Donner unter der Kimm: Admiral Bolitho und das Tribunal von Malta, стр. 12

«Ich habe sie sehr gern, Sir«, sagte Keen leise. Er schaute trotzig auf, als erwarte er eine Explosion.

«Das wei? ich, Val, schon seit dem Tag, an dem Sie sie im Krankenrevier besuchten, vielleicht auch fruher. «Er nickte.»Das ware also geregelt.»

Keen stellte sein leeres Glas ab. Er hatte getrunken, ohne es uberhaupt zu merken.

«Aber es ist unmoglich! Schon der Gedanke ist Wahnsinn!»

«Wie alt sind Sie, Val?«fragte Bolitho.»Funfunddrei?ig oder sechsunddrei?ig?»

«Ein Jahr alter, Sir. Und Zenoria ist ein junges Madchen.»

«Eine Frau, Val, merken Sie sich das. Und mit den Jahren macht der Altersunterschied nicht mehr so viel aus. «Er legte den Kopf schief und mu?te uber Keens Ausdruck lacheln.

Vielleicht hatte er den beiden einen Barendienst geleistet. Denn es war auch denkbar, da? der Gouverneur von Gibraltar ihr den Aufenthalt versagte. Dann wurde sie doch noch nach Australien transportiert.

Doch wenigstens war jetzt die Wahrheit heraus, was Bo-litho uberraschend erleichternd fand.

«Ich mache mir doch nur was vor, Sir«, sagte Keen.

Bolitho beruhrte seinen Arm.»Wir werden sehen. «Er schaute zum Skylight auf, als drau?en ein Ruf des Ausgucks erklang. Eine Minute spater stand der Midshipman der Wache atemlos in der Tur.

«Verzeihung, Sir. «Er schaute erst Keen, dann seinen Admiral an.»Empfehlung von Mr. Paget, wir haben gerade ein Segel gesichtet, Sir.»

Es war Midshipman Hext, der sich in der gro?en Kajute neugierig umsah und zweifellos Einzelheiten fur seinen nachsten Brief sammelte.

Bolitho lachelte.»Und werden wir auch noch erfahren, wo dieses Segel steht?»

Der Junge wurde rot.»Tut mir leid, Sir Richard — im Sudosten.»

«Mein Kompliment an den Ersten Offizier, und ich komme gleich an Deck. «Keen schien noch immer nur mit halbem Herzen bei der Sache.

«Signal an Rapid: Sie soll erkunden«, sagte Bolitho.»Mag sein, da? wir etwas von den Franzosen horen.»

Keens Augen wurden klar.»Aye, Sir. «Dann war er verschwunden.

Doch was sie horten, war ernster als erwartet.

Als das andere Schiff sich naherte, wurde es bald als die Barracouta identifiziert. Bolitho nahm sich ein Fernrohr und trat zu Keen an die Querreling, wo er zusah, wie Lapish sich nach Luv kampfte, um naher an das Geschwader heranzukommen.

Auf den Rahen arbeiteten Manner, mehrere Segel trugen Flicken. Unter Bolithos Augen wurde Ersatztauwerk nach oben gehievt, und die Reparaturen wurden selbst beim Wenden nicht unterbrochen.

«Sie war im Gefecht. «Keen nickte seinem Ersten Offizier zu.»Klar zum Beidrehen.»

Bolithos Miene blieb ausdruckslos, aber die Manner auf dem Achterdeck starrten ihn erschreckt an. Es ging also schon los. Mit der trugerischen Ruhe war es vorbei.

«Sie haben recht, Val. Kapitan Lapish soll sofort an Bord kommen.»

Eine Stunde spater sa? Lapish in Bolithos Kajute. Er schien gealtert zu sein, seit er das Geschwader verlassen hatte, um Depeschen nach Gibraltar zu bringen.

«Ich sichtete in Kustennahe einen Schoner und wollte ihn uberprufen. «Lapish nahm dankbar von Ozzard einen Becher Wein entgegen.»Aber ehe ich mich's versah, kamen zwei franzosische Fregatten vorm Wind um die Landzunge.»

Bolitho sah Verzweiflung und Kummer im Gesicht des jungen Kommandanten. Der Schoner war nur ein Koder gewesen, und die beiden Feindschiffe hatten Lapish fast auf eine Leekuste getrieben.

«Ich sehe mir Ihren Bericht spater an. «Bolitho musterte ihn streng.»Haben Sie Leute verloren?»

Lapish nickte, seine Augen waren stumpf.»Zwei, Sir.»

Dabei hatte er recht daran getan, vor den Angreifern zu fliehen; angesichts der schnelleren und besser bewaffneten Ubermacht blieb ihm keine andere Wahl.

Aber hatte auch ich so gehandelt! Bolitho schaute ihn an.»Und wie sieht es in Gibraltar aus?»

Lapish ri? sich zusammen.

