Fieber an Bord: Fregattenkapitan Bolitho in Polynesien, стр. 48

Herrick, Pyper und die ubriggebliebenen Matrosen drangten sich um den Vordersteven des Boots und schoben mit aller Kraft, spurten den Widerstand, der ihnen mit jedem um die vorgelagerten Felsen anrollenden Brecher entgegendrangte.»Es ist zwecklos. «Pyper schluchzte beinahe.»Wir schaffen es nicht. Es ist zu schwer.»

Herrick knurrte:»Schieben! Starker, verdammt noch mal. «Er schrie zu Prideaux hinuber:»Noch zwei Mann her!«Er drehte sich um, das Wasser wirbelte und zerrte an seiner Uniform, und sah die kleine Prozession an der Leiche des von dem Speer getroffenen Matrosen vorbeischwanken. Sie kamen zu langsam, die nachsten Eingeborenen waren schon weniger als funfzig Schritte an sie heran. Prideaux rief:»Bemannen Sie das Boot! Das ist unsere einzige Chance. Wir sterben alle, wenn wir langer warten!«Herrick watete auf den Strand, den Degen uber dem Kopf erhoben. Er war halb wahnsinnig vor Wut und Enttauschung, aber er wollte diese Manner nicht zurucklassen.

«Gehen Sie zum Teufel!»

Er rannte dem Korporal entgegen, der Watt wie einen Sack auf den Schultern trug. Die anderen, auch der Mann mit dem verletzten Bein, stolperten und hoppelten hinter Morrison her. Herrick sah, da? ein Stuck entfernt schon zwei Manner gemeinsam gesturzt waren, und noch ehe sie sich wieder aufrichten konnten, wurden sie niedergeschlagen und brutal in Stucke gehackt, trotz des sporadischen Musketenfeuers vom Strand her.

Herrick rannte an den taumelnden Mannern vorbei, ohne zu wissen, worauf er noch hoffte.

Die beiden Marinesoldaten der Nachhut sahen ihn und riefen ihm zu:»Es hat keinen Zweck. Zu spat!»

Der eine warf seinen leeren Munitionsbeutel fort und hob seine Muskete mit dem aufgepflanzten Bajonett.

«Kommt nur, ihr Schweinehunde! Ich werd's euch zeigen!»

Der andere fiel und spuckte Blut, als ihn ein Speer traf, der aus der blendenden Sonne gekommen war.

Herrick sah und horte sie, erkannte sogar ihre Gesichter, als sie auf ihn zusturmten.

Das Boot konnte er jetzt nicht sehen, aber das war gleichgultig. Keiner wurde entkommen. Langsam bewegte er seinen Degen, sah die geduckten Gestalten, die nach beiden Seiten ausschwarmten. Er spurte ihre Ubermacht, konnte sie riechen.

Die Sonne schien ihm beinahe in die Augen. Ihm und dem einsamen Marinesoldaten bot sich nirgends Schatten. Es war, als ob sie bereits tot waren.

Auf der einen Seite der jetzt langsam vordringenden Menge bemerkte er einen Speer, der sorgfaltig Ziel nehmend gehoben wurde. Jetzt!

Der Knall, der die plotzlich herrschende, schreckliche Stille durchbrach, war ohrenbetaubend.

Herrick horte uberraschte Ausrufe hinter sich und dann ein einzelnes wurgendes Hurra, als ob der Mann, der es ausbrachte, es sich vom Herzen rei?en mu?te.

Herrick sagte rauh:»Bleiben Sie stehen, Mann! Nicht umdrehen!»

Der Marinesoldat, von Schwei? geblendet, die Muskete mit dem aufgepflanzten Bajonett starr vor sich gerichtet, antwortete aus dem Mundwinkel:»Verlassen Sie sich auf mich, Sir.»

Zogernd, unsicher zuerst, begann die vorderste Reihe der Eingeborenen zuruckzuweichen. Als ein weiterer Knall die Luft erschutterte, machten alle kehrt und rannten anscheinend muhelos den Abhang hinauf. Erst dann drehte Herrick sich um.

Dicht bei den vorgelagerten Felsen lag die Barkasse der Tempest mit einer rauchenden Drehbasse in ihrem Bug. Wo die Kartatschenladung eingeschlagen hatte, wu?te Herrick nicht, aber es war ihm auch gleichgultig. Sie mu?te in die Luft abgefeuert worden sein, denn hatten sie auf den Abhang gezielt, waren mehr von seinen Leuten als von den Angreifern getroffen worden. Vielleicht hatten der Knall und der Anblick der Barkasse, in deren Kielwasser das gro?e Boot der Tempest folgte, genugt. Herrick ging zu dem Marinesoldaten und klopfte ihm auf die Schulter.»Das war sehr tapfer.»

