Mauern aus Holz, Manner aus Eisen: Admiral Bolitho am Kap der Entscheidung, стр. 50

Sie lehnte den Kopf an seine Schulter.»Ich wei?. Aber denk nicht daran. Nicht jetzt.»

Er blickte ins Feuer, in dem ein Schwarm Funken aufstieg.»Noch etwas, Kate. Es war soviel zu tun nach Olivers und dann noch Dulcies Tod, deshalb kam ich nicht dazu, es dir zu sagen. Verstehst du?»

Sie bog sich in seinen Armen zuruck, als suche sie die Gedanken hinter seiner Stirn.»Du siehst aus wie ein kleiner Junge, der ein

Geheimnis hat«, flusterte sie.

«Die Arzte konnen nichts mehr fur mein Auge tun«, berichtete er sachlich. Und atmete erleichtert auf, weil es nun endlich gesagt war.

Sie loste sich aus seinen Armen, fuhrte ihn zum Fenster und stie? es auf.»Kirchenglocken, Liebling, horst du? Die Weihnachtsglocken!»

Sie hielten einander fest, wahrend die Glocken der Kirche von Charles the Martyr ihr frohliches Gelaut uber Stadt und Hugel ertonen lie?en.»Ku? mich«, sagte sie,»es ist Mitternacht. Weihnachtsmorgen!»

Danach schlo? sie leise das Fenster und sagte:»Sieh mich an, Richard. Wenn mein Auge verletzt ware, was wurdest du tun? Es wurde dich genausowenig storen wie mich deines. Wir leben weiter und geben die Hoffnung nicht auf. Kein Arzt ist unfehlbar.»

Es klopfte an der Tur, Ozzard stand vor ihnen mit einer Flasche und zwei Glasern. Verlegen sah er sie an.»Ich dachte, das ware jetzt das Richtige fur Sie, Mylady. «Es war Champagner, gekuhlt mit dem Eis des Flusses.

Bolitho dankte Ozzard, der schnell den Raum verlie?, und offnete die Flasche selber.

«Das einzig Gute, das aus Frankreich kommt!«Catherine warf den Kopf zuruck und lachte wie damals im Lustgarten.

Bolitho sagte:»Wei?t du, da? dies seit meiner Kadettenzeit das erste Weihnachten ist, das ich zu Hause verlebe?»

Sie schlug die Bettdecke zuruck, das halbvolle Glas noch in der Hand. Dann stellte sie es ab, lie? den Mantel fallen und sah ihn aus ihren dunklen Augen an.»Komm, das wollen wir feiern.»

Bolitho ku?te ihre Bruste, benetzte sie mit Champagner, ku?te sie wieder.

«Komm!«flusterte sie.»Bin ich denn ein Stein, da? du mich so lange warten la?t?»

Ferguson und Allday uberquerten den Hof, um noch ein Glas zu trinken, ehe im Haus die Festlichkeiten losbrachen. Allday sah oben Kerzenlicht hinter einem Fenster brennen und seufzte. Ferguson, sein Freund seit den Tagen auf der Phalarope, ahnte, was in ihm vorging. Dem Bootssteurer fehlte eine Frau, in deren Arme er Liebe gefunden hatte.

«Erzahle, John«, lenkte er ihn ab.»Was ist geschehen? Wir haben nur Geruchte gehort.»

Allday berichtete.»Und dann ist Herricks Frau gestorben. Von unserer Lady bis zuletzt gepflegt. Soll man's glauben?»

Ferguson zog ihn durch eine Tur. Seine Frau Grace war schon zu Bett gegangen.»Hier, das ist unser bester Rum.»

Allday trank und hustete.»Der bringt aber Wind in die Segel! Woher hast du den?»

«Von einem Schiffer, der ihn aus Port Royal mitbrachte. «Ferguson hob sein Glas.»Willkommen zu Hause, alter Freund!»

Allday grinste. Das hatte auch Bolitho sagen konnen.»Und einen Schluck auf die, die nie mehr zuruckkehren!«Er lachte kollernd, und die Katze, die vor dem Kamin schlief, offnete erschrocken die Augen.

«Auch einen auf die Offiziere — jedenfalls auf einige von ihnen!»

Als Ferguson die zweite Flasche offnete, sagte Allday leise:»Gott schutze euch!»

Kurz darauf wurde das Fenster druben dunkel. Von fern klang das Rauschen der See durch die Nacht.

