Eine letzte Breitseite: Kommodore Bolitho im ostlichen Mittelmeer, стр. 20

San Martin schlug die Eingangsklappe auf, trat in das dammerige Zelt und musterte Brot und Wein.»Gut«, sagte er,»sehr gut.»

«Dieses Trompetensignal eben«, fragte Pascoe,»bedeutete das Gefahr?»

San Martin sah ihn forschend an.»Unwichtig. Fur Sie jedenfalls. «Er ging im Zelt herum wie ein Tier im Kafig.»Ich wollte Sie noch heute an Bord bringen lassen. Aber damit mu? ich nun bis morgen warten. Ich schicke Sie nach Toulon. Der franzosische Admiral hat mehr Zeit als ich fur solche Dinge.»

«Es ist eben Krieg, Sir«, sagte Allday ernst.

San Martin sah ihn lange an.»Auf einem guten Pferd in die Schlacht zu reiten, das ist Krieg«, sagte er schlie?lich.»Aber nicht, dieses dreckige Gesindel hier zu befehligen. «Er blieb am Zelteingang stehen.»Ich werde Sie wahrscheinlich nicht wiedersehen.»

Sie warteten, bis seine Schritte verhallt waren; dann sagte Allday:»Gott sei Dank!»

Pascoe fuhr sich durchs Haar, um Staub und Sand zu entfernen.»Er behalt seine Schiffe bis morgen hier«, uberlegte er laut.»Also mu? unser Schiff ganz in der Nahe sein.»

Allday blickte zur Zeltwand, die von dem hei?en Wind nach innen gedruckt wurde.

«Wenn der Wind so bleibt wie jetzt, Mr. Pascoe, dann kommt die Lysander bestimmt in die Bucht.»

«Sind Sie denn sicher, da? es die Lysander ist?«fragte Pascoe eindringlich.

«Sie etwa nicht?»

«Doch«, nickte Pascoe.

«Dann kommt sie in der Nacht oder bei Morgengrauen, schatze ich«, sagte Allday und trank einen Schluck Wein.»Also mussen wir die Kopfe zusammenstecken und uns was ausdenken, um sie zu warnen.»

Er dachte daran, was Pascoe vorhin gesagt hatte: Es wird lange dauern, bis wir wieder in England sind — wenn uberhaupt. Was sie unternehmen konnten, um das Schiff zu warnen, und was das Ergebnis auch sein wurde — eins war sicher: Sie wurden beide teuer dafur bezahlen mussen.

V Der einzige Ausweg

Bolitho zog sich den Dreispitz fester in die Stirn. Die schwere, vierunddrei?ig Fu? lange Barkasse der Lysander stampfte in den kabbeligen Wellen; Gischt durchweichte die Insassen. Er spahte nach achtern, doch das Schiff war bereits im Dunkel verschwunden; er konnte gerade noch die wei?en Schaumstreifen an den Riemen der beiden Kutter sehen, die mit ihm auf gleicher Hohe lagen. Trotz der sorgfaltigen Vorbereitungen, obwohl die Eichenriemen mit oligen Lappen umwickelt und alle Waffen gut verstaut waren, kamen ihm die Gerausche schrecklich laut vor.

Er wandte seine Aufmerksamkeit jetzt nach vorn. Dort konnte er eben noch den Umri? der Gig ausmachen und gelegentlich ein phosphoreszierendes Aufspritzen, wenn ein Matrose im Bug mit dem Lot die Wassertiefe kontrollierte.

Das Kommando in der Gig fuhrte Plowman, Erster Steuermannsmaat der Lysander, vom Master selbst empfohlen. Wenn Grubb nicht selbst mitmachte, dann war Plowman der Nachstbeste, dachte Bolitho. Grubb hatte ihm mit seinem tiefen Brummen anvertraut, Plowman hatte in Friedenszeiten auf einem walisischen Handelsschiff diese Kuste befahren.»Das behauptet er wenigstens, Sir. Aber ich schatze, er hat mit den Arabern 'n bi?chen schwarzes Elfenbein gehandelt.»

Sklavenhandler oder nicht — jedenfalls fuhrte Plowman die Flottille der uberladenen Boote ohne die geringste Unsicherheit geradewegs auf die Kuste zu.

Seltsam: je wichtiger die Arbeit, um so fragwurdiger ist der Mann, den man dazu am notigsten braucht, uberlegte Bolitho.

Gilchrist, der neben ihm sa?, konnte offenbar seinen knochigen Korper nicht ruhig halten, er klemmte den Degen zwischen die Knie und keuchte nervos.

Bolitho versuchte, nicht an die Moglichkeit einer Katastrophe zu denken; nicht an die Musketen und Sabel, die vielleicht da druben in der Finsternis schon darauf warteten, ihn und seine Manner noch in der Brandung niederzumachen. Wahrscheinlich dachte Gilchrist mehr oder weniger dasselbe.

