sache ware nur desto schlimmer. Wir gewinnen im Nachgeben.

Ratsherr . Wir wollen Gotzen ansprechen, fur uns ein gut Wort einzulegen. Mir ist's, als wenn ich die Stadt schon in Flammen sahe.

Rat . La?t Gotzen herein.

Gotz . Was soll's?

Rat . Du wurdest wohl tun, deinen Schwager von seinem rebellischen Vorhaben abzumahnen. Anstatt dich vom Verderben zu retten, sturzt er dich tiefer hinein, indem er sich zu deinem Falle gesellt.