Fieber an Bord: Fregattenkapitan Bolitho in Polynesien, стр. 34

Bolitho ging durch die Kajute und ergriff Violas Hand. Als er sie an die Lippen hob, blickte er ihr ins Gesicht. Leise sagte sie:»Ich freue mich, Sie wiederzusehen, Captain. «Sie warf den Kopf zuruck.»Es ist lange her.«»Auf das Wohl des Konigs!«Borlases Stimme klang, als wurge seine Halsbinde ihn. Er wenigstens erriet, was hier vorging.

«Auf den Konig!«Raymond nippte an seinem Glas.»Wenn ich meinen Auftrag hier erfullt habe, wird man im Palast von St. James vielleicht bereit sein, mir eine angemessene Position in London anzubieten.»

Bolitho beobachtete ihn. Wieder ein Hinweis fur Borlase und den Hauptmann, da? Raymond ein einflu?reicher Mann war und keiner, den man gegen sich aufbringen sollte. Uberraschenderweise dachte Bolitho plotzlich an seinen toten Bruder Hugh, der immer hastig in seinen Reaktionen gewesen war, immer vorprellte. In dieser Situation hatte er hochstwahrscheinlich nach einem» Ehrengrund «gesucht, der es ihm ermoglichte, Raymond zum Duell zu fordern. Er hatte sich nicht damit aufgehalten, die Konsequenzen zu bedenken.

Bolitho bemerkte, da? Viola quer durch den Raum gegangen war und Raymond absichtlich den Rucken kehrte. Sie fragte:»Kennen Sie diese Inseln, Captain?«Aber ihre Blicke erforschten sein Gesicht, seinen Ausdruck; verzehrten ihn.»Ein wenig. Mein Steuermann ist besser informiert. «Er senkte die Stimme.»Bitte schonen Sie sich, wenn Sie an Land sind. Das Klima ist grausam, selbst fur jemanden wie Sie, der weite Reisen gewohnt ist.»

«Pardon, das habe ich nicht verstanden. «Raymond stand auf und stie? gegen den Schreibtisch, als das Schiff krangte. Dann fugte er hinzu:»Ich glaube, der Wind frischt auf, Captain.»

Bolitho sah ihn kalt an.»Ja. Mr. Borlase, wurden Sie bitte nach meiner Gig signalisieren?»

Unter der Tur zogerte er. Er wu?te, da? er geschlagen war, noch ehe der Kampf richtig begonnen hatte. Raymond nickte kurz.»Ich hoffe, da? der Wind gunstig bleibt. «Und dann lachelnd:»Warum begleitest du den tapferen Kapitan nicht zu seinem Boot, meine Liebe?»

An Deck herrschte druckende Hitze, und der Seegang war starker geworden. Die Tempest stand in Luv, ihre Segel killten unordentlich, als sie beigedreht auf seine Ruckkehr wartete. Das franzosische Schiff war bereits weit entfernt, mit prall gefullten Segeln offensichtlich unterwegs zu seinem ursprunglichen Ziel.

Bolitho sah das alles und nahm doch nichts davon wahr. Er stand vor dem Schanzkleid, blickte ihr in die Augen und sah, wie sich ihr Haar loste und wie flussige Bronze im Wind wehte.

«Ich ertrage es nicht, Viola. Ich komme mir vor wie ein Verrater. Ein Possenrei?er.»

Sie legte ihm eine Hand auf den Arm.»Er reizt dich nur. Aber du bist so viel starker. «Sie hob die Hand zu seinem Gesicht, lie? sie aber vorher sinken.»Mein geliebter Richard. Ich kann es nicht ertragen, dich so traurig zu sehen, so verzweifelt. Ich bin noch voller Gluck uber unser Wiedersehen. Nun konnen wir gewi? nicht wieder getrennt werden. Nie wieder. «Sie hob das Kinn.»Lieber wollte ich sterben.»

«Boot langsseit, Sir!»

Raymonds Schritte scharrten uber Deck, und Bolitho sah, da? er sie von der Kampanje her beobachtete. Sie jetzt einfach in die Arme rei?en zu konnen, und zur Holle mit Raymond und allen anderen! Noch als er das dachte, versagte Bolitho sich diesen Traum. Raymond wurde alle Macht einsetzen, um sie hier drau?en festzuhalten. Wie eine schone Gefangene, ein Stuck Besitz. Bolitho luftete den Hut, das Haar wurde ihm in die Stirn geweht.»Hab' Geduld, Liebste. Noch bin ich nicht soweit, da? ich zuruckschlagen kann.»

Dann kletterte er mit einem Kopfnicken fur Borlase in das schwankende Boot hinab.

