Admiral Bolithos Erbe: Ein Handstreich in der Biskaya, стр. 67

«Der beste, den ich auftreiben konnte, Sir«, erlauterte Allday.»Nur um eine Kleinigkeit schwerer, als Sie es gewohnt sind. «Er deutete uber Bord in die Dunkelheit.»War das Mr. Browne?»

«Ja. Er wu?te vorher, da? er's schaffen wurde. Leider Gottes gab es keinen anderen Weg.»

Allday seufzte.»Ihm war bekannt, worauf er sich einlie?, Sir.»

Midshipman Stirling machte sich bemerkbar.»Es wird schon heller, Sir.»

Bolitho lachelte.»Das stimmt. «Dann wandte er dem Jungen den Rucken zu und sagte leise zu Allday:»Etwas mu? ich dir unbedingt noch sagen…«Der Bootsfuhrer zuckte zuruck, als ahne er Bolithos Worte im voraus.»Falls — ich sage ausdrucklich >falls< — ich heute fallen sollte.»

«Schauen Sie, Sir. «Mit gespreizten Handen unterstrich Allday jedes Wort.»Alles, was ich gesagt oder getan habe, seit wir auf dieses Schiff gekommen sind, hat nichts mehr zu bedeuten. Wir werden es so gesund uberstehen wie immer, glauben Sie mir, Sir.»

«Aber fur den Fall«, beharrte Bolitho,»da? es anders kommt, mu?t du mir versprechen, da? du nie mehr zur See fahren wirst. Man wird dich in Falmouth nicht entbehren konnen. Kummere dich dort um alles. «Er ignorierte Alldays verzweifelten Protest.»Gib mir bitte dein Wort darauf.»

Allday nickte trube.

Bolitho zog seinen neuen Sabel aus der Scheide und fuhrte einen Probehieb durch die Luft. In der Nahe stehende Matrosen und Seesoldaten, die es beobachtet hatten, stie?en einander an, und einer brach in Hochrufe aus.»Wir werden es den Schweinehunden schon zeigen, Sir!»

Bolitho lie? den Arm sinken.»Jetzt bin ich bereit, Allday«, sagte er.

Kapitan Inch legte die hohlen Hande um den Mund und rief:»Gehen Sie auf Steuerbordbug, Mr. Graham!»

«Achterdeckswache — an die Besanbrassen!»

Als Odin uber Stag ging und sich dann wieder hoch am Wind der See entgegenwarf, stand Bolitho mitten im Gewuhl und fuhlte sich doch seltsam distanziert von allen.

Frohlich meldete Inch:»Noch immer nichts zu sehen von den Franzosen, Sir!»

Bolitho blickte zu den angebra?ten Rahen und den eisenharten Segeln hinauf, hinter denen der Himmel schon heller wurde.

«Die werden schon noch kommen. «Sein Blick fiel auf die Admiralsflagge, die — im grauen Licht noch farblos — steif vom Be-sanmasttopp auswehte.»Machen Sie eine zweite Flagge klar zum Hei?en, Mr. Stirling«, befahl er und stellte fest, da? er tatsachlich zu Inch hinuberlacheln konnte.»Remond soll wissen, gegen wen er kampft. Deshalb setzen Sie die Reserveflagge, wenn die erste weggeschossen werden sollte.»

Allday studierte Bolithos Gesicht und wunderte sich nicht zum erstenmal uber sein Geschick, die Leute um ihn herum mit einem Blick, einem Wort in Begeisterung zu versetzen. Trotzdem uberfiel ihn plotzlich bange Sorge, und er fragte sich, ob Bolitho fur diese trotzige Geste nicht einen zu hohen Preis wurde zahlen mussen.

Fahles Gold lie? die Hugelkamme der fernen Kuste aufleuchten, und kurz danach rief Inch triumphierend:»Wir sind an dem franzosischen Geschwader vorbei, Sir!«Bolitho warf Allday einen Blick zu und lachelte. Von ihm wenigstens fuhlte er sich verstan-deDn.ann sagte er:»Also gut, Kapitan Inch. Lassen Sie die Kanonen ausfahren, wenn Sie soweit sind.»

XVI Ein zerstobener Traum

Leutnant Searle stand auf der langen Leiter und spahte zu dem komplizierten Arrangement aus Flaschenzugen und Blocken auf, das vom Dach herabhing. Offenbar gehorte es zu der Metallstruktur oben auf dem Turm, dem Semaphor. Er rief nach unten:»Kein Wunder, Oliver, da? sie fur diese Arbeit Seeleute brauchen. Keine Landratte konnte diese Wulings jemals entwirren. «Er tatschelte die feuchten Mauersteine und verzog das Gesicht.»Wir brauchen eine mordsgro?e Sprengladung, wenn wir den ganzen Turm umlegen wollen. «Browne starrte zu ihm hoch.»Den ganzen Turm?»

