Harry Potter und der Stein der Weisen, стр. 28

Er drehte sich auf die andere Seite und schlief wieder ein, und als er am nachsten Morgen aufwachte, erinnerte er sich nicht mehr an den Traum.

Der Meister der Zaubertranke

»Da ist er.«

»Wo?«

»Neben dem gro?en rothaarigen Jungen.«

»Der mit der Brille?«

»Siehst du seine Narbe?«

Ein Flustern verfolgte Harry von dem Moment an, da er am nachsten Morgen den Schlafsaal verlie?. Drau?en vor den Klassenzimmern stellten sie sich auf Zehenspitzen, um einen Blick auf ihn zu erhaschen. Andere machten auf dem Weg durch den Korridor kehrt und liefen mit neugierigem Blick an ihm vorbei. Harry mochte das nicht, denn er war noch viel zu sehr damit beschaftigt, den Weg in die Klassenzimmer zu finden.

Es gab einhundertundzweiundvierzig Treppen in Hogwarts: breite, weit ausschwingende; enge, kurze, wacklige; manche fuhrten freitags woandershin; manche hatten auf halber Hohe eine Stufe, die ganz plotzlich verschwand, und man durfte nicht vergessen sie zu uberspringen. Dann wiederum gab es Turen, die nicht aufgingen, au?er wenn man sie hoflich bat oder sie an genau der richtigen Stelle kitzelte, und Turen, die gar keine waren, sondern Wande, die nur so taten, als ob. Schwierig war es auch, sich daran zu erinnern, wo etwas Bestimmtes war, denn alles schien ziemlich oft den Platz zu wechseln. Die Leute in den Portrats gingen sich standig besuchen und Harry war sich sicher, da? die Rustungen laufen konnten.

Auch die Geister waren nicht besonders hilfreich. Man bekam einen furchterlichen Schreck, wenn einer von ihnen durch eine Tur schwebte, die man gerade zu offnen versuchte. Der Fast Kopflose Nick freute sich immer, wenn er den neuen Gryffindors den Weg zeigen konnte, doch Peeves der Poltergeist bot mindestens zwei verschlossene Turen und eine Geistertreppe auf, wenn man zu spat dran war und ihn auf dem Weg zum Klassenzimmer traf Er leerte den Schulern Papierkorbe uber dem Kopf aus, zog ihnen die Teppiche unter den Fu?en weg, bewarf sie mit Kreidestuckchen oder schlich sich unsichtbar von hinten an, griff sie an die Nase und schrie:»HAB DEINEN ZINKEN!«

Noch schlimmer als Peeves, wenn davon uberhaupt die Rede sein konnte, war Argus Filch, der Hausmeister. Harry und Ron schafften es schon am ersten Morgen, ihm in die Quere zu kommen. Filch erwischte sie dabei, wie sie sich durch eine Tur zwangen wollten, die sich unglucklicherweise als der Eingang zum verbotenen Korridor im dritten Stock herausstellte. Filch wollte nicht glauben, da? sie sich verlaufen hatten, und war fest davon uberzeugt, da? sie versucht hatten, die Tur aufzubrechen. Er werde sie beide in den Kerker sperren, drohte er, gerade als Professor Quirrell vorbeikam und sie rettete.

Filch hatte eine Katze namens Mrs. Norris, eine durre, staubfarbene Kreatur mit hervorquellenden, lampenartigen Augen. Sie patrouillierte allein durch die Korridore. Brach man vor ihren Augen eine Regel oder setzte auch nur einen Fu? falsch auf dann flitzte sie zu Filch, der zwei Sekunden spater keuchend vor einem stand. Filch kannte die Geheimgange der Schule besser als alle andern (mit Ausnahme vielleicht der Weasley-Zwillinge) und konnte so plotzlich auftauchen wie sonst nur ein Geist. Die Schuler mochten ihn alle nicht leiden und hatten Mrs. Norris am liebsten einen gepfefferten Fu?tritt versetzt.

Und dann, wenn man es einmal geschafft hatte, das Klassenzimmer zu finden, war da der eigentliche Unterricht. Wie Harry rasch feststellte, gehorte zum Zaubern viel mehr als nur mit dem Zauberstab herumzufuchteln und ein paar merkwurdige Worte von sich zu geben.

jeden Mittwoch um Mitternacht mu?ten sie mit ihren Teleskopen den Nachthimmel studieren und die Namen verschiedener Sterne und die Bewegungen der Planeten lernen. Dreimal die Woche gingen sie hinaus zu den Gewachshausern hinter dem Schlo?, wo sie bei einer plumpen kleinen Professorin namens Sprout Krauterkunde hatten. Hier lernten sie, wie man all die seltsamen Pflanzen und Pilze zuchtete und herausfand, wozu sie nutze waren.

