Песнь о Нибелунгах, стр. 46

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10. Abenteuer

Wie Brunhilde zu Worms empfangen ward

Jenseits des Rheines sah man mit manchen Scharen
Den Konig ans Gestade mit seinen Gasten fahren.
Da sah man auch am Zaume leiten manche Maid:
Die sie empfangen sollten, die waren alle bereit. (595)
Als die von Island kamen bei den Schiffen an,
Und auch die Nibelungen in Siegfriedens Bann,
Sie eilten zu dem Lande; wohl fliss sich ihre Hand,
Als man des Konigs Freunde jenseits am Gestade fand. (596)
Nun horet auch die More von der Konigin,
Ute der reichen, wie sie die Magdlein hin
Brachte von der Veste und selber ritt zum Strand.
Da wurden miteinander viel Maid' und Ritter bekannt. (597)
* Der Herzog Gere fuhrte am Zaum Kriemhildens Pferd
Nur vor das Tor der Veste; Siegfried der Degen wert,
Der musst ihr weiter dienen; sie war so schon und hehr.
Das ward ihm wohl vergolten von der Jungfrau nachher. (598)
* Da ritt Ortwein der kuhne bei Uten der Konigin,
Und so gesellt viel Ritter neben den Frauen hin.
Zu festlichem Empfange, das muss man wohl gestehn
Wurden nie der Frauen so viel beisammen gesehn. (599)
Viel hohe Ritterspiele wurden da getrieben
Von preiswerten Helden (wie war es unterblieben?)
Vor Kriemhild der schonen, die zu den Schiffen kam.
Da hob man von den Mahren viel der Frauen lobesam. (600)
Der Konig war gelandet mit fremder Ritterschaft;
Wie brach da vor den Frauen so mancher starke Schaft!
Da horte man auf Schilden erklingen manchen Sto?;
Hei! Reicher Buckeln Schallen ward im Gedrange da gro?! (601)
Vor dem Hafen standen die Frauen minniglich;
Gunther mit seinen Gasten hub von den Schiffen sich;
Er fuhrte Brunhilden selber an der Hand.
Wetteifernd miteinander schien Gestein und licht Gewand. (602)
Mit viel gro?en Zuchten Frau Kriemhilde ging,
Als sei Frau Brunhilden und ihr Gesind empfing.
Man konnte wei?e Hande am Kranzlein rucken sehn,
Als sei sich beide kussten: Das war aus Liebe geschehn. (603)
Da sprach mit edler Sitte Kriemhild das Magdelein:
“Ihr sollt in diesen Landen uns willkommen sein
Mir und meiner Mutter, und allen die uns treu
Von Mannen und von Freunden.” Da verneigten sich die zwei. (604)
Oftmals mit den Armen umfingen sich die Fraun.
So freundliches Empfangen war nie zuvor zu schaun,
Als die Frauen beide der Braut taten kund,
Frau Ute und ihre Tochter: Sie kussten oft den su?en Mund. (605)
Als Brunhilden Frauen nun standen auf dem Strand,
Von waidlichen Recken wurden da bei der Hand
Minniglich genommen viel Frauen hehr und schon.
Man sah die edeln Maide vor Frau Brunhilden stehn. (606)
Eine gute Weile wahrt' es, bis sie sich recht gegru?t;
Wohl wurde da so mancher rote Mund gekusst.
Noch standen beieinander die Konigstochter reich:
Des freuten sich zu schauen viel der Recken ohne Gleich. (607)
Da spahten mit den Augen die oft gehort vorher,
Dass man also Schones gesehen nimmermehr
Als die Frauen beide: Das fand man ohne Lug;
Man sah an ihrem Leibe auch nicht den mindesten Trug. (608)
Die Frauen schatzen konnten und minniglichen Leib,
Priesen um ihre Schone Konig Gunthers Weib.
