Песнь о Нибелунгах, стр. 39

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3. Abenteuer

Wie Siegfried nach Worms kam

Dem Herren muhte selten irgend ein Herzeleid.
Er horte Kunde sagen wie eine schone Maid
In Burgonden ware, nach Wunschen wohlgetan,
Von der er bald viel Freuden und auch viel Leides gewann. (47)
Das Lob ihrer Schone vernahm man weit und breit,
Und auch ihr Hochgemute ward zur selben Zeit
Bei der Jungfraue viel Helden wohlbekannt:
Das lud da viel der Gaste Konig Gunthern in das Land. (48)
So viel man auch der Werbenden um ihre Minne sah,
Kriemhild in ihrem Sinne sprach dazu nicht ja,
Dass sie einen wollte zum geliebten Mann:
Gar fremd noch war ihr jener, dem sie bald ward untertan. (49)
Da dacht auf hohe Minne der Sieglinde Kind:
Der andern Werben alle war wider seins ein Wind.
Er mochte wohl verdienen schoner Frauen Leib.
Bald ward die edle Kriemhild des kuhnen Siegfriedes Weib. (50)
Ihm rieten seine Freunde und die in seinem Lehn,
Hab er stete Minne sich zum Ziel ersehn,
So soll' er eine werben, der er sich nicht zu schamen.
Da sprach der edle Siegfried: “So will ich Kriemhilden nehmen, (51)
Die schone Jungfraue von Burgondenland,
Ob ihrer gro?en Schone. Das ist mir wohlbekannt,
Kein Kaiser sei so machtig, wurb er um ein Weib,
Dem nicht zu minnen ziemte der reichen Konigin Leib.” (52)
Diese Mare horte der Konig Siegmund.
Es sprachen seine Leute: also ward ihm kund
Seines Kindes Wille. Es war ihm hochlich leid,
Dass er werben wolle um diese herrliche Maid. (53)
Die Konigin auch erfuhr es, die edle Sieglind:
Die musste gro?e Sorge tragen um ihr Kind,
Denn sie kannte Guntern und die in seinem Bann;
Das Werben man dem Degen sehr zu verleiden begann. (54)
Da sprach der kuhne Siegfried: “Viel lieber Vater mein,
Ohn edler Frauen Minne wollt ich immer sein,
Wenn ich nicht werben durfte nach Herzensliebe frei.”
Was jemand reden mochte, so blieb er immer dabei. (55)
“Und willst dus nicht vermeiden,” der Konig sprach da so,
“So bin ich deines Willens von ganzem Herzen froh
Und will dirs fugen helfen, so gut ich immer kann;
Doch hat der Konig Gunther manchen hochfahrtgen Mann. (56)
“Und war es anders niemand als Hagen der Degen,
Der kann im Ubermute wohl der Hochfahrt pflegen,
So dass ich sehr befurchte, es mog uns werden leid,
Wenn wir werben wollen um diese herrliche Maid.” (57)
“Was mag uns gefahrden?”, hub da Siegfried an:
“Was ich mir nicht im Guten dort erbitten kann,
Will ich schon sonst erwerben mit meiner starken Hand.
Ich will von ihm erzwingen die Leute und auch das Land.” (58)
“Leid ist mir deine Rede,” sprach Konig Siegmund,
“Und wurde diese Mare dort am Rheine kund,
So durftest du wohl nimmer in Konig Gunthers Land.
Gunther und Gernot, die sind mir lange bekannt. (59)
“Mit Gewalt erwerben kann niemand die Magd,”
Sprach der Konig Siegmund, “das ist mir wohl gesagt;
Willst du jedoch mit Recken reiten in das Land,
Die Freunde, die wir haben, die werden eilends besandt.” (60)
“So ist mir nicht zu Mute,” fiel ihm Siegfried ein,
“Dass ich mit Recken sollte reiten an den Rhein.
Nicht mit einer Heerfahrt — das ware mir wohl leid,
Sollt ich damit erzwingen diese herrliche Maid. (61)
“Ich will sie wohl erzwingen allein mit meiner Hand.
Ich reite selbzwolfter in Konig Gunthers Land:
Dazu sollt ihr mir helfen, Vater Siegmund.”
Da gab man seinen Degen zu Kleidern grau und auch bunt. (62)
Da vernahm auch diese Mare seine Mutter Sieglind.
