Die Entscheidung: Kapitan Bolitho in der Falle, стр. 15

«Maulby dachte das wahrscheinlich auch. «Bolitho hatte bereits die Hand auf die Klinke gelegt. Colquhoun stie? sich vom Fenster ab und kam durch die Kajute geschlurft.»Sie haben also schlie?lich doch gewonnen, wie?«Seine Stimme brach.»Sie und Ihre verdammte Sparrow!»

Bolitho erkannte die Qual des Mannes und antwortete:»Als ich vor drei Jahren das Kommando uber die Sparrow erhielt, dachte ich, das sei alles, was ein Mann sich wunschen konnte. Damals hatte ich mich wohl Ihren Entscheidungen gebeugt, unabhangig davon, was sie nach sich gezogen hatten. Jetzt wei? ich es besser, vielleicht sogar dank Ihnen. Ein Kommando ist eine Sache. Aber die Verantwortung, die Pflicht gegenuber denjenigen, die von einem abhangig sind, ist die gro?ere Burde. Wir mussen uns die Schuld an Maulbys Tod teilen. «Er sah, wie Colquhoun ihn unglaubig anstarrte, dann fuhr er fort:»Ihre Gier machte Sie blind fur alles au?er spaterer Beforderung. Mein Verbrechen war Stolz. Der Stolz, der den Feind dazu brachte, mir einen Hinterhalt zu legen, und zwar einen, in den die Manner der Fawn gingen. «Er offnete die Tur.»Ich hoffe, ich werde es nie vergessen. Und Sie auch nicht.»

Er ging rasch zum Achterdeck und horte, wie die Tur hinter ihm zugeschlagen wurde, das Klicken der Muskete, als der Posten eine entspanntere Haltung annahm.

Am Schanzkleid erwartete ihn der Erste Leutnant.

Uber der bewegten See, deren Wellentaler schon von Schatten durchzogen waren, sah er die Sparrow unruhig vor den ersten blassen Sternen schwojen. Eine Laterne leuchtete an ihrer Heckreling, und er glaubte, das Aufspritzen der Riemen an der Stelle zu sehen, wo Stockdale die Gig bereithielt. Er hatte auch vergeblich warten konnen. Colquhoun hatte sich die letzte Geste leisten konnen, ihn fur seinen Ausbruch in Arrest zu legen. Da? er das nicht getan hatte, war ein Beweis seiner Schuld. Mehr noch: ein Beweis, da? Colquhoun sehr wohl wu?te, was er getan hatte.

Bolitho sagte:»Wir sollen zur Admiralitat in New York sto?en.»

Der Leutnant beobachtete, wie die Gig an die Bordwand schlug, und antwortete traurig:»Es wird mir nicht leid tun, diesen Ort zu verlassen.»

Bolitho seufzte.»Aye. Eine Niederlage ist eine bose Sache.

Aber ein Sieg kann oft gro?eres Leid verursachen.»

Der Leutnant beobachtete ihn, wie er in die Gig kletterte und ablegte.

So jung und schon so viel Verantwortung. Aber nicht fur mich. Schon als der Gedanke ihm durch den Kopf fuhr, wu?te er, da? es ein Irrtum war; als er uber das dunkler werdende Deck blickte, fragte er sich, ob ihn Colquhouns Fehler wohl naher an seine Beforderung gebracht hatte.

Ein bitteres Ende

Fast unmittelbar, nachdem sie in Sandy Hook vor Anker gegangen waren, wurde der Sparrow und ihrer Mannschaft eine kurze und wohlverdiente Pause zum Uberholen des Schiffes gegonnt. Unter dem wachsamen Auge eines alteren Dockoffiziers lie? man sie trockenfallen, der dichte Bewuchs wurde abgekratzt und entfernt. Bolitho konnte Lock an Land senden, wo dieser durch sorgfaltig verteilte Trinkgelder neuen Proviant und Ersatz fur einige faulig gewordene Fasser mit Fleisch ergattern konnte.

Trotz dieser regen Tatigkeit, die von der Morgendammerung bis zum Dunkelwerden dauerte, bekam er gelegentlich Besuch von einem wi?begierigen Leutnant aus dem Stab des Flottenchefs. Er schrieb Stellungnahmen von Bolitho und Tyrell auf und verglich sie sowohl mit den Eintragungen im Logbuch der Fawn als auch mit den Befehlen, die zu dem Angriff fuhrten.

Buckle mu?te jeden Teil der benutzten Karten ausbreiten und erklaren und wurde bei dem fachmannischen Verhor des Leutnants recht verwirrt. Als aber ein Tag auf den anderen folgte und die Sparrow wieder ihr ursprungliches schmuckes Aussehen zuruckgewann, wurden die bitteren Erinnerungen an den Verlust der Fawn und an seinen Wutausbruch in der Kajute Colquhouns schwacher, wenn nicht sogar aus Bolithos Gedanken verdrangt.

