Fieber an Bord: Fregattenkapitan Bolitho in Polynesien, стр. 30

Er reckte die Schultern und blickte zu dem Schiff auf. Begleitschutz. Das war kein besonderer Auftrag, aber besser als nichts. Und ihm blieb immer noch die Hoffnung. Seine Entschlossenheit war starker als je — ganz wie die Alldays.

VII Die Narval

Leutnant Thomas Herrick schlurfte siedend hei?en, bitteren Kaffee und sah Bolitho zu, der sich neben einer Seekarte Notizen machte.

Vor einer Woche waren sie wieder ausgelaufen, und Herrick war froh, wieder auf See zu sein und etwas zu tun, worauf er sich verstand. Sechs Tage lang hatten sie vor Anker gelegen, und es war schmerzlich gewesen zu beobachten, wie Bolitho sich bemuhte, seine Sorgen zu verbergen, seinen Kummer fur sich zu behalten, wenn er zu der verankerten Eurotas und der dahinterliegenden Stadt hinuberblickte. Selbst jetzt war Herrick nicht sicher, was Bolitho wirklich dachte. Fur jeden, der ihn nicht so gut kannte, schien der Kommandant wie immer der aufmerksame, an seiner Umwelt interessierte Offizier zu sein. Sorgfaltig studierte er die Karte, verglich seine Aufzeichnungen mit denen von Lakey, dem Steuermann.

Herrick wu?te nicht viel von den Levu-Inseln, nur da? sie etwa zweihundert Meilen im Norden des Archipels lagen, wo sie die Eurotas zuruckerobert hatten. Jetzt schleppten sie sich vorwarts, behindert durch das langsamere Handelsschiff, das die Tempest in Luv aufmerksam uberwachte.

Bolitho blickte auf.»Erinnern Sie sich an den alten Mudge, Thomas?»

«Gewi?. «Herrick schmunzelte. Mudge war Steuermann auf der Undine gewesen.»Er mu? der alteste Mann im Dienst des Konigs gewesen sein, vielleicht uberhaupt der alteste auf See. Sechzig Jahre hat er zugegeben, aber er ist nie daruber hinausgegangen. Schade, da? er nie Mr. Lakey kennengelernt hat. Wenn die beiden sich eines Tages im Himmel treffen, haben sie einander viel zu erzahlen. «Bolitho war nachdenklich.»Er wu?te eine Menge uber diese Gewasser. Wie er mich zurechtwies, wenn ich befahl, alle Segel zu setzen… Aber auch wie er knurrte, wenn wir so wie jetzt dahinkrochen!»

Herrick blickte auf, als er Keens Schritte uber sich auf dem Achterdeck horte. Borlase hatte das Kommando uber die Eurotas erhalten. In gewisser Weise war das bedauerlich, dachte Herrick, denn Borlase mochte Raymond zuviel anvertrauen. Andererseits war Herrick froh, hier bei Bolitho zu sein. An Borlases Stelle ware er vielleicht gegenuber diesem Lump Raymond zu deutlich geworden. Er fragte:»Was erwarten Sie, auf den Levu-Inseln vorzufinden, Sir?»

Bolitho ging zu den Heckfenstern und starrte zum schwankenden, dunstigen Horizont hinaus; die glitzernde See sah aus wie ein riesiger, siedender Kessel.

«Einen Flaggenmast, Thomas, und ein paar angestrengt arbeitende britische Beamte. Weitgehend das, was wir schon kennen.»

Noddall tappte in die Kajute, eine Kaffeekanne in seinen Pfotchen.»Hier ist noch ein Rest drin, Sir.«»Gut. «Bolitho hielt ihm seinen Becher hin.»Ich komme zwar davon ins Schwitzen, aber Kaffee ist wenigstens etwas, das nicht schimmelig oder ranzig schmeckt. «Ein neuer Tag, die gleiche leere See. Er hatte sich angewohnt, jedesmal, wenn er an Deck den Kompa? und ihren Standort uberprufte, die Sekunden zu zahlen. Die Sekunden, ehe er sich gestattete, zu dem bauchigen Rumpf der Eurotas hinuberzublicken. Sie schien stets in der gleichen Position zu bleiben, in den Wanten der Tempest wie in einem riesigen Netz gefangen. In Wirklichkeit hielt sie sich ein ganzes Stuck in Lee, zu weit entfernt, um sie ohne Glas zu uberprufen. Und auch diese Gelegenheiten mu?ten bemessen, rationiert werden. Er horte einige gedampfte Schusse und wu?te, da? die Marineinfanteristen wieder ubten, aus den Masten auf bewegliche Ziele schossen, die Sergeant Quare warf. Plotzlich sagte Herrick:»Es hat keinen Zweck, Sir. Ich mu? daruber sprechen.»