Sie begann zu trauern um ihr liebes Kind:
Sie bangt' es zu verlieren durch Konig Gunthers Bann:
Gar sehr die edle Konigin darob zu weinen begann. (63)
Siegfried der Degen ging hin, wo er sie sah.
Wider seine Mutter gutlich sprach er da:
“Frau, ihr sollt nicht weinen um den Willen mein,
Wohl denk ich ohne Sorgen vor allen Feinden zu sein. (64)
Und helft mir zu der Reise nach Burgondenland,
Dass mich und meine Recken ziere solch Gewand,
Wie so stolze Recken mit Ehren mogen tragen:
Ich will dafur in Wahrheit den Dank von Herzen euch sagen.” (65)
“Ist dir nicht abzuraten,” sprach Frau Siegelind,
“So helf ich dir zur Reise, mein einziges Kind,
Mit dem besten Staate, den je ein Ritter trug,
Dir und den Gesellen: Ihr sollt des haben genug.” (66)
Da neigte sich der Konigin Siegfried der junge Mann.
Er sprach: “Nicht mehr Gesellen nehm ich zur Fahrt mir an,
Als der Recken zwolfe: verseht die mit Gewand;
Ich mochte gern erfahren, wie's um Kriemhilde bewandt.” (67)
Da sa?en schone Frauen uber Nacht und Tag,
Dass ihrer selten eine der Ruhe eher pflag,
Bis man gefertigt hatte Siegfriedens Staat.
Er wollte nun mitnichten seiner Reise haben Rat. (68)
Sein Vater hie? ihm zieren sein ritterlich Gewand,
Womit er raumen wollte Konig Siegmunds Land.
Ihre lichten Panzer, die wurden auch bereit
Und ihre festen Helme, ihre Schilde schon und breit. (69)
Nun sahen sie die Reise zu den Burgonden nahn.
Um sie begann zu sorgen, beides, Weib und Mann,
Ob sie wohl wiederkamen in ihrer Heimat Land.
Sie geboten aufzusaumen die Waffen und das Gewand. (70)
Schon waren ihre Rosse, ihr Reitzeug goldesrot:
Wenn wer sich hoher dauchte, so war es ohne Not,
Als der Degen Siegfried und die in seinem Bann.
Nun bat er, dass er Urlaub nach Burgondenland gewann. (71)
Den gaben ihm mit Trauern Konig und Konigin.
Er trostete sie beide mit minniglichem Sinn
Und sprach: “Ihr sollt nicht weinen um den Willen mein;
Immer ohne Sorgen sollt ihr um mein Leben sein.” (72)
Es war leid den Recken, auch weinte manche Maid;
Sie hatten wohl im Herzen gefunden den Bescheid,
Sie musstens einst entgelten durch lieber Freunde Tod.
Sie hatten Grund zu klagen, es schuf ihnen wahrlich Not. (73)
Am siebenten Morgen zu Wormes an dem Strand
Ritten schon die Kuhnen: da war all ihr Gewand
Aus rotem Gold gewoben, ihr Reitzeug wohlgetan;
Die Rosse gingen eben den Degen in Siegfrieds Bann. (74)
Neu waren ihre Schilde, licht und breit genug,
Und gar schon die Helme bei dem Hofeszug
Siegfried des kuhnen in Konig Gunthers Land.
Man ersah an Helden nie so herrlich Gewand. (75)
Der Schwerter Enden gingen nieder auf die Sporen,
Scharfe Spie?e fuhrten die Ritter auserkoren,
Von zweier Spannen Breite war welchen Siegfried trug;
Der hatt an seiner Schneide grimmer Scharfe genug. (76)
Die goldfarbnen Zaume fuhrten sie an der Hand;
Der Brustriem war von Seide: So kamen sie ins Land.
Da gafften sie die Leute allenthalben an,
Entgegen liefen ihnen die Recken in Gunthers Bann. (77)
Die hochbeherzten Degen, Ritter so wie Knecht,
Die gingen zu den Herren, so war es Fug und Recht,
Die Gaste zu empfangen in ihrer Herren Land;
Sie nahmen ihnen die Pferde mit den Schilden von der Hand. (78)
Da wollten sie die Rosse nach den Stallen ziehn;
Wie sprach da so geschwinde Siegfried der Degen kuhn:
“Lasst uns stehn die Pferde, mir und den meinen dort:
Wie mir ist zu Mute, so reit ich bald wieder fort. (79)
“Wem die Mare kund ist, der lasse sich befragen.