XVI Das Nordseegeschwader

Seiner Britannischen Majestat Schiff Black Prince schien einen Augenblick zu zogern, ehe es seine eintausendachthundert Tonnen ins nachste Wellental hinabgleiten lie?. Achtern in der gro?en Tageskajute trank Bolitho seine letzte Tasse Morgenkaffee und staunte immer noch, wie leicht das gewaltige Schiff diese schwere See nahm. Es war jetzt acht Uhr morgens, und er horte die Stimmen der ablosenden Wache oben nur sehr gedampft. Auf dem Dreidecker lag die Admiralskajute weit entfernt vom Dienstbetrieb, er schien hier geschutzter zu leben; die Offiziersmesse lag unter ihm und Kommandant Keens Kajute uber ihm. Und zum ersten Mal geno? er den Luxus einer privaten Heckgalerie. Seine Tageskajute war mit wertvollen Holzern getafelt und auf das sorgfaltigste ausgemalt worden. Die Bank unter den Heckfenstern war mit grunem Leder gepolstert, ebenso die Stuhle. Catherine mit ihrem sicheren Geschmack hatte nichts Besseres auswahlen konnen, dachte er. Doch uberall auf dem Leder glitzerte Feuchtigkeit, die Luft war kalt und ungemutlich. Den siebenhundert Seeleuten und einhundert

Soldaten an Bord wurde es noch schlimmer gehen. Sie waren erst dabei, sich mit dem riesigen Schiff vertraut zu machen.

Allday trat ein und meldete:»Eis bildet sich an Deck, Sir Richard. Und das am 1. Februar!»

«Und sonst, Allday?«fragte Bolitho den Mann, der auf dem Schiff sein Auge und Ohr war.

Allday hob die Schultern und verzog das Gesicht. Seine Wunde schmerzte in der Kalte haufiger.»Die Leute sind noch unruhig und unsicher. Aber ich mu? schon sagen, Sir Richard, fur ein so gro?es Schiff segelt sie verdammt schnell. Noch ein paar Wochen Drill, dann hat Kapitan Keen eine sehr gute Besatzung.»

Bolitho verstand. Auf neuen Schiffen mu?te auch die Crew alles von neuem lernen. Black Prince war keine wendige Fregatte. Mit ihrem hohen Rumpf, den vierundneunzig Kanonen in drei Batteriedecks und den je zwei Karronaden vorn und achtern verlangte sie eine gut eingespielte Mannschaft.

«Ich habe Pfeifen gehort. Um was geht's?»

Ozzard machte sich an dem Schrank zu schaffen, den Catherine ihm fur die neue Kajute geschenkt hatte. Ein Schrank aus Mahagoni mit einem Kuhler fur kostbare Weine und makellos glanzenden Turen, in die das Wappen der Bolithos eingelegt war.

«Es hie? alle Mann an Deck als Zeugen einer Bestrafung, Sir Richard.»

Bolitho sah ihn nachdenklich an. Keen ha?te sonst Auspeitschungen, im Gegensatz zu vielen anderen Kapitanen, die es gern mit der neunschwanzigen Katze hielten. Erst kam bei ihnen die Strafe, spater die Untersuchung.

Vor der Tur stie? der Posten den Gewehrkolben auf den Boden. Um diese Stunde kam gewohnlich Keen, nachdem er das Log gepruft hatte, die neue Wache aufgezogen war und er das Tagespensum mit dem Ersten Offizier besprochen hatte.

Er trat ein und meldete zur Begru?ung:»Ein steifer Nordwest, Sir Richard. «Er nickte Allday zu.»Aber die Decks sind trocken. Das Schiff fuhlt sich wohl in solchem Wetter. «Trotzdem sah er erschopft aus und hatte dunkle Schatten unter den Augen.»Wenn der Wind durchsteht, werden wir das Geschwader gegen Mittag erreichen.»

Bolitho merkte, da? Ozzard und Allday die Kajute verlassen hatten.»Nehmen Sie Platz, Val. Ist sonst alles in Ordnung?»

Keen sah durch die salzverkrusteten Fenster.»Es gibt ein paar alte Bekannte an Bord. Das sollten Sie wissen, ehe Sie zufallig auf sie treffen.»

Hinter den dicken Scheiben hob sich die See fast lautlos und sackte wieder weg. So war es immer, auf jedem Schiff traf man Bekannte. Die Navy war da wie eine Familie oder wie ein Gefangnis. Und mit den bekannten Gesichtern kamen die alten Erinnerungen wieder.

«Danke, Val, das ist richtig. Ich habe mich an Deck kaum sehen lassen, mit Absicht.»

Ein Deck tiefer erzitterte der Ruderschaft unter dem Anprall eines Brechers. Das war bis hier oben zu spuren.

«Wie hat sich mein Neffe zurechtgefunden? Mit seinen Erfahrungen im Dienst der East India Company mu?te er sich bald zum Leutnantsexamen melden konnen.»

Keens Stirn legte sich in Falten.»Darf ich offen sprechen, Sir Richard? Wir kennen uns doch lange und gut genug…»

«Das erwarte ich auch von Ihnen, Val. Wir sind Freunde, und das hat mit unserem Dienstrang nichts zu tun. «Er sah die Unsicherheit in Keens Gesicht.»Sie haben an Bord das Kommando, nicht ich.»

«Ich mu?te eine Auspeitschung anordnen. Der Delinquent namens Fittock hatte angeblich Midshipman Vincent widersprochen, Ihrem Neffen. Und sein vorgesetzter Leutnant besitzt noch nicht viel Erfahrung.»