Zusammen liefen sie zum Wasser hinunter, wo Leute aus den Booten sprangen, um die anderen zu stutzen und ihnen durch das seichte Wasser zu helfen. Bolitho stand ganz ruhig am Strand, die Hande an den Seiten, und wartete, bis sein Freund ihn erreichte. Doch im Innern sah er Herrick noch wie Augenblicke zuvor, als die Barkasse um die Felsen gebogen war, nachdem der Schoner sie mit gro?ter Geschwindigkeit hierher geschleppt hatte: Herrick, den Degen in der Hand, den Rucken der See zugekehrt, einen einzelnen Marinesoldaten an seiner Seite, so stand er und blickte dem Mob und dem sicheren Tod entgegen.

Das war etwas, das er nie vergessen wurde. Und nie vergessen wollte.

Er packte Herricks Arm und sagte einfach:»Sie haben zu viel Mut, Thomas.»

Herrick versuchte zu grinsen, aber seine Erschopfung verhinderte es.»Sie sind gekommen, Sir. Ich habe es gewu?t. «Er lie? den Kopf sinken.»Ich habe es ihnen gesagt.»

Bolitho blickte ihn an, fuhlte sich unfahig, ihm zu helfen, war schockiert, als er sah, da? Herricks Schultern bebten. Das habe ich ihm angetan. Er sah sich auf dem Strand um, der jetzt, von den Toten abgesehen, leer war. Fur nichts und wieder nichts.

Pyper kam den Strand herauf. Er zogerte.»Alle in den Booten, Sir«, meldete er.

Bolitho sagte zu Herrick:»Kommen Sie, Thomas. Hier konnen wir nichts mehr tun.»

Sie fuhren an dem verlassenen Langboot vorbei, und nun endlich schien Herrick aus seinem Schock zu erwachen. Das Boot fing wieder an zu sinken. Die primitiven Reparaturen waren von den rauhen Wellen schon wieder zerschlagen. Heiser sagte er:»Das verdammte Ding ware ohnehin gesunken. «Er sah Bolitho fest an.»Das ware dem verdammten Prideaux nur recht geschehen. «Bolitho war der letzte, der in die Barkasse kletterte. Er hielt inne, die Wellen umspulten seine Huften, klatschten den alten Degen gegen seinen Schenkel. Eines Tages wurde er Tuke stellen. Kein Trick, keine Hinterlist konnten ihn dann retten.

Er lie? es zu, da? Allday ihn an Bord zog. Aber diesmal war es eine Niederlage gewesen.

XI» Macht das Beste daraus!»

James Raymond ignorierte die Matrosen, die uber dem Achterdeck Sonnensegel ausspannten, wahrend andere Boote zu Wasser lie?en. Innerhalb weniger Minuten, nachdem die Tempest in der Bucht geankert hatte, war er an Bord gekommen, nahezu au?er sich vor Wut. Bolitho beobachtete ihn grimmig, erkannte seine Bemuhungen, sich selbst ein Bild von dem zu machen, was sich zugetragen hatte. Das war nicht schwierig, besonders nicht fur jemanden, der so weit und oft gereist war wie Raymond.»Ich kann das einfach nicht hinnehmen. Ich will nicht glauben, da? ein Schiff des Konigs, noch dazu eine Fregatte mit sechsunddrei?ig Geschutzen, von einem verdammten

Piraten getauscht und beinahe versenkt worden ist. «Es hat keinen Sinn, mit ihm zu argumentieren, dachte Bolitho mude. Es gab genug zu tun, auch ohne den Versuch, Raymonds Ansicht zu andern. Eine Ansicht, die er sich schon seit einiger Zeit gebildet hatte und an der er festhielt. Wahrscheinlich seit sein Ausguck das zuruckkehrende Schiff wahrgenommen hatte. Der kleine Schoner war vorausgefahren, um ihn vorzubereiten. Dann hatte die Silhouette der Tempest, in der die fehlende Maststenge eine unubersehbare Lucke geschaffen hatte, die ihre Schonheit beeintrachtigte, dem Feuer zusatzlich Nahrung gegeben. Er sah Isaac Toby, den Zimmermann, dessen eulenhaftes Gesicht fast ebenso rot war wie die Weste, die er immer trug, inmitten seiner verringerten Mannschaft auf Beschadigungen zeigen, angesplitterte Holzteile mit seinem Messer markieren oder auf Mangel hinweisen, die sofort behoben werden mu?ten. Er wurde seinen Maat Sloper vermissen. Einige der schwerer Verletzten waren an Land gebracht worden. Die ubrigen mu?ten umso harter arbeiten. Ganz besonders jetzt. Er sah uber das schimmernde Wasser, wohl wissend, da? Raymond seine Tirade unterbrochen hatte, um auf seine Reaktion zu warten. Hoch uber ihr Spiegelbild aufragend, schwang die franzosische Fregatte Narval leicht an ihrer Ankertrosse. Ihre Sonnensegel waren ausgespannt, und sie hatte Boote im Wasser, wahrend ein Kutter sie standig wachsam umkreiste.