VIII Kurzer Aufschub

Bolithos Schatzung, wann die gro?te Insel der Levu-Gruppe in Sicht kommen wurde, war zutreffender gewesen, als er selbst erwartet hatte. Die Uberfahrt von Sydney hatte sechsundzwanzig Tage gedauert. Die ersten Stunden in der Bucht waren fur jeden an Bord der Tempest sehr arbeitsreich, denn abgesehen von der Aufgabe, einen sicheren Ankerplatz zu wahlen, wurde die Besatzung auch noch durch einen wachsenden Schwarm von Eingeborenenbooten behindert.

Die Eingeborenen unterschieden sich von den anderen, denen die Tempest bisher begegnet war. Ihre Haut war heller, ihre Nasen waren weniger platt, und die meisten wiesen nicht die reichen Tatowierungen oder Schmucknarben anderer Eingeborener auf. Die Madchen in den Kanus oder im Wasser losten viele beifallige Bemerkungen der Seeleute aus und waren sich offenkundig des Interesses, das sie erregten, wohl bewu?t. Scollay, der Schiffsprofo?, stellte murrisch fest:»Durch die werden wir noch viel Arger kriegen, verla?t euch drauf. «Aber er war genauso bereit, den Madchen zuzuzwinken und zuzulacheln wie die anderen.

Sobald der Anker gefa?t hatte, kam Herrick nach achtern und machte Bolitho Meldung.

Bolitho richtete sein Glas an der jetzt ebenfalls verankerten Eurotas vorbei auf das Ufer und den wei?en Strand. Eine flache Brandung, uppige grune Baume, die ihre Schatten bis auf die ersten Wellen warfen, und leuchtend blaues Wasser. Dahinter, durch Dunst oder tiefhangende Wolken teilweise verdeckt, glanzte die hochste Erhebung der Insel wie polierter Schiefer, uberragte die anderen Berge und die Walder wie eine vollkommene Pyramide. Es war paradiesisch.

Dies, und wahrscheinlich nichts anderes, mochte die Besatzung der Bounty zur Meuterei veranla?t haben. Anders als in den Slums und Hafenstadten, aus denen so viele Matrosen kamen, gab es hier Warme, freundliche, gastfreie Eingeborene und Nahrungsmittel in Fulle. Bolitho richtete sein Glas auf die Siedlung. Hier ging es weniger paradiesisch zu.

Auch Herrick hatte die wuchtigen Palisaden und soliden Blockhauser im Blickfeld, das Hauptgebaude hinter dem au?eren Befestigungsring und die wehende Flagge daruber.

Anlagen wie diese befanden sich uberall im Pazifik, in Ost-und Westindien und angeblich so weit nordlich wie China.»Gut gelegen. «Das war alles, womit Herrick seinen Eindruck beschrieb. Wahrscheinlich dachte er wie Bolitho an Viola, die nur mit ihrer Zofe, ohne Freundinnen, in diesem abgelegenen Handelsplatz allein gelassen werden sollte.

An einer gebrechlich wirkenden Pier lag ein kleiner Schoner, in dessen Nahe mehrere Langboote festgemacht hatten. Zweifellos wurde er fur Besuche auf defr Nachbarinseln eingesetzt. Neben ihm mu?ten die Eurotas und die Tempest wie Giganten erscheinen. Keen kam nach achtern, er schien besorgt.»Was soll ich mit den Eingeborenen anfangen, Sir? Sie wollen an Bord. Aber sie werden uns uberrennen.»

Herrick suchte mit einem Blick Bolithos Zustimmung und sagte ungeruhrt:»Lassen Sie sie in kontrollierbaren Gruppen herauf, Mr. Keen. Hindern Sie sie daran, sich unter Deck zu schleichen, und achten Sie darauf, da? keine einheimischen Getranke an Bord geschmuggelt werden. «Er grinste uber Keens Verwirrung.»Und haben Sie auch ein wachsames Auge auf unsere eigenen Leute. Denken Sie daran, da? sie schon lange keine Madchen mehr gesehen haben. «Die ersten Eingeborenen kamen bereitwillig, und innerhalb weniger Minuten fullten das Deck leuchtend bunte Kleidungsstucke, Berge von Fruchten und Kokosnussen und zu Keens Verwunderung sogar ein quiekendes Ferkel. Sie sind wie die Kinder, dachte Bolitho, als ein paar seiner Matrosen die Sprachbarriere zu uberwinden versuchten; die kichernden Madchen mit langem schwarzem Haar und kaum verhullten Korpern deuteten auf die Messer und Tatowierungen der Matrosen, stie?en sich gegenseitig an und kreischten in hemmungslosem Gelachter. Lakey sagte duster:»Wie lange wird es dauern, bis auch dieses Idyll verdorben ist?«Doch niemand beachtete ihn. Es war nicht leicht, die Besucher wieder loszuwerden und Platz fur die nachste Gruppe zu schaffen; einige Matrosen unterstutzten Keen in seinen Bemuhungen, indem sie die Madchen packten und uber Bord ins Wasser fallen lie?en, wo sie munter und vergnugt versanken und wieder auftauchten.