Wo ich den Konig finde, das soll man mir sagen,
Gunther den reichen aus Burgondenland.”
Da saget' es ihm einer, dem es wohl war bekannt. (80)
“Wollt ihr den Konig finden, das mag gar wohl geschehn.
In jenem weiten Saale hab ich ihn gesehn
Unter seinen Helden; da geht zu ihm hinan,
So mogt ihr bei ihm finden manchen herrlichen Mann.” (81)
Nun war auch dem Konig die Mare schon gesagt,
Dass gekommen waren Ritter unverzagt:
Sie fuhrten reiche Harnische und herrliche Gewand;
Sie erkenne niemand in der Burgonden Land. (82)
Den Konig nahm es Wunder, woher gekommen sei'n
Die herrlichen Recken im Kleid von lichtem Schein,
Und mit so guten Schilden, so neu und so breit:
Dass ihm das niemand sagte, das war Konig Gunthern leid. (83)
Da sprach zu dem Konig von Metz Herr Ortewein,
Reich und kuhnes Mutes mochte der wohl sein:
“Da wir sie nicht erkennen, so hei?et jemand gehn
Nach meinem Oheim Hagen: dem sollt ihr sie lassen sehn. (84)
“Dem sind wohl kund die Reiche und alles fremde Land:
Hat er von ihnen Kunde, das mach er uns bekannt.”
Der Konig lie? ihn holen und die in seinem Lehn:
Man sah ihn stolzes Schrittes mit Recken nach Hofe gehn. (85)
Warum nach ihm der Konig, frug Hagen da, gesandt?
“Es sind in meinem Hause Degen unbekannt,
Die niemand wei? zu nennen: Habt ihr sie je gesehn,
Das sollst du mir, Hagen, nach der Wahrheit gestehn.” (86)
“Das will ich,” sprach Hagen. Zum Fenster schritt er drauf,
Da lie? er nach den Gasten den Augen freien Lauf.
Es gefiel ihm ihr Gerate und auch ihr Gewand;
sie waren ihm gar fremde in der Burgonden Land. (87)
Er sprach: “Woher die Recken auch kamen an den Rhein,
Es mogen selber Fursten oder Furstenboten sein.
Schon sind ihre Rosse und ihr Gewand ist gut;
Von wannen sie auch kommen, es sind Helden hochgemut.” (88)
Also sprach da Hagen: “Ich will euch gestehn,
Ob ich gleich im Leben Siegfrieden nicht gesehn,
So will ich doch wohl glauben, wie es damit auch steht,
Dass er es sei, der Degen, der so herrlich dorten geht. (89)
“Er bringet neue Mare her in dieses Land:
Die kuhnen Nibelungen schlug des Helden Hand,
Die reichen Konigssohne Silbung und Nibelung;
Er wirkte gro?e Wunder mit des starken Armes Schwung. (90)
“Als der Held alleine ritt ohne Hilf und Macht,
Fand er an einem Berge, so ward mir hinterbracht,
Bei Konig Niblungs Horte gar manchen kuhnen Mann;
Sie waren ihm gar fremde, bis er hier die Kunde gewann. (91)
“Der Hort Konig Niblungs ward hervor getragen
aus einem hohlen Berge: Nun horet Wunder sagen,
Wie ihn teilen wollte der Nibelungen Bann.
Das sah der Degen Siegfried, den es zu wundern begann. (92)
“So nahe kam er ihnen, dass er die Degen sah
Und ihn die Helden wieder. Der eine sagte da:
Hier kommt der starke Siegfried, der Held aus Niederland.
Seltsame Abenteuer er bei den Nibelungen fand. (93)
“Den Recken wohl empfingen Schilbung und Nibelung.
Einhellig baten die edeln Fursten jung,
Dass ihnen teilen mochte den Hort der werte Mann:
Das begehrten sie, bis endlich ers zu geloben begann. (94)
“Er sah so viel Gesteines, wie wir horen sagen,
Hundert Doppelwagen, die mochten es nicht tragen;
Noch mehr des roten Goldes von Nibelungenland:
Das alles sollte teilen des kuhnen Siegfriedes Hand. (95)
“Sie gaben ihm zum Lohne Konig Niblungs Schwert:
Da wurden sie des Dienstes gar ubel gewahrt,
Den ihnen leisten sollte Siegfried der Degen gut.
