Der Stolz der Flotte: Flaggkapitan Bolitho vor der Barbareskenkuste, стр. 62

Er sagte:»Im Augenblick konnen wir nichts weiter tun, Sir.»

Partridge rief:»Acht Minuten, Sir.»

Da nickte Broughton.»Schon. Wenn Sie meinen.»

«Feuer einstellen!«brullte Bolitho.»Mr. Tothill, Signal an die Valorous: >Sofort abdrehen und Aktion einstellend»

Als die Euryalus schwieg, scho? auch das Fort nicht mehr — vermutlich mu?te die Besatzung sehr sparsam mit ihrer Munition umgehen. Eine Niederlage hatten sie trotzdem nicht furchten mussen, dachte er bitter: fast jeder Schu? der Festungsbatterie hatte gesessen.

«Valorous bestatigt, Sir!»

Der Umri? des Zweideckers wurde langer, er begann die Wende und drehte mit fast backschlagenden Segeln durch den Wind.

«Mr. Keverne«, rief Bolitho,»melden Sie Verluste und Schaden!«Und zu Broughton:»Wir mussen die Marine — Infanterie unterstutzen, Sir. Sie warten bestimmt auf Hilfe.»

Resigniert blickte der Admiral auf die vorbeigleitende Kustenlinie. Unten schrie und wimmerte jemand; Bolitho spurte das dringende Verlangen, sich erst einmal um seine Manner und sein Schiff zu kummern.

Aber er lie? nicht locker.»Ihre Instruktionen, Sir?»

Broughton schien sich zusammenzurei?en, und als er antwortete, war seine Stimme wieder fester, jedoch ohne Uberzeugungskraft.»Signal an Geschwader: >Bei Flaggschiff sammeln!««Seine Lippen arbeiteten, als wollten sie noch einen weiteren Befehl formulieren, doch der kam nicht.

«Mr. Tothill«, sagte Bolitho,»hissen Sie das Signal sofort!»

«Und dann«, fuhr Broughton zogernd fort und schob die Unterlippe vor,»konnten wir noch ein weiteres Landekommando absetzen. Mit ein paar Geschutzen, wenn wir eine gunstige Stelle finden.»

Bolitho sah ihn nicht an.»Jawohl, Sir. «Schon jetzt war ihm klar, was es fur eine ungeheure Anstrengung kosten wurde, auch nur einen Zweiunddrei?igpfunder an Land und den Hugel hinaufzuschaffen. Nur ein Geschutz von diesem Kaliber konnte gegen das Kastell irgend etwas ausrichten. Man wurde dazu hundert Mann oder noch mehr brauchen, und eine betrachtliche Eingreifreserve fur den Fall, da? der Feind einen Ausfall machte und angriff. Eine» Lange Neun «wog uber hundert Tonnen; und man wurde mehr als eine brauchen.

Aber das war immer noch besser, als das Geschwader bei der sinnlosen Prozession uber die Bucht in Stucke hauen zu lassen.

Er drehte sich um und fuhr zusammen, denn Tothill hatte ihn angerufen.»Was ist? Haben alle bestatigt?»

«Das meine ich nicht, Sir. «Der Midshipman deutete uber die Steuerbordnetze.»Die Coquette verla?t ihre Station und setzt mehr Segel,

Sir.»

Bolitho hob das Teleskop und sah, da? dunkle Knauel zur Rah der Coquette aufstiegen und sich zu bunten Tupfen entfalteten.

«Signal von Coquette, Sir«, rief Tothill. >»Unbekanntes Segel mit Kurs Nordwest<.»

Bolitho setzte sein Glas ab und sah Broughton an.»Soll ich die Co-quette die Verfolgung aufnehmen lassen, Sir?»

Tothills Stimme schnitt die Antwort Broughtons ab. »Coquette setzt weiteres Signal. «Eine Pause — wieder sah Bolitho den Muskel an Broughtons Wange scharf und regelma?ig zucken. Dann meldete Tothill wieder:»>Fremdes Schiff geht uber Stag<, Sir.»

Ratlos hob Broughton die Arme.»Mindestens eine Fregatte. Da mu?te die Coquette mit ihr fertig werden konnen. «Er blickte Bolitho unsicher an.»Die wird jetzt uberall ausposaunen, da? wir hier sind!»

«Ich schlage vor, wir rufen die Marine-Infanterie zuruck, Sir. «Bo-litho hatte den Gedanken an das Landen von Geschutzen, an das notige Geschirr und die erforderlichen Boote fallengelassen. Dazu war jetzt keine Zeit mehr, sie konnten von Gluck sagen, wenn sie alle ihre Marine-Infanteristen heil zuruckbekamen; es konnte ja ein feindliches Geschwader in der Nahe sein.

«Nein. «Broughtons Augen waren steinern. »Ich ziehe mich nicht zuruck. Ich habe meine Befehle. Und Sie auch!«Er deutete auf die kahlen Hugel.»Djafou mu? genommen werden, ehe feindliche Schiffe hier sind! Mu?, verstehen Sie?«Er schrie beinahe; ein paar Matrosen an den Geschutzen starrten herauf.