Doch sprachen da die Weisen, die es recht besehn,
Man musse vor Brunhilden den Preis Kriemhilden zugestehn. (609)
Nun gingen zueinander Magdlein und Fraun:
Da war in hoher Zierde manch schones Weib zu schaun.
Da standen seidne Hutten und manches gute Zelt:
Davon war angefullet vor Wormes das ganze Feld. (610)
*Des Konigs Freunde drangten sich um sie zu sehn.
Da hie? man Brunhilden und Kriemhilden gehn,
Und all die Fraun mit ihnen, hin wo sich Schatten fand:
Dar fuhrten sie die Degen aus der Burgonden Land. (611)
Nun waren auch die Gaste gekommen all zu Ross;
Da gab es beim Tjostieren durch Schilde manchen Sto?.
Das Feld begann zu stauben, als ob das ganze Land
Entbrannt war in der Lohe: Da machten Helden sich bekannt. (612)
Wes da die Recken pflagen sah manche Maid mit an.
Wohl ritt mit seinen Degen Siegfried der kuhne Mann
In mancher Wiederkehre vorbei an dem Gezelt;
Der Nibelungen fuhrte tausend Degen der Held. (613)
Da kam von Tronje Hagen, wie ihm der Konig riet:
Der Held mit guter Sitte die Ritterspiele schied,
Auf dass sie nicht die Frauen bestaubten mit dem Sand:
Willigen Gehorsam er bei den Gasten da fand. (614)
* Da sprach Gernot der Degen: “Die Rosse lasset stehn,
Wenn es beginnt zu kuhlen, dass wir die Frauen schon
Wieder heim geleiten vor den Pallas weit:
Wenn reiten will der Konig, dass ihr des gewartig seid.” (615)
Das Kampfspiel war vergangen uber all dem Feld,
Da gingen kurzweilen in manches hohe Zelt
Die Ritter zu den Frauen, um hoher Lust Gewinn:
Da vertrieben sie die Stunden, bis sie weiter wollten ziehn. (616)
Vor des Abends Nahen, als sank der Sonne Licht
Und es begann zu kuhlen, lie? man es langer nicht:
Da eilten zu der Veste der Helden viel und Fraun:
Mit Augen ward gekostet mancher Schonen beim Schaun. (617)
Da ward von guten Knechten um Kleider viel geritten
Vor den Hochbeherzten nach des Landes Sitten
Bis vor den weiten Pallas, wo der Konig sprang vom Pferd.
Da diente man den Frauen, so pflegen Helden lobenswert. (618)
Da wurden auch geschieden die Koniginnen reich.
Frau Ute und ihre Tochter gingen von hinnen gleich
Mit ihrem Ingesinde in einen weiten Saal:
Da vernahm man allenthalben der Freude rauschenden Schall. (619)
Gerichtet waren Stuhle: Der Konig wollte gehn
Zu Tische mit den Gasten: Da sah man bei ihm stehn
Die schone Brunhilde, die da die Krone trug
In des Konigs Lande: Reich war die Furstin genug. (620)
* Da wurden schone Tische, viel Tafeln breit und gut,
Mit Speise wohl beladen, wie man kund uns tut:
Was sie da haben sollten, davon ward nicht entbehrt.
Da sah man bei dem Konige viel der Helden kuhn und wert. (621)
Des Wirtes Kammerlinge in Becken goldesrot
Reichten da das Wasser. Das war vergebne Not
Wollt euch jemand sagen, dass man je vorher
Bei Gelagen besser diente: Ich glaubt es doch nimmermehr. (622)
Bevor der Vogt vom Rheine nun das Wasser nahm,
Da ging der Herre Siegfried, er durft es ohne Scham,
Und mahnt' ihn seiner Treue, die er ihm gab zum Pfand,
Bevor er Brunhilden daheim gesehn in Isenland. (623)
Er sprach: “Ihr sollt gedenken, es schwur mir eure Hand,
Wenn wir Frau Brunhilden brachten in dies Land,
Ihr gabt mir eure Schwester: Wo blieb nun euer Eid?
