Nahkampf der Giganten: Flaggkapitan Bolitho bei der Blockade Frankreichs, стр. 16

«Schon gut, Sir«, sagte Bolitho ruhig.»Ich bringe das Schiff hier wieder hinaus.»

Moresby schlo? die Augen.»Weglaufen vor denen!«Er stohnte schmerzlich auf.»Mein Leben lang bin ich nie.»

Bolitho hatte sich viel lieber um sein Schiff gekummert, aber eine plotzliche Mitleidsregung hielt ihn neben Moresby fest.»Wir rennen nicht weg, Sir. Wir kommen wieder und nehmen die Batterie, Sie werden's schon sehen!»

Ein Geschutzfuhrermaat kam mit weit aufgerissenen Augen aufs Achterdeck gerannt.»Cap'n, Sir!«Er stand starr beim Anblick des hingestreckten Admirals und meldete dann etwas leiser:»Feuer aus, Sir!»

Moresby hatte Bolithos Worte anscheinend noch gehort.»Naturlich«, murmelte er,»Sie sind ja ein kornischer Dickkopf, Bolitho. Die konnte ich noch nie leiden. Zu verdammt widerspenstig, zu. zu. «Blut stromte ihm uber Hals und Weste, und sein Haupt sank an Caswells Brust zuruck — zum letzten Mal.

Bolitho stand auf.»Kommen wir frei?«Gossett starrte ihn nur an.»Nun?»

Der Master leckte sich die Lippen und nickte dann.»Da, sehen Sie, Sir!«Wieder glitt die Hafeneinfahrt am Schiff vorbei, diesmal achteraus. Vor ihnen lag die Marte, deren Rumpf noch immer brannte, deren Planken noch immer die Toten trugen. Ertrunkene Manner und Pferde trieben um den Bug der Hyperion; nur widerstrebend schienen sie. ihr Platz machen zu wollen.

Nur noch wenige Schusse gaben dem Schiff das Geleit, denn der Pulverdampf und der Rauch des brennenden Flaggschiffes bildeten einen sehr wirkungsvollen Schirm. Oder vielleicht waren die franzosischen Kanoniere auch zu siegestrunken, um sich noch um die fliehende Hyperion zu kummern. Sie hatten auch allen Grund dazu, dachte Bolitho bitter.

«Halsen, Mr. Gossett!«befahl er.»Gehen Sie auf Ostkurs, sobald wir klar von der Einfahrt sind!«Und zu allen, die noch auf dem

Achterdeck standen, sagte er ausdruckslos:»Ich habe dem Admiral versprochen, da? wir wiederkommen.»

Dann erblickte er die unbeschadigte Princesa, die immer noch weit drau?en lag, unerreichbar fur die Festungsgeschutze.»Signal an Princesa.«Seine Stimme klang ihm selbst vollig fremd.»Kommandant unverzuglich zu mir an Bord!«Stumm blickte er sich um: das blutverschmierte Deck, die Verwundeten, die sich verzweifelt dagegen wehrten, unter Deck gebracht zu werden, wo das Messer des Schiffsarztes auf sie wartete, die zerfetzte Planke, deren Splitter Moresby getotet hatte, und der tote Admiral selbst.»Und wenn der spanische Kapitan sich weigert, dem Befehl nachzukommen, eroffne ich das Feuer auf die Princesa!»

Gossett warf einen scheuen Blick auf Bolithos Gesicht und wandte sich ab. Er wu?te, da? Bolitho im Ernst gesprochen hatte. Eigentlich hatte der Kommandant erleichtert sein mussen, dachte Gossett, aber er sah gar nicht danach aus, obwohl er sein Schiff gerettet hatte und Moresbys Verblendung ehrenvoll entgegengetreten war. Aber in Bolithos Augen glomm eine solche Wut, wie sie Gossett in seiner ganzen Dienstzeit noch nicht gesehen hatte: es war der Blick eines gereizten Raubtiers. Tief innen fuhlte der Master, da? Bolitho diesen Blick behalten wurde, bis die Hyperion im Hafen von Cozar ankerte und die Kustenbatterie unschadlich gemacht war.

Ein paar Matrosen schrien Hurra, und Bolitho sagte knapp:»Geschutze festzurren, Mr. Quarme. Danach melden Sie mir alle Verluste und Schaden! Zum Hurraschreien ist vielleicht spater Zeit, jetzt haben wir anderes zu tun. «Er starrte nach achtern in die driftende Rauchwand, die das Schiff wie ein Vorhang verdeckte.

Quarme wischte sich das schwei?nasse Gesicht mit dem Armel.»Schlie?en wir uns dem Geschwader wieder an, Sir?«Er zuckte zusammen, als Bolitho das mit einem kalten Blick beantwortete, und fuhr eilig fort:»Ich meine nur, Sir, beide Admirale sind tot, und.»

Bolitho wandte sich ab.»Dann mussen wir eben sehen, wie wir allein zurechtkommen, nicht wahr, Mr. Quarme?»

