Feind in Sicht: Kommandant Bolithos Zweikampf im Atlantik, стр. 79

«Halt!«Poulain schrie es in hochster Not.»Schie?en Sie nicht! Haben Sie Mitleid, toten Sie nicht meinen Sohn!«Bolitho blieb, wo er war, senkte aber die Waffe etwas.»Ich warte, Kapitan!»

Poulain schrie:»Ich trage schriftliche Befehle bei mir. Sie sind in meinen Rock eingenaht.»

Bolitho schwankte und pre?te den Arm gegen die Stirn. Dann horte er Farquhars Stimme wie aus weiter Ferne:»Ich habe sie!»

Bolitho reichte Hicks die Pistole zuruck und ging langsam zum Achterdeck.

«Vielen Dank, Kapitan. Ich bin nicht stolz auf das, was ich getan habe. Aber wie Sie vorhin sagten: es ist Krieg. Nun werden Sie an Land gebracht und dem hollandischen Gouverneur ubergeben.»

Er sah zu, wie der franzosische Leutnant wieder nach unten gebracht wurde, und setzte kalt hinzu:»Wenn Sie das nachste Mal in Versuchung geraten, wehrlose Leute zu toten, erinnern Sie sich vielleicht der heutigen Lektion.»

Poulain sah ihn mit unverhulltem Ha? an.»Sie sind ebenso ein Morder wie ich.»

Bolitho antwortete erschopft:»Nicht ganz, Kapitan. «Er machte eine Handbewegung zur Laufbrucke.»Sie konnen jetzt aufstehen, Allday, die Vorstellung ist beendet.»

Man horte ein gro?es Aufatmen bei den Seeleuten, als der» Leichnam «sich zwischen den beiden grinsenden Seesoldaten aufrappelte.

«Wie Sie sehen, Kapitan, hat er keinen Schaden genommen. «Dann wandte er sich ab, weil er die Besturzung und Scham auf Poulains Gesicht nicht mehr ertragen konnte.

Herrick trat unter der Hutte hervor und war mit drei Schritten an seiner Seite.»Das war knapp. «Er nahm Bolitho am Arm und fuhrte ihn an den erleichtert grinsenden Seeleuten vorbei.»Ich habe nichts geahnt, und die anderen auch nicht.»

Bolitho horte Gelachter und frohliche Rufe hinter sich und dachte an das schwer gezeichnete Gesicht des anderen Kapitans.»Es hat mir keinen Spa? gemacht, Thomas.»

Er hielt am Niedergang kurz an und schaute auf seine Hande. Er erwartete, da? sie heftig zitterten.

Herrick fragte:»Hatten Sie den Leutnant tatsachlich erschossen, wenn Poulain stumm geblieben ware?«Er sah, wie die Gefangenen zu den wartenden Booten gebracht wurden.»Hatten Sie das tun konnen?»

Bolitho schaute uber ihn hinweg.»Ich wei? es nicht, Thomas. «Er schuttelte den Kopf.»Bei Gott, ich wei? es nicht.»

XVII Einer fur alle

Kommodore Pelham-Martin lag ganz ruhig in seiner Koje und blickte fest auf einen Punkt daruber, als Bolitho ihm erklarte, was er Poulains schriftlichen Befehlen entnommen hatte. Die Kammer war, wenn uberhaupt moglich, noch hei?er als vier Stunden zuvor, und Bolitho fragte sich, wie der Kommodore diese zusatzliche Belastung ertragen konnte.

Aber als er jetzt sprach, dachte er mehr an die anderen Kommandanten und ihre und seine Enttauschung, als sie die kurz gefa?ten Befehle des Franzosen gemeinsam immer wieder gelesen hatten. Kein Wunder, da? man Lequiller fur diese Aufgabe ausgewahlt hatte. Er war tatsachlich schlau wie ein Fuchs. In dem Schreiben war nichts von seinem endgultigen Ziel erwahnt, kein Hafen war genannt oder auch nur angedeutet. Poulain und der Kommandant des anderen beschadigten Schiffes sollten nur die allernotwendig-sten Reparaturen ausfuhren lassen und sich dann so schnell wie moglich wieder mit Admiral Lequillers Geschwader vereinen. Als Treffpunkt war eine Position einhundert Meilen nordwestlich von Kap Ortegal, der au?ersten Spitze Spaniens, angegeben. Beim weiteren Studium des schriftlichen Befehls hatte Bolitho keinerlei Bestatigung seiner eigenen Einschatzung und Deutung von Lequil-lers geheimem Plan gefunden.

Wenn der franzosische Admiral beabsichtigte, einen spanischen Hafen anzulaufen und Perez bei einer dort organisierten Volkserhebung zu unterstutzen, dann mu?te gesichert sein, da? dieser Hafen dafur der geeignetste war, um den erforderlichen Widerhall bei der einheimischen Bevolkerung zu erzielen. Der Platz fur das Treffen der Schiffe lag aber so weit weg von der Kuste, da? von dort aus viele Hafen zur Auswahl standen, von La Coruna im Nordwesten bis Santander, nur knapp einhundert Meilen von der franzosischen Grenze entfernt.