Ihr wisst, bei eurer Reise war keine Muhe mir Leid.” (624)
Da sprach der Wirt zum Gaste: “Ihr habt mich wohl ermahnt:
Des soll nicht meineidig werden meine Hand;
Ich wills euch fugen helfen, so gut ich immer kann.”
Da lud er Kriemhilden zu Hofe freundlich heran (625)
Mit viel schonen Maiden. Sie kamen vor den Saal;
Da sprang von einer Stiege Geiselher zu Tal:
“Hei?et wiederkehren diese Magdelein:
Meine Schwester soll alleine hier bei dem Konige sein.” (626)
Hin fuhrten sie Kriemhilden wo man den Konig fand.
Da standen edle Ritter von mancher Fursten Land
In dem weiten Saale. Man hie? sie stille stehn:
Da sah man Brunhilden eben zu den Tischen gehn. (627)
* Sie wusste nicht die Mare, was da sollt ergehn.
Da sagte Konig Gunther denen in seinem Lehn:
“Helft mir, dass meine Schwester Siegfrieden nimmt zum Mann.”
Sie sprachen einhellig: “Das ware gar wohl getan.” (628)
Da sprach der Konig Gunther: “Schwester, hehre Maid,
Um deiner Tugend willen, lose meinen Eid.
Ich versprach dich einem Recken: Nimmst du ihn zum Mann,
So hast du meinen Willen mit aller Treue getan.” (629)
Da sprach das edle Magdelein: “Lieber Bruder mein,
Ihr sollt mich nicht bitten, ich will euch folgsam sein;
Wie ihr mir gebietet, so soll es sein getan:
Dem will ich mich verloben, den ihr, Herr, mir gebt zum Mann.” (630)
Vor Freuden und vor Liebe wurde Siegfried rot:
Zu Diensten sich der Recke Frau Kriemhilden bot.
Man lie? sie miteinander in einem Kreise stehn,
Und frug sie, ob sie wolle diesen Recken ausersehn? (631)
Mit madchenhafter Scheue schamte sie sich ein Teil;
Doch war Siegfrieden so gunstig Gluck und Hell,
Dass sie ganz nicht wollte verschmahen seine Hand.
Auch versprach sich ihr zum Manne der edle Furst von Niederland. (632)
Da er sich ihr verlobte und sich ihm die Maid,
Ein gutliches Umfangen war da gleich bereit
Von Siegfriedens Armen dem schonen Magdlein zart:
Die edle Konigin kusst' er in der Helden Gegenwart. (633)
Sich teilte das Gesinde, als das vor ihm geschah;
Auf dem Ehrenplatze man Siegfrieden sah
Bei Kriemhilden sitzen: Ihm diente mancher Mann;
Man sah die Nibelungen Siegfrieden auch untertan. (634)
Der Konig sa? am Tische bei Brunhild der Maid:
Da sah sie Kriemhilden (wie war ihr das so leid!)
Bei Siegfrieden sitzen; zu weinen hub sie an,
Dass ihr manche Trane uber lichte Wangen rann. (635)
Da sprach der Wirt des Landes: “Was ist euch, Fraue mein,
Dass ihr so truben lasset der lichten Augen Schein?