Er war standig mit den Angelegenheiten des Schiffes beschaftigt, da er nie wu?te, wann seine nachsten Befehle eintreffen wurden, und er verbrachte jede freie Minute damit, den Fortgang des Krieges auf dem Festland zu studieren. Als er die Vorladung vors Kriegsgericht erhielt, war es so etwas wie ein Schock fur ihn.

Drei Wochen waren vergangen, seitdem er Colquhoun in der Kajute der Bacchante gegenubergestanden hatte, und fast jeder Tag war ausgefullt gewesen.

Nur bestimmte Einzelheiten standen ihm noch mit aller Klarheit vor Augen: das Bild der Gewalt und Verzweiflung auf dem zerschossenen Deck der Fawn. Maulbys Gesicht, die Fliegen, die uber seine schmerzverzerrten Zuge krochen. Der sichtliche Stolz des jungen Heyward, als er die Aufgabe bekam, die Kapitulation des Feindes entgegenzunehmen. Der einzige uberlebende Fawn-Offizier, der das Kommando uber den Feind ubernommen hatte, bis die Marinesoldaten kamen. Maulbys Leutnant sah aus wie ein Mann, der aus dem Schatten des Todes entkommen war. Seine Bewegungen waren schwerfallig, sein Gesicht gezeichnet von den Anblicken und Gerauschen, die er hatte ertragen mussen.

Am Morgen der Gerichtsverhandlung stand Bolitho mit Tyrell und Buckle auf dem Achterdeck der Sparrow. Er war sich der vielen Augen bewu?t, die ihn beobachteten, an Bord und auf den in der Nahe ankernden Schiffen. Tyrell trat unruhig von einem Bein aufs andere.»Ich mag nur als Zeuge vernommen werden, aber ich fuhle mich wei? Gott mitschuldig!«murmelte er.

Bolitho beobachtete die Gig, die auf die Schanzkleidpforte zuhielt, und bemerkte, da? Stockdale und seine Ruderganger ihre besten Kleider angelegt hatten. Wahrscheinlich waren auch sie sich des Augenblicks bewu?t.

Und sie hatten Grund dazu, dachte er grimmig. Zwar war Colquhoun angeklagt, aber es war auch bekannt, da? ein Ertrinkender oft noch andere mit sich in die Tiefe zog.

Sein Blick schweifte hinuber zu dem Schiff, das ungefahr drei Kabellangen entfernt vor Anker lag: die Parthian, auf der er Befehl erhalten hatte, die Soldaten und die Goldbarren General Blundells am Delaware zu retten. Wie lange das schon her zu sein schien. Eine Ewigkeit.

Die Gig wurde festgemacht, und Tyrell sagte abrupt:»Der Bastard verdient, gehangt zu werden!»

Bolitho folgte den anderen zur Schanzkleidpforte und versuchte wieder einmal, sich uber seine wahren Gefuhle klar zu werden. Es war schwierig, Colquhoun weiterhin zu hassen. Seine Schwache war vielleicht allzu menschlich gewesen, was es nach dem ersten Arger nicht leichter machte, ihn zu verdammen.

Als es acht Uhr war und die Glocken von jedem ankernden Kriegsschiff erklangen, krachte ein einzelner Kanonenschu? von der Parthian, gleichzeitig wurde die Kriegsgerichtsflagge an ihrer Gaffel gehi?t. Es war Zeit.

Graves stand mit ausdruckslosem Gesicht bei den anderen, als sie in die Gig kletterten. Er war nicht betroffen, und Bolitho fragte sich, ob er vielleicht beim Anblick der Kriegsgerichtsflagge an Chancen fur seine Beforderung dachte.

Sobald er die vergoldete Schanzkleidpforte der Parthian durchschritten hatte und an der Wache und der versammelten Menschenmenge vorbeigegangen war, spurte Bolitho ein Gefuhl des Ekels in sich aufsteigen. Das Achterdeck des Zweideckers war mit Besuchern vollgestopft. Hohere Offiziere, einige von ihnen Militars, verschiedene wohlhabend aussehende Zivilisten und ein einzelner Maler erweckten den Eindruck eines sorglosen Ausfluges und nicht den eines Gerichts. Der Maler, ein bartiger, geschaftiger kleiner Mann, hielt Skizzen aus jedem Blickwinkel fest, betonte jedes Detail der Uniform und des Ranges, gonnte sich kaum eine Pause.

Er sah Bolitho und drangte sich durch die schwatzende Menge, den Skizzenblock schon gezuckt.

«Kapitan Bolitho?«Der Bleistift verhielt und senkte sich dann.»Freut mich, Sie endlich zu sehen. Ich habe so viel von Ihren Heldentaten gehort. «Er hielt ein und lachelte scheu.»Ich wunschte, ich hatte an Bord Ihres Schiffes sein konnen, um Zeichnungen zu machen. Die Leute zu Hause mussen daruber unterrichtet werden.»