Er konnt es nicht vollbringen: Sie hatten zornigen Mut. (96)
* “So musst er ungeteilet den Schatz lassen stehn.
Da bestritten ihn die Degen in der zwei Konge Lehn.
Mit ihres Vaters Schwerte, das Balmung war genannt,
Stritt ihnen ab der Kuhne den Hort und Nibelungenland. (97)
“Da hatten sie zu Freunden kuhne zwolf Mann,
Das waren starke Riesen: Was konnt es sie verfahn?
Die erschlug im Zorne Siegfriedens Hand
Und siebenhundert Recken zwang er vom Nibelungenland (98)
“Mit dem guten Schwerte, das Balmung war genannt.
Viel der jungen Degen, vom Schrecken ubermannt,
Den vor dem Schwert sie hatten und vor dem kuhnen Mann,
Das Land mit den Burgen machten sie ihm untertan. (99)
“Dazu die reichen Konige, die schlug er beide tot;
Er kam durch Alberichen darauf in gro?e Not:
Der wollte seine Herren rachen allzuhand,
Eh er die gro?e Starke noch an Siegfrieden fand. (100)
“Da war ihm nicht gewachsen der gewaltge Zwerg:
Wie die wilden Leuen liefen sie an den Berg,
Als er die Tarnkappe Albrichen abgewann.
Da war des Herr des Hortes Siegfried der furchtbare Mann. (101)
“Die sich getraut zu fechten, die lagen all erschlagen:
Er lie? den Hort wieder nach dem Berge tragen,
Woraus ihn erst genommen die in Niblungs Bann:
Alberich der starke das Amt des Kammrers gewann. (102)
“Erst musst ihm Eide schworen, er dien ihm als sein Knecht,
Mit allerhand Diensten ward er ihm gerecht,”
So sprach von Tronje Hagen: “Das hat der Held getan:
Also gro?e Krafte nie mehr ein Recke gewann. (103)
Noch ein Abenteuer ist mir von ihm bekannt:
Einen Linddrachen schlug des Helden Hand;
Da er im Blut sich badete, ward hornern seine Haut:
Nun versehrt ihn keine Waffe: Das hat man oft an ihm geschaut. (104)
Drum rat ich, dass den Jungling man wohl empfangen soll,
Damit wir nicht verdienen des schnellen Recken Groll;
Er ist so schon von Wuchse, man seh ihn freundlich an:
Er hat mit seinen Kraften so manche Wunder getan.” (105)
* Da sprach der reiche Konig: “Furwahr, du hast wohl recht.
Wie ritterlich er dasteht, als galt es ein Gefecht,
Dieser kuhne Degen und die in seinem Lehn!
Wir wollen ihm entgegen hinab zu dem Recken gehn.” (106)
* “Das mogt ihr,” sprach da Hagen, “mit allen Ehren schon:
Er ist von edelm Stamme, eines reichen Konigs Sohn;
Auch hat er die Gebarde, mich dunkt, beim Herren Christ,
Es sei nicht kleine Mare, warum er hergeritten ist.” (107)
Da sprach des Landes Konig: “Nun sei er uns willkommen,
Er ist kuhn und edel, das hab ich wohl vernommen:
Des soll er genie?en in Burgondenland.”
Da ging der Konig Gunther hin wo er Siegfrieden fand. (108)
Der Wirt und seine Gaste empfingen so den Mann,
Dass wenig an dem Gru?e gebrach, den er gewann;
Des neigte sich vor ihnen der Degen ausersehn,
Weil ihm so recht freundlich die Gru?e waren geschehn. (109)
“Mich wundert,” sprach der Konig Gunther allzuhand,
“Woher ihr, edler Siegfried, gekommen in dies Land,
Oder was ihr suchen wollet zu Wormes an dem Rhein?”
Da sprach der Gast zum Konig: “Das soll euch unverholen sein. (110)
Ich habe sagen horen in meines Vaters Land,
An euerm Hofe waren (das hatt ich gern erkannt)
Die allerkuhnsten Recken (so hab ich oft vernommen),
Die je gewann ein Konig: Darum bin ich hieher gekommen. (111)
So hor ich auch euch selber Mannheit zugestehn,
Man habe keinen Konig noch so kuhn gesehn.