Nun solltet ihr euch freuen, euch ist untertan
Mein Land und meine Burgen und mancher waidliche Mann.” (636)
“Wohl hab ich Grund zu weinen,” sprach die schone Maid:
“Deiner Schwester wegen trag ich Herzeleid;
Ich sehe sie da sitzen bei dem Eigenholden dein:
Wohl muss ich immer weinen, soll sie so verderbet sein.” (637)
Da sprach der Konig Gunther: “Das mogt ihr still ertragen:
Ich will euch diese Mare zu andern Zeiten sagen,
Warum ich meine Schwester an Siegfrieden gegeben;
Wohl mag sie mit dem Recken immer in Freuden leben.” (638)
Sie sprach: “Mich reuet immer ihre Schone und Sittsamkeit;
Wusst ich wohin ich sollte, ich flohe gerne weit,
Und wollt euch eher nimmer nahe liegen bei,
Bis ich wusste weshalb Kriemhild die Braut von Siegfrieden sei.” (639)
Da sprach der Konig Gunther: “Ich mach es euch bekannt:
Er hat wohl wie ich selber Burgen und weites Land,
Das durft ihr sicher glauben, er ist ein Konig reich:
Drum geb ich ihm zum Weibe die schone Magd ohne Gleich.” (640)
Was ihr der Konig sagte, traurig blieb ihr Mut.
Da eilte von den Tischen mancher Ritter gut:
Das Kampfspiel ward so machtig, dass rings die Burg erklang,
Dem Wirt bei seinen Gasten wahrte das viel zu lang. (641)
Er dacht: “Ich lage sanfter der schonen Fraue bei.”
Da war er des Gedankens nicht gar im Herzen frei,
Von ihrer Minne musse viel Liebes ihm geschehn.
Da begann er freundlich Frau Brunhilden anzusehn. (642)
Vom Ritterspiel die Gaste hat man abzustehn:
Mit seinem Weib der Konig zu Bette wollte gehn.
Vor des Saales Stiege kam einander nah
Kriemhild und Brunhilde: kein Hass noch regte sich da. (643)
Da kam ihr Ingesinde: Sie saumten langer nicht,
Ihre reichen Kammerlinge brachten ihnen Licht.
Da teilten sich die Recken in der zwei Konge Lehn:
Da sah man viel der Degen hinweg mit Siegfrieden gehn. (644)
Die Helden kamen beide hin wo sie sollten liegen:
Da dachten alle beide mit Minnen abzusiegen
Den waidlichen Frauen; das sanftete ihren Mut.
Siegfriedens Kurzweil, die wurde herrlich und gut. (645)
* Als Siegfried der Degen bei Kriemhilden lag
Und er der Jungfrauen so minniglich pflag
Mit seiner edeln Minne, sie war ihm wie sein Leben:
Er hatte nicht die eine fur tausend Frauen gegeben. (646)
Ich sag euch nicht weiter wie er der Fraue pflag;
Nun horet diese Mare, wie Konig Gunther lag
Bei Brunhild seiner Frauen: zierlicher Degen
Haben manche sanfter bei andern Frauen gelegen. (647)
* Das Volk hatt ihn verlassen, die Frauen und sein Bann:
Da ward die Kemenate balde zugetan.
Er wahnt', er solle kosen ihren minniglichen Leib:
Da wahrt' es noch gar lange, bevor sie wurde sein Weib. (648)
Im wei?en Linnenhemde ging sie ins Bett hinein.
Der edle Ritter dachte: “Nun ist das alles mein,
Wes mich je verlangte in allen meinen Tagen.”
Sie musst ob ihrer Schone mit gro?em Recht ihm behagen. (649)
Das Licht begann zu bergen des edeln Konigs Hand.
Da ging der kuhne Degen, wo er die Fraue fand;
Er legte sich ihr nahe, seine Freude die war gro?,
Als die Minnigliche der Held mit Armen umschloss. (650)
* Minnigliches Kosen mocht er das viel begehn,
Wenn die edle Fraue solches lie? geschehn;
Doch zurnte sie gewaltig; den Herrn betrubte das.
Er wahnt', er finde Freude, da fand er feindliches Hass. (651)
Sie sprach: “Edler Ritter, das lasst euch nur vergehn:
Was ihr da habt im Sinne, das kann noch nicht geschehn.
Ich will noch Magdlein bleiben, Herr Konig, merkt euch das,
Bis ich die Mar erfahre.” Da fasste Gunther ihr Hass. (652)
Er rang nach ihrer Minne und zerriss ihr Kleid.