Pelham-Martin sagte plotzlich:»Sie haben sich also, insgesamt gesehen, geirrt, Bolitho. Sie kennen Lequillers Absichten immer noch nicht.»

Bolitho sah ihn leidenschaftslos an.»Wir konnen ihn zum Handeln zwingen, wenn wir den Platz des Rendezvous rechtzeitig erreichen, Sir. Wir kennen seine Absicht, aber nicht das endgultige Reiseziel. Ich halte ersteres fur wichtiger. Wenn wir ihn erwischen, bevor er Verbindung mit dem Land aufgenommen hat, werden wir seine Chancen vollig vernichten.»

Der Kommodore schlo? die Augen.»So schnell sind wir nicht. Aber selbst angenommen, wir hatten die Moglichkeit, das Rendezvous zu erreichen, so mag Lequiller langst weitergesegelt sein, ohne das Eintreffen der beschadigten Schiffe abzuwarten. Ich sehe keinen Sinn darin, hieruber weiter zu diskutieren.»

«Ich halte es fur eine Chance, die wir ergreifen sollten, Sir.»

«Ich mochte nichts mehr daruber horen, Bolitho!«PelhamMartins Augen weiteten sich, als Bootsmannsmaatenpfeifen durch die Decks tonten und Fu?e uber ihren Kopfen trampelten.

«Was bedeutet das?»

Bolitho fuhlte sich seltsam leicht und frei von Erregung.»Ich habe >Alle Mann achteraus< befohlen, Sir. In Anbetracht dessen, was ich erfahren habe, und weil Eile not tut, mu? ich meine Befugnis als dienstaltester Kommandant ausnutzen.»

Pelham-Martin starrte ihn unglaubig an.»Mussen Sie — was?»

«Sie sind verwundet, Sir, und wie ich schon festgestellt habe, mu?te Ihre Wunde unverzuglich behandelt werden. «Er beobachtete sein Gegenuber ruhig.»Unter den gegenwartigen Umstanden sehe ich indessen keine andere Moglichkeit, als Sie so lange von Ihrer Verantwortung zu entbinden, bis Sie wieder imstande sind, das Kommando des Geschwaders zu ubernehmen.»

«Wissen Sie, was Sie da eben gesagt haben?«Pelham-Martins Atem ging immer schneller.»Wenn Sie diesen Schritt tun, setzen Sie sich der Verhaftung und einem Strafverfahren aus. «Seine Augen zogen sich eng zusammen.»Und ich werde auch dafur sorgen, da? Sie die gerechte Strafe trifft, die Sie schon seit langem verdient haben.»

Bolitho wartete schweigend. Aber Pelham-Martin schien sich mit dem kurzen Ausbruch bereits erschopft zu haben. Er lag vollig still unter dem Laken, nur seine Atemzuge kamen sto?weise.

Bolitho machte auf den Hacken kehrt und verlie? die Kammer. Die anderen Kommandanten warteten vor den Heckfenstern auf ihn. Ihre Gesichter waren gegen das Licht nicht zu erkennen.

Es war Herrick, der das Schweigen brach.»Geschafft?»

«Ich habe den Kommodore von meiner Absicht unterrichtet. «Bolitho nahm seinen Hut und ging hinuber zum Schott.»Ich kann Ihnen aber nicht verhehlen, da? er dagegen war. «Er sah, da? Fitzmaurice sich abwandte und die Schultern hangen lie?. Dann langte er nach oben, nahm den Sabel aus seiner Halterung und ging damit zur Tur. Dort hielt er an und schaute zu ihnen zuruck.

«Als Sie heute morgen meine Vorschlage annahmen, waren Ihnen die Schwierigkeiten, die vor uns liegen, noch nicht voll bewu?t. Ich habe die Absicht, in zwei Stunden zu segeln. Ich werde es keinem von Ihnen ubelnehmen, der sich dafur entscheidet, hier vor Anker liegenzubleiben. «Dann verlie? er die Kajute und trat hinaus ins Sonnenlicht.

Drau?en beruhrte Inch seinen Hut zu einer Ehrenbezeigung und meldete mit dusterer Miene:»Besatzung ist angetreten, Sir.»

Bolitho nickte und ging langsam zur Querreling hinuber. Unzahlige Male hatte er diesen kurzen Weg zuruckgelegt, um den Seeleuten beim Geschutzexerzieren zuzusehen oder um das Anschlagen und Festmachen der Segel an den Rahen zu uberwachen; um an einer Bestrafung vor versammelter Mannschaft teilzunehmen oder auch um einmal mit seinen Gedanken allein zu sein.

Er sah seine Offiziere an der anderen Seite aufgereiht, sah die angetretenen Seesoldaten, die kleinen Trommelbuben, Hauptmann Dawson und Hicks daneben.