IV Ein Angriffsplan

Lieutenant Ernest Quarme trat in die Kapitanskajute, den Hut vorschriftsma?ig unter dem linken Arm, und kniff die Augen zusammen, weil ihn das helle Sonnenlicht blendete, das durch die hohen Heckfenster fiel und Wande und Mobiliar in einem seltsam grunlichen Schein erglanzen lie?.»Sie haben befohlen, Sir?»

Bolitho lehnte am Fenster und starrte ins Kielwasser der Hyperion, das trage und blasenwerfend von dem algenbewachsenen Ruder ablief. Er brauchte ein paar Sekunden, um seine Augen an das Halbdunkel der Kajute zu gewohnen; dann setzte er sich auf die Fensterbank und winkte Quarme auf den Stuhl daneben. Er merkte, da? der Erste ihn gespannt ansah, obwohl seine Gesichtszuge nichts von dem verrieten, was er denken mochte — Bolitho konnte nur hoffen, da? seine eigene Miene ebenso undurchdringlich war.

Knarrend und flusternd dumpelte das Schiff langsam auf Sudostkurs. Die Segel waren kaum gefullt, boten aber den Mannern, die an Deck arbeiteten, immerhin Schutz vor der Sonne. Gedampft waren die Hammerschlage und das Knirschen der Sagen zu horen, denn Cuppage, der Schiffszimmermann, reparierte mit seinen Maaten die Schaden und Narben, die der kurze heftige Kampf hinterlassen hatte.

Bolitho rieb sich die Augen und versuchte, die Mudigkeit zu vertreiben. Wenn nur auch die anderen Narben so leicht zu beseitigen gewesen waren. Aber Wut, Erleichterung uber das gluckliche Entkommen, dazu die Erregung des Kampfes waren bald in dumpfen Trubsinn umgeschlagen, der wie eine Gewitterwolke uber dem ganzen Schiff hing. Das kurze, einseitige Gefecht lag jetzt zwei Tage zuruck: zwei Tage eintonigen Aufkreuzens und Patrouillierens, wobei sie standig die Insel und ihre Flagge als hohnische Erinnerung an ihren Mi?erfolg vor Augen hatten.

Wieder und wieder hatte sich Bolitho den Kopf nach einem Plan zermartert; aber jeder Plan erschien ihm immer fragwurdiger und gefahrlicher, je mehr Zeit verstrich.

Doch an diesem Morgen war die Entscheidung gefallen. Als es dammerte, lag die Hyperion etwa sieben Meilen westlich der Insel. Dieses Gebiet hatte sich Bolitho ausgesucht, weil er es fur die geeignete Basis zu einem raschen Vorsto? auf den geschutzten Hafen hielt und er den vorherrschend ablandigen Wind ausnutzen konnte. Er hatte die Princesa, das spanische Vierundsechzig-Kanonen-Schiff, an die andere Seite der Insel beordert, wo sie die beste Moglichkeit hatte, die von den Franzosen gekaperte Schaluppe Fairfax abzufangen, wenn sie versuchen sollte, auf diesem Kurs zu entwischen.

Die Schaluppe war ein wichtiges Glied in seiner Gesamtplanung. Die franzosische Garnison hatte kein anderes Schiff zur Verfugung, um die Nachricht von Moresbys Angriff und dem patrouillierenden britischen Geschwader zum Festland zu melden, und wenn von dort nicht ein Versorgungsschiff kam, wurde Cozar im Belagerungszustand bleiben. Bolitho hatte mit der Idee gespielt, die Fairfax mit einem Handstreich herauszuholen; aber davon war er sofort abgekommen. Insgeheim wu?te er, da? diese Idee mehr Balsam fur seinen verletzten Stolz als wirklich von Wert war. Moresbys Angriff war der Hyperion schon teuer genug zu stehen gekommen: acht Tote und sechzehn Verwundete. Und der Schaden fur die Kampfmoral war uberhaupt nicht zu messen.

Doch als das Morgenlicht starker wurde, hatte der Ausguck gemeldet, da? von der Fairfax nichts mehr zu sehen sei. Das war der entscheidende Schlag. Irgendwie mu?te sie in der Nacht entwischt sein; jetzt, als die Mittagssonne gnadenlos auf das ausgebleichte Deck niederbrannte, ankerte sie bestimmt schon in St. Clar und uberbrachte die Sensationsmeldung von dem abgeschlagenen Angriff der Englander. Die Kustenverteidigung wurde alarmiert werden und, was noch schlimmer war, die Franzosen wurden erfahren, wie stark das abgeschlagene britische Geschwader war. Hochstwahrscheinlich warteten in den Buchten und Hafen dieses franzosischen Kustenstrichs mehrere Linienschiffe schon auf die Chance, die Schmach der Hoodschen Blockade zu rachen. Es war bekannt, da? mehrere solcher Schiffe durch die britischen Sperren geschlupft waren, und vermutlich befand sich bereits Verstarkung fur sie in unmittelbarer Nahe.