Da griff nach einem Gurtel die herrliche Maid,
Einer starken Borte, die sie zur Seite trug:
Da tat sie dem Konige gro?en Leides genug. (653)
Die Fu? und auch die Hande sie ihm zusammenband,
Zu einem Nagel trug sie ihn und hing ihn an die Wand.
Als er im Schlaf sie storte, das Kosen sie ihm verbot:
Von ihrer Starke hatt er beinah gewonnen den Tod. (654)
Da begann zu flehen der Meister sollte sein:
“Loset meine Bande, viel edle Konigin mein.
Ich getreu euch, schone Fraue, nimmer obzusiegen,
Und will auch wahrlich selten so nahe neben euch liegen.” (655)
* Sie frug nicht, wie ihm ware, da sie in Ruhe lag.
Da musst er hangen bleiben die Nacht bis an den Tag,
Bis der lichte Morgen durchs Fenster warf den Schein:
Hatt er je Kraft besessen, die ward an seinem Leibe klein. (656)
“Nun sagt mir, Herr Gunther, ist euch das etwas leid,
Wenn euch gebunden finden,” sprach die schone Maid,
“Eure Kammerlinge von einer Frauen Hand?”
Da sprach der edle Ritter: “Das wurd euch ubel gewandt. (657)
Auch war mirs wenig Ehre,” sprach der edle Mann:
“Um eurer Tugend willen, nehmt mich nun bei euch an.
Ist euch meine Minne denn so machtig leid,
Ich will mit meinen Handen selten ruhren euer Kleid.” (658)
Sie loste seine Bande: Er ging, da er befreit,
Wieder an das Bette zu der edeln Maid;
Er legte sich so ferne, dass er ihr Hemde fein
Selten mehr beruhrte; auch wollte sie des ledig sein. (659)
Nun kam auch ihre Gesinde, das brachte neu Gewand;
Des war heute Morgen genug fur sie zur Hand.
Wie froh man da gebahrte, traurig war sein Mut;
Der Konig des Landes, ihre Freude daucht ihn nicht gut. (660)
Nach des Landes Sitte, die man mir Recht beging,
Gunter und Brunhilde nicht langer das verhing:
Sie gingen nach dem Munster, wo man die Messe sang.
Dahin auch kam Herr Siegfried: Da hob sich machtiger Drang. (661)
Nach koniglichen Ehren war da fur sie bereit
Was sie haben sollten, die Krone wie das Kleid.
Da wurden sie geweiht: Als das war geschehn,
Da sah man unter Krone alle viere herrlich stehn. (662)
Viel Knappen wurden Ritter, sechshundert oder mehr,
Das sollt ihr sicher glauben, den Konigen zur Ehr.
Da hob sich gro?e Freude in Burgondenland;
Man horte Schafte hallen an der Schwertdegen Hand. (663)
Da sa?en in den Fenstern die schonen Magdelein;
Sie sahen vor sich leuchten manches Schildes Schein.
Da hatte sich der Konig getrennt von seinem Bann:
Was jemand da begonnte, er sah es trauernd mit an. (664)
Ihm und Siegfrieden ungleich stand der Mut;
Wohl wusste was ihm fehlte der edle Ritter gut.
Da ging es zu dem Konige, zu fragen er begann:
“Wie ists euch heunt gelungen? Das sagt, Herr Gunther, mir an.” (665)
Da sprach der Wirt zum Gaste: “Den Spott zu dem Schaden
Hab ich an meiner Frauen in mein Haus geladen.
Ich wahnte sie zu minnen, als sie mich machtig band:
Zu einem Nagel trug sie mich, und hing mich hoch an die Wand. (666)
“Da hing ich sehr in Angsten die Nacht bis an den Tag
Eh sie mich wieder loste: Wie sanft sie da lag!