Das ruhmen viel die Leute uber allem diesem Land:
Nun kann ichs nicht verwinden, bis ich die Wahrheit befand. (112)
Ich bin auch ein Recke und soll die Krone tragen:
Ich mocht es gerne fugen, dass sie von ihr sagen,
Dass ich mit Recht besa?e die Leute wie das Land;
Mein Haupt und meine Ehre setz ich gern dafur zum Pfand. (113)
Seid ihr nun so verwogen, wie euch die Sage zieht,
So frag ich nicht, ists Jemand lieb oder leid:
Ich will von euch erzwingen was euch angehort,
Das Land und die Burgen unterwerf ich meinem Schwert.” (114)
Der Konig war verwundert und all sein Volk umher,
Als sie vernommen hatten sein seltsam Begehr,
Dass er des Willens ware, zu nehmen ihm sein Land:
Das horten seine Recken, die wurden zornig zuhand. (115)
“Wie hatt ich das verdienet?”, sprach Gunther der Degen,
Wes mein Vater lange mit Ehre durfte pflegen,
Dass wir das sollten missen durch jemands Uberkraft?
Das ware schlecht beweisen, dass wir auch pflegen Ritterschaft!” (116)
“Ich kann es nicht verwinden,” fiel ihm der Kuhne drein,
“Es mag vor deiner Herrschaft dein Land befriedet sein:
Ich will es nun verwalten; doch auch das Erbe mein,
Erwirbst du es durch Starke, es soll dir untertanig sein. (117)
“Dein Erbe und das meine, gleich sollen beide liegen;
Und wer dann von uns beiden den andern mag besiegen,
Dem soll es alles dienen, die Leute wie das Land.”
Dem widersprach da Hagen und auch Gernot zuhand. (118)
“So stehn uns nicht die Sinne,” sprach da Gernot,
“Nach neuen Lands Gewinne, dass jemand sollte tot
Vor Heldeshanden liegen: Reich ist unser Land,
Das uns mit Recht gehorsamt, zu niemand besser bewandt.” (119)
Da standen grimmen Mutes umher die Freunde sein;
Da war auch darunter von Metz Herr Ortewein:
Der sprach: “Diese Suhne ist mir von Herzen leid:
Euch ruft der starke Siegfried ohn allen Grund in den Streit. (120)
Steht ihr und eure Bruder ihm auch nicht zur Wehr,
Und ob er bei sich fuhrte ein ganzes Konigsheer,
So wollt ichs doch erstreiten, dass der kuhne Held
Also hohen Ubermut mit gutem Recht bei Seite stellt.” (121)
Daruber zurnte machtig der Held von Niederland:
“Nicht wider mich vermessen darf sich deine Hand:
Ich bin ein reicher Konig, du bist in Konigs Lehn;
Wohl durfen deiner Zwolfe mit Streit mich nimmer bestehn.” (122)
Nach Schwertern rief da heftig von Metz Herr Ortewein:
Von Tronje Hagens Schwestersohn, der durft er wahrlich sein;
Dass der so lang geschwiegen, das war dem Konig leid.
Da unterfing sichs Gernot, der Ritter kuhn und kampfbereit. (123)
Er sprach zu Ortweinen: “Lasst euer Zurnen sein;
Es soll der Degen Siegfried sich nicht mit uns entzwein;
Wir mogens wohl noch scheiden im Guten, rat ich sehr,
Und ihn zum Freunde haben; das geziemt uns wahrlich mehr.” (124)
Da sprach der starke Hagen: “In Wahrheit, mir ist leid,
Und deinen Degen allein, dass er je zum Streit
Her an den Rhein geritten: was lie? er das nicht sein?
Ihm waren nicht so ubel begegnet hier die Herren mein.” (125)
Zur Antwort gab ihm Siegfried, der kraftige Held:
“Wenn euch, was ich gesprochen, Herr Hagen, missfallt,
So will ich schauen lassen, wie noch die Hande mein
So gewaltig wollen bei den Burgonden sein.” (126)
“Das hoff ich noch zu wenden;” sprach wieder Gernot.
Allen seinen Degen zu reden er verbot
In ihrem Ubermute, was ihm ware leid.