Der bei weitem langweiligste Stoff war Geschichte der Zauberei, der einzige Unterricht, den ein Geist gab. Professor Binns war wirklich schon sehr alt gewesen, als er vor dem Kaminfeuer im Lehrerzimmer eingeschlafen und am nachsten Morgen zum Unterricht aufgestanden war, wobei er freilich seinen Korper zuruckgelassen hatte. Binns leierte Namen und Jahreszahlen herunter, und sie kritzelten alles in ihre Hefte und verwechselten Emmerich den Bosen mit Ulrich dem Komischen Kauz.

Professor Flitwick, der Lehrer fur Zauberkunst, war ein winzig kleiner Magier, der sich, um uber das Pult sehen zu konnen, auf einen Stapel Bucher stellen mu?te. Zu Beginn der ersten Stunde verlas er die Namensliste, und als er zu Harry gelangte, gab er ein aufgeregtes Quieken von sich und sturzte vom Bucherstapel.

Professor McGonagall wiederum war ganz anders. Harry hatte durchaus zu Recht vermutet, mit dieser Lehrerin sei nicht gut Kirschen essen. Streng und klug, hielt sie ihnen eine Rede, kaum hatten sie sich zur ersten Stunde hingesetzt.

»Verwandlungen gehoren zu den schwierigsten und gefahrlichsten Zaubereien, die ihr in Hogwarts lernen werdet«, sagte sie. »Jeder, der in meinem Unterricht Unsinn anstellt, hat zu gehen und wird nicht mehr zuruckkommen. Ihr seid gewarnt.«

Dann verwandelte sie ihr Pult in ein Schwein und wieder zuruck. Sie waren alle sehr beeindruckt und konnten es kaum erwarten, loslegen zu durfen, doch sie erkannten bald, da? es noch lange dauern wurde, bis sie die Mobel in Tiere verwandeln konnten. Erst einmal schrieben sie eine Menge komplizierter Dinge auf dann erhielt jeder ein Streichholz, das sie in eine Nadel zu verwandeln suchten. Am Ende der Stunde hatte nur Hermine Granger ihr Streichholz ein klein wenig verandert. Professor McGonagall zeigte der Klasse, da? es ganz silbrig und spitz geworden war, und schenkte Hermine ein bei ihr seltenes Lacheln.

Wirklich gespannt waren sie auf Verteidigung gegen die dunklen Kunste, doch Quirrells Unterricht stellte sich als Witz heraus. Sein Klassenzimmer roch stark nach Knoblauch, und alle sagten, das diene dazu, einen Vampir fernzuhalten, den er in Rumanien getroffen habe und der, wie Quirrell befurchtete, eines Tages kommen und ihn holen wurde. Seinen Turban, erklarte er, habe ihm ein afrikanischer Prinz geschenkt, weil er dem Prinzen einen lastigen Zombie vom Hals geschafft habe, aber sie waren sich nicht sicher, was sie von dieser Geschichte halten sollten. Als namlich Seamus Finnigan neugierig fragte, wie Quirrell den Zombie denn verjagt habe, lief der rosarot an und begann uber das Wetter zu reden; au?erdem hatten sie bemerkt, da? von dem Turban ein komischer Geruch ausging, und die Weasley-Zwillinge behaupteten steif und fest, auch er sei voll gestopft mit Knoblauch, damit Professor Quirrell geschutzt sei, wo immer er gehe und stehe.

Harry stellte erleichtert fest, da? er nicht meilenweit hinter den andern herhinkte. Viele Schuler kamen aus Muggelfamillen und hatten wie er keine Ahnung gehabt, da? sie Hexen oder Zauberer waren. Es gab so viel zu lernen, da? selbst Schuler wie Ron keinen gro?en Vorsprung hatten.

Ein gro?er Tag fur Harry und Ron war der Freitag. Sie schafften es endlich, den Weg zum Fruhstuck in die Gro?e Halle zu finden, ohne sich auch nur ein einziges Mal zu verirren.

»Was haben wir heute?«, fragte Harry Ron, wahrend er Zucker auf seinen Haferbrei schuttete.

»Doppelstunde Zaubertranke, zusammen mit den Slytherins«, sagte Ron. »Snape ist der Hauslehrer von Slytherin. Es hei?t, er bevorzugt sie immer. Wir werden ja sehen, ob das stimmt.«

» Ich wunschte, die McGonagall wurde uns bevorzugen«, sagte Harry. Professor McGonagall war Hauslehrerin von Gryffindor, und trotzdem hatte sie ihnen tags zuvor eine Unmenge Hausaufgaben aufgehalst.

In diesem Augenblick kam die Post. Harry hatte sich inzwischen daran gewohnt, doch am ersten Morgen hatte er einen kleinen Schreck bekommen, als wahrend des Fruhstucks plotzlich an die hundert Eulen in die Gro?e Halle schwirrten, die Tische umkreisten, bis sie ihre Besitzer erkannten, und dann die Briefe und Packchen auf ihren Scho? fallen lie?en.