Das sei dir in der Stille geklagt in Freundlichkeit.”
Da sprach der starke Siegfried: “Das ist mir sicherlich leid.” (667)
“Das will ich euch beweisen, verschmerzt ihr den Verdruss.
Ich schaffe, dass sie heunte so nah euch liegen muss,
Dass sie euch ihre Minne nicht langer vorenthalt.”
Die Rede horte gerne nach seinem Leide der Held. (668)
* “Nun schau meine Hande, wie die geschwollen sind:
Die druckte sie so machtig, als war ich ein Kind,
Dass das Blut mir allwarts aus den Nageln drang.
Ich hegte keinen Zweifel, mein Leben wahre nicht lang. (669)
* Da sprach der Degen Siegfried: “Es wird noch alles gut:
Uns beiden war wohl ungleich heute Nacht zu Mut.
Deine Schwester Kriemhild ist mir lieber als der Leib;
Es muss Frau Brunhilde noch heute werden dein Weib.” (670)
Er sprach: “Noch heunte komm ich zu euerm Kammerlein
Also wohl verborgen in der Tarnkappe mein,
Dass sich meiner Kunste niemand mag versehn,
Lasst die Kammerlinge zu den Herbergen gehn; (671)
“So losch ich den Kindern die Lichter an der Hand:
Dass ich herein getreten sei euch dabei bekannt.
Weil ich euch gerne diene, so zwing ich euch das Weib,
Dass ihr sie heunte minnet: ich verlor denn Leben und Leib.” (672)
“Wenn du ihr nicht kosest,” Der Konig sprach da so,
Meiner lieben Frauen, so bin ichs gerne froh;
Sonst tu ihr was du wollest und nahmst du ihr den Leib,
Das wollt ich wohl verschmerzen: Sie ist ein furchtbares Weib.” (673)
“Das versprech ich,” sprach da Siegfried, “bei der Treue mein,
Dass ich ihr nicht kose; die liebe Schwester dein
Geht mir uber alle, die ich jemals sah.”
Wohl glaubte Konig Gunther der Rede Siegfriedens da. (674)
Da gabs von Ritterspielen Freude so wie Not:
Turnei und Tiostieren man allzumal verbot.
Als die Frauen sollten nach dem Saale gehn,
Geboten Kammerlinge den Leuten, nicht im Weg zu stehn. (675)
Da ward der Hof von Leuten und Rossen wieder frei.
Zwei Bischofe fuhrten die Frauen alle zwei,
Als sie vor den Konigen zu Tische sollten gehn.
Ihnen folgten zu den Stuhlen viel der Degen ausersehn. (676)
* Der Konig wohl gemutet in froher Hoffnung sa?.
Was Siegfried ihm gelobte, wohl behielt er das;
Der eine Tag ihn dauchte wohl drei?ig Tage lang:
Nach seiner Frauen Minne all sein Denken ihm rang. (677)
Er konnt es kaum erwarten bis das Mahl vorbei.
Die schone Brunhilde rief man da herbei
Und auch Kriemhilden: Sie sollten schlafen gehn:
Hei! Was man schneller Degen sah vor den Koniginnen stehn! (678)
Siegfried der Herre minniglich noch sa?
Bei seinem schonen Weibe mit Freuden ohne Hass:
Sie koste seine Hande mit ihrer wei?en Hand,
Bis er ihr vor den Augen, sie wusste nicht wie, verschwand. (679)
Da sie mit ihm spielte, und sie ihn nicht mehr sah,
Zu seinem Ingesinde sprach die Konigin da:
“Mich wundert sehr, wo ist doch der Konig hingekommen?