«Gut. «Bolitho wandte sich ihm zu.»Ich habe so etwas erwartet. Bringen wir es also hinter uns. «Herrick stellte seinen Kaffeebecher vorsichtig auf den Tisch.»Das alles ist Ihnen nicht neu, aber ich bin deshalb nicht weniger besorgt. Ich… Auf mich kommt es nicht an. Ich werde nie uber die Offiziersmesse hinauskommen und bin daruber auch ganz froh, seit ich gesehen habe, wie sehr ein Kommando einen Mann aushohlen kann. Aber Sie haben eine Familientradition zu wahren, Sir. Als ich Ihr Haus in Falmouth mit all diesen Portrats sah, wu?te ich, da? es mein Gluck war, unter Ihnen dienen zu konnen. Ich wei?, was dazu gehort, Kommandant zu sein. Es ist nicht gerecht, da? Sie wegen dieser Affare in Gefahr kommen. «Bolitho lachelte ernst, obwohl ihm das Herz wehtat.»Mit >dieser Affare< meinen Sie wohl meine Unvorsichtigkeit, ebenso der Liebe zu verfallen wie jeder andere?»

Er schuttelte den Kopf.»Nein, Thomas. Ich werde niemandem erlauben, dieser Frau zu nahe zu treten, nur um mich zu treffen. Eher schicke ich Raymond zur Holle!«Er wandte sich ab.»Jetzt haben Sie es geschafft, da? ich die Beherrschung verloren habe.»

Herrick entgegnete muhsam:»Auf die Gefahr hin, Sie noch mehr zu verletzen: Ich glaube auch, da? Kommodore Sayer richtig gehandelt hat, als — «, er hob verlegen die Schultern,»als er Sie hier an Bord hielt.»

«Vielleicht. «Bolitho setzte sich wieder und rieb sich mit den Handballen die Augen.»Wenn nur…«Er blickte scharf auf.»Was war das?»

«Ein Ruf vom Ausguck, Sir. «Auch Herrick war bereits auf den Beinen, als der Ruf noch einmal herunterschallte.»An Deck! Segel in Lee voraus.»

Sie eilten beide aus der Kajute und stie?en mit Midshipman Romney zusammen, der auf dem Weg nach unten war.»Sir, eine Empfehlung von Mr. Keen und. «Herrick sturmte an ihm vorbei.»Ja, wir wissen schon. «Bolitho ging am Ruder vorbei, wobei er die Sonne auf seinen Schultern spurte, als ob sie nackt waren. Ein Blick auf Kompa? und Segel verriet ihm alles, was er wissen mu?te: Die Eurotas lag nach wie vor auf ihrer Position, Fock, Gro?- und Besansegel fielen immer wieder ein und beraubten sie jeder Schonheit.»Liegt noch mehr vor?«»Noch nicht, Sir. «Keen hob sein Teleskop.»Hm. «Bolitho zog seine Uhr.»Schicken Sie einen weiteren Mann in den Ausguck. «Er blickte sich nach Midshipman Swift um.»Und Sie geben ein Signal an die Eurotas: >Segel in Nordost<. «Er sah Herrick an.»Obwohl sie das bei Gott inzwischen selbst entdeckt haben sollten. «Herrick blieb gelassen. Handelsschiffe hatten nur selten einen guten Mann im Ausguck, besonders dann nicht, wenn sie unter dem Schutz eines Kriegsschiffes segelten. Aber es hatte keinen Sinn, Bolitho darauf hinzuweisen. Er wu?te, da? dieser seine Befurchtungen nur muhsam unter Kontrolle hielt. Ein Funke, und…

«Herrgott, sind die da oben blind geworden?«schnauzte

Bolitho.

«An Deck!«Das war der neue Mann im Ausguck.»Es ist ein Kriegsschiff, Sir.»

Bolitho wandte sich wieder an Herrick.»Was kann das vorhaben, Thomas?»

«Vielleicht ist es eines von unseren.»

«Gott segne Sie, Thomas!«Er klopfte ihm auf die Schulter.

«Wir sind das einzige britische Kriegsschiff auf dem ganzen weiten Ozean. Sogar der Gouverneur von Neusudwales mu?

um Schiffe betteln.»

Herrick war fasziniert. Die Aussicht auf Aktivitat wirkte auf Bolitho belebend, ganz gleich, was er privat durchmachte.»Wir haben nicht die geringste Ahnung, Sir, was in der Welt geschieht«, sagte er.»Wir konnen im Krieg mit Spanien sein, mit Frankreich oder sonst jemandem. «Bolitho ging zum Ruder zuruck und prufte den Kompa?. Kurs Ost-Nordost, und nach wie vor beruhigender rauher Wind von Steuerbord. Der Kurs des Fremden verlief konvergierend zu ihrem eigenen, aber es wurden Stunden vergehen, ehe sie sich trafen. Was sollte er tun, wenn der Neuankommling abdrehte und vor ihnen floh? Er konnte die Eurotas nicht sich selbst uberlassen. Doch nach einer Stunde verrieten die Meldungen aus dem Mast, da? das andere Schiff keine Vorkehrungen fur ein Ausweichmanover traf.