Searle winkte schon den einen seiner beiden Sprengmeister heran.»Hier hinauf, Jones! Aber ein bi?chen schnell, Mann!«Zu Browne gewandt fuhr er fort:»Diese Kirche hat Mauern, so dick wie eine Festung. Was glauben Sie, wie lange die Franzosen brauchen wurden, um neue Signalarme zu installieren?»

Searle sprang auf die Plattform und rief zu seinem Sprengmeister Jiinunter:»Pack die Ladung fest unter die Treppe an der Au?enwand. Das sollte reichen. «Als der andere schwieg, fuhr er ihn an:»Oder nicht?»

Jones rieb sich das Kinn und warf einen schragen Blick auf die Falltur uber ihm.

«Ich schatze schon, Sir.»

Damit kletterte er wieder hinunter und besprach sich mit seinem Kameraden am Fu? der Leiter.

«Alberner Narr!«Searle stie? die Falltur auf.»Macht sich in die Hosen, blo? weil's eine Kirche ist! Man konnte meinen, wir hat-ten's plotzlich mit lauter Heiligen zu tun.»

Sowie Searle durch die Falltur nach oben verschwunden war, folgte ihm Browne ins Freie, wo ihn sofort ein eisiger Wind empfing.

Aber Searle kochte immer noch.»Die Kirche hat mehr Sunden begangen als alle Seeleute zusammen, wette ich.»

«Fur einen so jungen Mann sind Sie sehr zynisch.»

Browne trat zu einer Schie?scharte und starrte auf die See hinaus. Noch konnte er sie in der Dunkelheit nicht sehen, aber er roch ihren scharfen Salzgeruch; die Mauerkrone war dick besat mit Mowendung.

Hinter sich horte er Searle leise auflachen.»Mein Vater ist Pastor — ich wei? Bescheid.»

Von unten drang das dumpfe Poltern herauf, mit dem ein Korper uber Stufen geschleift wurde, und Browne erinnerte sich daran, da? der franzosische Seemann nicht einmal eine Waffe getragen hatte, als er von Cooper niedergemacht worden war. Dann fielen ihm die neugierigen Blicke der Franzosen ein, die die Stra?e gesaumt hatten, auf der sie als Gefangene abtransportiert worden waren. Warum hatten sie auch mit dem Schlimmsten rechnen sollen? Genausowenig wurde ein Englander im Norden oder Westen des Landes erwarten, plotzlich vor einem Franzosen zu stehen.

«Sir!»

«Nicht so laut!«Searle warf sich hin und spahte durch die Falltur hinunter.»Was ist los?«»Da kommt jemand!»

Browne lief schnell zu einer anderen Schie?scharte, die uber dem Eingang zum Turm liegen mu?te, und spahte hinunter. Ein Pfad aus helleren Steinen fuhrte auf die Tur zu, und noch wahrend er hinsah, glitt eine Gestalt heran; gleich danach erklang ein metallisches Klopfen.

«Holle und Teufel!«Searle hastete die Leiter hinunter.»Der kam schneller als gedacht!»

Browne folgte ihm zum oberen Ende der Steintreppe und horte Searle unten schon kommandieren:»Scharr mit den Fu?en, Mou-bray! Und du machst die Tur auf, wenn ich dir ein Zeichen gebe!»

Browne hielt sich an der Leiter fest und wagte kaum zu atmen. Nach der Dunkelheit auf dem Dach wirkte die Szene vor der Tur grell und dramatisch. Searles Breeches hoben sich sehr wei? von den alten Steinen der Mauer ab; neben ihm scharrte Moubray mit den Fu?en, als schlurfe er auf die Tur zu. Dann drehte sich der Schlussel knirschend im Schlo?, und der Turflugel schwang langsam nach innen auf. Mit einem ungeduldigen Ausruf trat der Neuankommling hastig ins windgeschutzte Innere.

Dann ging alles blitzschnell, und doch kam es Browne so vor, als dehnten sich die Sekunden zu einer Ewigkeit. Der Fremde — ein franzosischer Matrose — stand erstarrt mit offenem Mund da und stierte den Halbkreis geduckter Figuren an, der ihn umgab. Searle hatte seinen Sabel gezogen, Jones hielt die Muskete, zum Zuschlagen bereit, hoch uber seinen Kopf.

Plotzlich ein wirres Durcheinander: Mit einem Aufschrei fuhr der Franzose zur Tur herum, wahrend Jones den Kolben seiner Muskete auf ihn niedersausen lie?. Aber keiner hatte an die Blutlache gedacht, die sich am Fu? der Treppe, wo der erste Matrose abgeschlachtet worden war, gesammelt hatte. Jones schrie entsetzt auf, als die Fu?e unter ihm wegrutschten; in weitem Bogen flog die Muskete aus seinen Fausten, ein Schu? loste sich und knallte in dem engen Raum betaubend laut. Die Kugel traf Jones ins Gesicht und fuhr danach splitternd in die Steinmauer.