Wer hat seine Hande mir aus den meinen genommen?” (680)
Die Rede lie? sie bleiben. Da eilt' er hinzugehn,
Wo er die Kammerlinge fand mit Lichtern stehn:
Die loscht' er unversehens den Kindern an der Hand:
Dass es Siegfried ware, das war da Gunthern bekannt. (681)
Wohl wusst er, was er wolle: Er lie? von dannen gehn
Die Magdelein und Frauen. Als das war geschehn,
Der edle Konig selber verschloss der Kammer Tur:
Starker Riegel zweie, die warf er balde dafur. (682)
Hinterm Bettvorhange barg er da das Licht.
Ein Spiel sogleich begonnte, vermeiden lie? sichs nicht,
Siegfried der starke mit der schonen Maid:
Das war dem Konig Gunther beides lieb und auch leid. (683)
Da legte sich Siegfried der Konigin bei.
Sie sprach: “Nun lasst es, Gunther, wie lieb es euch auch sei,
Dass ihr nicht Not erleidet heute so wie eh:
Oder euch geschiehet von meinen Handen wieder weh.” (684)
Er hehlte seine Stimme, kein Wortlien sprach er da:
Wohl horte Konig Gunther, wiewohl er sie nicht sah,
Dass Heimliches von beiden wenig da geschah:
Nicht viel bequeme Ruhe hatten sie im Bette da. (685)
Er stellte sich, als war er Gunther der Konig reich:
Er umschloss mit Armen das Magdlein ohne Gleich.
Sie warf ihn aus dem Bette dabei auf eine Bank,
Dass laut a einem Schemel ihm das Haupt davon erklang. (686)
Wieder auf mit Kraften sprang der kuhne Mann,
Es besser zu versuchen: Wie er das begann,
Dass er sie zwingen wollte, da widerfuhr ihm Weh.
Mich dunkt, dass solche Wehre von Fraun nicht wieder gescheh. (687)
Da ers nicht lassen wollte, das Magdlein aufsprang:
“Euch ziemt nicht zu zerrei?en mein Hemd also blank.
Ihr seid ein Ungestumer: Das soll euch werden leid,
Des sollt ihr inne werden,” sprach die herrliche Maid. (688)
Sie umschloss mit Armen den tapferlichen Degen,
Und wollt ihn auch in Bande wie den Konig legen,
Dass sie im Bette lage mit Gemachlichkeit.
Wie grimmig sie das rachte, dass er zerzerret ihr Kleid! (689)
Was half ihm da die Starke und seine gro?e Kraft?
Sie bewies dem Degen ihres Leibes Meisterschaft:
Sie trug ihn ubermachtig, das musste schon so sein,
Und druckt' ihn ungefuge bei dem Bett an einen Schrein. (690)
“Weh,” dachte Siegfried, “soll ich Leben hier und Leib
Von einer Maid verlieren, so mag ein jedes Weib
In allen kunftgen Zeiten tragen Frevelmut
Dem Manne gegenuber, die sonst wohl nimmer es tut.” (691)
Der Konig horte alles, er bangte fur den Mann.
Siegfried sich schamte, zu zurnen hub er an.
Mit ungefugen Kraften ihr entgegen setzt' er sich,
Dass er sich versuche an Frau Brunhilden angstliglich. (692)
* Wie sie ihn niederdruckte, sein Zorn bewirkte das
Und seine starken Krafte, dass er trotz ihrem Hass
Sich aufrichten konnte; seine Angst die war gro?.
Sie gaben in der Kammer sich hin und her manchen Sto?. (693)
* Auch litt der Konig Gunther Sorgen und Beschwer:
Er musste manchmal fluchten vor ihnen hin und her.
Sie rangen so gewaltig dass es Wunder nahm,
Wenn eines vor dem andern mit dem Leben noch entkam. (694)
* Den Konig Gunther muhte beiderseits die Not:
Doch furchtet' er am meisten Siegfriedens Tod.
Wohl hatte sie dem Degen das Leben schier benommen:
Durft er nur, er ware ihm gern zu Hilfe gekommen. (695)
* Gar lange zwischen ihnen dauerte der Streit,
Doch bracht er an das Bette zuletzt zuruck die Maid:
Wie sehr sie sich auch wehrte, die Wehr ward endlich schwach.