In einem Kutter war ein Rudergast aus dem Takt gekommen; nervos rief Steere, der Funfte Offizier:»Aufpassen da! Zu — gleich!»

Die Boote waren uberladen mit Matrosen und Seesoldaten, und das Pullen kostete eine Menge Kraft. Da war es nicht zu vermeiden, da? die Riemen quietschten, die Manner keuchten und fluchten.

«Die Gig hat beigedreht, Sir«, rief der Bugmann.

Bolitho beugte sich vor: jetzt sah er, da? die langen wei?lichen Streifen nicht mehr von Plowmans Riemen kamen, sondern von der Brandung stammten.

«Auf Riemen, alle Mann!«Der Bootssteuerer der Barkasse packte seine Ruderpinne fester.»Achtung im Boot!»

«Verdammt, ich sehe uberhaupt nichts«, fluchte Gilchrist.

Beide Kutter stampften heftig. Die hellen Bootskorper, leuchtend in der Finsternis, wurden von der Stromung abgetrieben.

Stahl klirrte, Stiefel scharrten: die Marine-Infanteristen machten sich zum Aussteigen fertig. Jetzt brauchte nur einer seine Muskete irrtumlich abzufeuern oder gegen den Matrosen zu fallen, der die Rei?leine der auf einem Dreifu? montierten Drehbasse hielt, und mit aller Heimlichkeit war es vorbei.

Bolitho hielt den Atem an, als Plowmans Gig aus der Finsternis auftauchte, an die Barkasse stie? und kaum dabei erzitterte. Hande streckten sich aus und hielten die Boote fest, dumpf polternd tauchte Plowman in der Achterplicht auf und murmelte:»Das ist 'n ganz ordentlicher Strand, Sir. «Wei? glanzten seine Zahne, und er atmete so ruhig, als mache ihm die Sache Spa?. Vielleicht dachte er an die Zeiten, als er mit seiner Crew hier lebende Fracht ubernommen hatte.»Nicht sehr breit, aber so, wie das Wasser aussieht, sind wir hier sicherer, als wenn wir noch weiter suchen.»

«Recht so.»

Bolitho versuchte, nicht an die Zeit zu denken. Es war wie ein inneres Stundenglas, in dem der Sand gnadenlos abrann.»Dann fahre ich also vor«, sagte Plowman und wandte sich um;

doch Bolitho hielt ihn an.»Sobald wir an Land sind, ubernehmen Sie die Wache bei den Booten, Mr. Plowman. Sie haben Ihre Sache sehr gut gemacht. Ich werde dafur sorgen, da? es Ihnen nicht vergessen wird.»

Plowman protestierte:»Einer von meinen Leuten kann doch die Boote bewachen, Sir!»

«Nein. Wir brauchen Sie spater noch. Ich will nicht, da? mir der Mann, der Mr. Grubbs rechte Hand ist, in Spanien verlorengeht. Der Master wurde mir das nie verzeihen!»

Ein paar Manner lachten leise, und Plowman seufzte:»Da haben Sie vielleicht recht, Sir.»

Funfzehn Minuten spater liefen die Gig und die gro?e Barkasse auf harten Sand, Matrosen sprangen uber Bord und bis zum Gurtel ins Wasser, Waffen wurden herausgereicht, das Ruder belegt, Bo-litho und Gilchrist rannten, Degen in der Hand, den Strand hinauf.

Dies war der kritische Augenblick. Bolitho verhielt bei einem Felsbrocken, starrte in die Finsternis, versuchte, uber Wind und See etwas zu erlauschen.

Aber es kam kein Anruf, keine Salve knatterte mit blitzendem Mundungsfeuer aus dem Dunkel. Und mit jeder kostbaren Minute kamen mehr Manner aus dem flachen Wasser und ordneten sich eilig zu einer Marschkolonne. Immer mehr wei?es Lederzeug schimmerte fahl in der Nacht, und als erst die Kutter eintrafen, die drau?en noch auf Anzeichen von Gegenwehr gewartet hatten, war die kleine Bucht gedrangt voll stummer Gestalten.

Major Leroux eilte den Strand herauf.»Alles angetreten, Sir.»

«Recht so. Lassen Sie die Boote in Strandnahe warten. Plowman soll eine Stunde verstreichen lassen und dann zum Schiff zuruckrudern, wie besprochen.»

Leroux winkte seiner Ordonnanz. Eine Stunde mu?te ausreichen, um festzustellen, ob sie eine Erfolgschance hatten.

Wahrend die Boote von ihren erschopften Besatzungen ein Stuck aus der Brandung gerudert wurden, konnte Bolitho die allgemeine Unsicherheit der Zuruckbleibenden direkt spuren. Trotz ihres militarischen Status' waren die Marine-Infanteristen keine Landratten. Der Gedanke, sich allein auf fremdem Terrain zu befinden, ohne