Da gedacht auch Siegfried an die viel herrliche Maid. (127)
“Wie geziemt' uns mit euch zu streiten?”, sprach wieder Gernot.
“Wie viel dabei der Helden auch fielen in den Tod,
Uns bracht es wenig Ehre und euch geringen Lohn.”
Zur Antwort gab ihm Siegfried, Konig Siegmundes Sohn: (128)
“Warum zogert Hagen und auch Ortewein?
Was eilt er nicht zum Streite mit den Freunden sein,
Deren er so manchen bei den Burgonden hat?”
Sie blieben Antwort schuldig, das war Gernotens Rat. (129)
“Ihr seid uns hier willkommen,” sprach das Uten-Kind,
“Und eure Heergesellen, die mit euch kommen sind:
Wir wollen gern euch dienen, ich und die Freunde mein.”
Da hie? man den Gasten schenken Konig Gunthers Wein. (130)
Da sprach der Wirt des Landes: “Was uns gehoret an,
Verlangt ihr es in Ehren, das sei euch untertan;
Wir wollen mit euch teilen unser Gut und Blut.”
Da ward dem Degen Siegfried ein wenig sanfter zu Mut. (131)
Da lie? man ihnen wahren all ihr Rustgewand;
Man suchte Herbergen, die besten, die man fand,
Siegfriedens Knechten: die fanden gut Gemach.
Man sah den Fremdling gerne in Burgondenland hernach. (132)
Man bot ihm gro?e Ehre darauf in manchen Tagen,
Mehr zu tausend Malen als ich euch konnte sagen;
Das hatte seine Tugend verdient, das glaubt furwahr.
Ihn sah wohl selten jemand, der ihm nicht gewogen war. (133)
Der Kurzweil sich flie?en die Konge und ihr Bann:
Da war er stets der Beste, was man auch begann;
Es konnt ihm niemand folgen, so gro? war seine Kraft,
Ob sie den Stein warfen oder schossen den Schaft. (134)
So oft sie vor den Frauen in ihrer Hoflichkeit
Der Kurzweile pflagen, die Degen allbereit,
Da sah man immer gerne den Held von Niederland;
Er hatt auf hohe Minne seine Sinne gewandt. (135)
* Die schonen Fraun am Hofe fragten nach der Mar,
Wer doch dieser fremde, stolze Ritter war?
“Er ist so schon von Leibe, so reich ist sein Gewand!”
Da sprachen ihrer Viele: “Das ist der Held von Niederland.” (136)
Was man je begonnte, er war dazu bereit;
Er trug in seinem Sinne eine minnigliche Maid,
Und auch nur ihn die Fraue, die er noch nie geschaut,
Und die ihm doch viel Gutes in der Stille zugetraut. (137)
So oft man auf dem Hofe das Waffenspiel begann,
Ritter so wie Knechte, immer sah es an
Kriemhilde durch die Fenster, die Konigstochter hehr;
Keiner andern Kurzweil bedurfte sie furder mehr. (138)
Und wust er dass ihn sahe, die er im Herzen trug,
So hatt er Kurzweile immer auch genug,
Ersehn sie seine Augen, ich glaube sicherlich,
Wohl keine andre Freude auf Erden erwunscht' er sich. (139)
Wenn er bei den Helden auf dem Hofe stand,
Wie man noch zur Kurzweil pflegt in allem Land,
Wohl stand er dann so minniglich, der Sieglinden-Sohn,
Dass manche Frau ihm zollte der Minne herzlichen Frohn. (140)
Er gedacht auch manche Stunde: “Wie soll das geschehn,
Dass ich das edle Magdelein mit Augen moge sehn,
Die ich von Herzen minne, wie ich schon langst getan?
Die ist mir noch gar fremde; mit Trauern denk ich daran.” (141)
So oft die reichen Konige ritten in ihr Land,
So mussten auch die Recken mit ihnen all zur Hand:
Auch Siegfried ritt mit ihnen; das war den Frauen leid:
Er litt durch ihre Minne Beschwerde zu mancher Zeit. (142)
So wohnt' er bei den Herren, das ist alles wahr,
In Konig Gunthers Lande volliglich ein Jahr,
Dass er die Minnigliche in all der Zeit nicht sah,
Durch die ihm bald vieles Liebes und auch viel Leides geschah. (143)