Der Konig in seinen Sorgen hing manchem Gedanken nach. (696)
Dem Konig wahrt' es lange bis er sie bezwang.
Sie druckte seien Hande, dass aus den Nageln sprang
Das Blut von ihren Kraften; das war dem Helden leid:
Des starken Siegfried Krafte, gewaltig schmerzten sie die. (697)
Da griff sie nach der Seite, wo sie die Borte fand,
Um ihn damit zu binden: da wehrt' es seine Hand,
Dass ihr die Glieder krachten, dazu der ganze Leib.
Da war der Streit entschieden: da wurde sie Gunthers Weib. (698)
Sie sprach: “Edler Konig, das Leben schenke mir.
Es wird wohl versuhnet was ich getan an dir:
Ich wehre mich nicht wieder der edeln Minne dein:
Nun hab ichs wohl befunden, dass du magst Frauen Meister sein.” (699)
Siegfried ging von dannen (liegen bleib die Maid),
Als ob er abzuwerfen gedachte nur das Kleid.
Er wusst ihr von den Handen einen goldnen Reif zu ziehn,
Dass es nicht inne wurde diese edle Konigin. (700)
Auch nahm er ihren Gurtel, eine Borte gut;
Ich wei? nicht, obs geschehen aus hohem Ubermut.
Er gab sie seinem Weibe, das ward ihm spater leid.
Da lagen beieinander der Konig und die schone Maid. (701)
* Er pflag der Frauen minniglich, wie ihm das wohl zu kam:
Da musste sie verschmerzen ihren Zorn und ihre Scham.
Von seinen Heimlichkeiten ihre lichte Farbe erblich;
Hei! Wie von der Minne die gro?e Kraft ihr entwich! (702)
Da war auch sie nicht starker als ein ander Weib.
Minniglich liebkost' er ihren schonen Leib;
Wenn sie ihm widerstande, was konnt es sie versahn?
Das hatt ihr alles Gunther mit seinem Minnen getan. (703)
Wie minniglich der Degen da bei der Frauen lag,
In freundlicher Liebe bis an den lichten Tag!
Nun ging der Herre Siegfried wieder hindann:
Er wurde wohl empfangen von einer Frauen wohlgetan. (704)
Er widerstand der Frage, die sie da begann;
Auch hehlt' er ihr noch lange was er fur sie gewann,
Bis sie in seinem Lande daheim die Krone trug;
Was sie nur haben wollte, er gab ihrs willig genug. (705)
Dem Wirt am andern Morgen viel hoher stand der Mut
Als an dem ersten Tage: Da ward die Freude gut
In seinem ganzen Lande bei manchem edeln Mann;
Die er zu Hof geladen, denen ward viel Dienst getan. (706)
Das Hofgelage wahrte den vierzehnten Tag,
Dass sich unterdessen der Schall nicht unterbrach
Von aller Lust und Kurzweil, die jemand gerne sah.
Wahrlich hohe Kosten verwandte der Konig da. (707)
Des edeln Wirtes Freunde, wie es der Furst gewollt,
Verschenkten ihm zu Ehren Gewand und rotes Gold,
Silber auch und Rosse an manchen kuhnen Mann.
Die Herrn, die hingezogen, die schieden frohlich hindann. (708)
Auch der kuhne Siegfried aus dem Niederland
Mit seinen tausend Mannen, ihr samtliches Gewand,
Das sie zum Rheine brachten, ward ganz dahin gegeben,
Schone Ross und Sattel: Sie wussten herrlich zu leben. (709)
Bevor die reiche Gabe noch alle war verwandt,
Schon daucht es die zu lange, die wollten in ihr Land.
Nie sah man ein Gesinde mehr so wohl verpflegen:
So endete die Hochzeit; da schied von dannen mancher Degen. (710)