Messerscharf schnitt Draffens Stimme durch die kurze Stille. Wo er wahrend der ganzen Aktion gesteckt hatte, wu?te Bolitho nicht; aber jetzt wirkte er sehr ruhig. Seine Augen waren kalt und gelassen wie die eines Jagers kurz vor dem Fangschu?.»Ich mache einen Vorschlag, Sir Lucius.»

Broughton wandte sich zu ihm um, und Draffen fuhr fort:»Denn ich denke, wir haben jetzt mit konventionellen Methoden genugend Zeit verschwendet.»

Einen Moment dachte Bolitho, der Admiral wurde wieder aggressiv werden. Doch er sagte nur:»Bitte sprechen Sie, Sir Hugo, ich hore. «Er blickte sich um, als suche er die Kampanjeleiter.»In meiner Kajute am besten.»

Bolitho sagte:»Ich werde dem Geschwader >Kurs West< signalisieren, Sir. Die Restless und die Coquette konnen vorlaufig auf ihren Stationen bleiben.»

Er wartete, denn er sah, da? Broughton nach Worten suchte.»Ja«, brachte er schlie?lich heraus und wiederholte mit etwas festerer Stimme:»Ja, machen Sie das. «Als sie das Achterdeck verlie?en, sagte Keverne leise:»Wir sind immer noch besser weggekommen als die Tanais, Sir. Die hat zwanzig Mann verloren. Wir haben sieben Tote und funf durch Splitter Verwundete.»

Bolitho blickte noch immer zur Kampanje und fragte sich, was Draffen wohl jetzt noch vorschlagen konnte.

«Schaden?»

«Horte sich schlimmer an, als es ist, Sir. Die Zimmerleute sind schon unten.»

«Gut. Sagen Sie Mr. Grubb, er soll seine Manner so bald wie moglich anfangen lassen.»

Der erste Tote wurde durch das Hauptluk heraufgebracht und zur Bestattung an Deck gelegt. In diesen wenigen Minuten hatten sie sieben Tote gehabt. Ungefahr einen pro Minute. Bolitho pre?te die Hande auf dem Rucken zusammen und schritt langsam zur Luvseite. Plotzlich uberkam ihn Wut. Die Euryalus war sozusagen der starkste Trumpf der Seekriegsfuhrung. Und doch war sie gegen ein uraltes Kastell mit ein paar Kanonieren so ohnmachtig wie eine konigliche Prunkbark.

«Ich gehe zum Admiral, Mr. Keverne.»

«Sir?»

«Auch ich habe ein paar Ideen, und die will ich ihm sofort vortragen.»

Allday sah ihn vorbeigehen und lachelte bedachtig; Bolitho war also stinkwutend. Hochste Zeit, dachte er, da? der Captain den Oberbefehl ubernimmt, sonst geht es uns allen dreckig.

XIII Die zweite Chance

Vizeadmiral Broughton sah vom Schreibtisch auf und blickte Bolitho argerlich-uberrascht entgegen.»Wir sind noch nicht ganz fertig, Bo-litho. «Er deutete auf Draffen, der an der Schottwand lehnte.»Sir Hugo ist eben dabei, mir etwas zu erklaren.»

Doch Bolitho blieb entschlossen in der Mitte der Kajute stehen, die irgendwie leer wirkte, da die wertvolleren Mobel und Einrichtungsgegenstande vor dem erfolglosen Angriff zur Sicherheit unter die Wasserlinie geschafft worden waren. Immerhin konnte Broughton zufrieden sein, denn ihm blieb das totale Durcheinander erspart, das bei Klarschiff in einem Dreidecker britischer Bauart geherrscht hatte. Dann ware namlich sein Quartier, wie alle Wohnraume im ganzen Schiff, vollkommen geleert worden und die sonst so geheiligte Kajute von den Abgasen der dort stationierten Geschutze vollig verqualmt und verdreckt gewesen. Aber hier befand sich die nachste Kanone hinter der Schottenwand, so da? der Anblick dieser Kajute, nach der spannungsgeladenen Atmosphare an Deck, Bolithos Arger uber die Zurucksetzung noch verstarkte.

«Ich wurde vorschlagen, da? wir rasch handeln, Sir«, erwiderte er.

Broughton hob die Hand.»Uber die Dringlichkeit bin ich mir durchaus klar. «Doch er schien zu spuren, da? Bolitho sich argerte, und fuhr kuhl fort:»Aber sprechen Sie nur, wenn Sie wunschen.»

«Sie haben das Kastell gesehen, Sir, und wissen, da? der Versuch, die Spanier von See aus zur Aufgabe zu zwingen, zwecklos ist. Der Einsatz von Schiffen gegen feste Kustenbatterien und Verteidigungsanlagen hat nach meiner Erfahrung noch nie Erfolg gehabt.»