«Gibraltar ist geschlossen, Sir«, sagte er. Er legte einen dicken Umschlag auf den Tisch und fugte hinzu:»Wegen Fieber. Die halbe Garnison ist erkrankt.»

Bolitho schritt durch die Kajute und wieder zuruck. Gibraltar war fur seine Fieberausbruche beruchtigt, aber mu?te das ausgerechnet jetzt passieren?

«Es gibt keinen todlicheren Feind. «Er schaute Keen an.»Wir werden also vor der Kuste ankern mussen, bis wir Naheres erfahren. «Zu Lapish sagte er:»Sie kehren zuruck auf Ihr Schiff. «Gern hatte er seinen Schmerz geteilt, ihm sein Mitgefuhl ausgesprochen, aber die Lektion mu?te wirken. Also sagte er scharf:»Sie konnen von Gluck reden, da? Sie uberhaupt noch eins haben.»

Keen begleitete den geknickten Lapish zur Reling.

Fieber. Bolitho schauerte. Allein schon das Wort rief den Alptraum zuruck, dem er beinahe erlegen ware. Er schuttelte sich und versuchte zu erwagen, in welchem Ausma? ihre Plane von der Nachricht betroffen wurden. Da ihnen Gibraltar nun verschlossen war, lag die Entscheidung uber Zenorias Schicksal allein bei ihm.

Er lachelte grimmig. Nun war er kein unbeteiligter Zuschauer mehr.

IV Der Koder

Unter dem Donner des verhallenden Saluts drehte das kleine Geschwader in den Wind, und die Schiffe gingen nacheinander vor Anker.

Bolitho stand an den Finknetzen und sah die Erleichterung in Keens Gesicht. Obwohl auf allen Schiffen so viele Neulinge waren, hatte das Manover ordentlich geklappt.

Er wandte sich um und sah zu dem machtigen Felsen von Gibraltar auf. In der Vergangenheit war er immer ein Zufluchtsort, ein sicherer Ankerplatz gewesen; nun wirkte er bedrohlich.

Es lagen nur wenige Kriegsschiffe da, alle in der Nahe des zweiten Straflingstransporters Philomela und einiger einheimischer Schiffe. Mehrere Wachboote kreuzten dazwischen. Bolitho sah, da? sie Seesoldaten an Bord hatten und mit mindestens einer Drehbasse bestuckt waren. So ernst war die Lage also.

«Wir rufen heute die Kommandanten zusammen, Val.»

Er sah, wie Keen sein Fernrohr auf ein Boot richtete, das aufs Flaggschiff zuhielt.»Aye, Sir. Ich glaube, wir bekommen Besuch.»

Das Boot stoppte, die Riemen hielten das Wasser, wahrend die Mannschaft den Zweidecker anstarrte, als gehore er zu einer anderen Welt. Im Heck stand ein Kapitan, der zu Argonautes Achterdeck hochblinzelte.

«Ich darf nicht an Bord, Sir Richard. Im Hafen und auf Reede hat der Gouverneur den Befehl ubernommen, denn der Admiral ist krank. «Er sprach langsam und gelassen, als sei er sich der zahllosen Augen und Ohren bewu?t.

Bolitho ging zur Schanzkleidpforte und sah auf das Boot hinab. Die Manner darin hatten vermutlich alles darum geben, an Bord gelassen zu werden.

Der sonnverbrannte Kapitan fuhr fort:»Ich habe die Brigg Firefly als Kurier zu Lord Nelson geschickt.»

Seltsamerweise war bisher nur Inch dem kleinen Admiral begegnet und erzahlte immer wieder von dem Erlebnis. Nun mochte Adam ihn treffen.

«Wie ich hore, haben Sie Offiziersfrauen mitgebracht, Sir Richard. Wenn sie an Land gehen wollen, mussen sie das jetzt tun. Es ist ihr gutes Recht, bei ihren Mannern zu sein. Aber verlassen konnen sie die Kolonie erst, wenn dieses Fieber vorbei ist.»

Bolitho sah die Orontes vor Anker schwojen. In ihrer Nahe hielt sich ein Wachboot auf, das verhindern sollte, da? jemand an Land schwamm.

So viele Plane mu?ten gemacht werden. Wasser, Proviant, Reparaturen — das Geschwader brauchte all dies und noch mehr.

«Ich habe fur Sie Depeschen vom Gouverneur, Sir Richard. «Eine Mappe wurde an einem Bootshaken zu den Rusten emporgereicht. Bolitho sah, wie Carcaud, der schlaksige Gehilfe des Schiffsarztes, sich vorbeugte und sie mit einem Beutel aus Baumwolle ergriff. Tuson ging kein Risiko ein.

Bolitho spurte Keens Blick auf sich ruhen, als er rief:»Alle Offiziersfrauen befinden sich auf der Helicon. Ich habe nur eine Frau an Bord.»