Сиддхартха (На немецком языке), стр. 5

"Ich begehre nicht, auf dem Wasser zu gehen", sagte Siddhartha. "MXgen alte Samanas mit solchen KXnsten sich zufrieden geben!"

GOTAMA

In der Stadt Savathi kannte jedes Kind den Namen des Erhabenen Buddha, und jedes Haus war gerXstet, den JXngern Gotamas, den schweigend Bittenden, die Almosenschale zu fXllen. Nahe bei der Stadt lag Gotamas liebster Aufenthalt, der Hain Jetavana, welchen der reiche Kaufherr Anathapindika, ein ergebener Verehrer des Erhabenen, ihm und den Seinen zum Geschenk gemacht hatte.

Nach dieser Gegend hatten alle ErzXhlungen und Antworten hingewiesen, welche den beiden jungen Asketen auf der Suche nach Gotamas Aufenthalt zuteil wurden. Und da sie in Savathi ankamen, ward ihnen gleich im ersten Hause, vor dessen TXr sie bittend stehen blieben, Speise angeboten, und sie nahmen Speise an, und Siddhartha fragte die Frau, welche ihnen die Speise reichte:

"Gerne, du MildtXtige, gerne mXchten wir erfahren, wo der Buddha weilt, der EhrwXrdigste, denn wir sind zwei Samanas aus dem Walde, und sind gekommen, um ihn, den Vollendeten, zu sehen und die Lehre aus seinem Munde zu vernehmen."

Sprach die Frau: "Am richtigen Orte wahrlich seid ihr hier abgestiegen, ihr Samanas aus dem Walde. Wisset, in Jetavana, im Garten Anathapindikas, weilt der Erhabene. Dort mXget ihr, Pilger, die Nacht verbringen, denn genug Raum ist daselbst fXr die UnzXhligen, die herbeistrXmen, um aus seinem Munde die Lehre zu hXren."

Da freute sich Govinda, und voll Freude rief er: "Wohl denn, so ist unser Ziel erreicht und unser Weg zu Ende! Aber sage uns, du Mutter der Pilgernden, kennst du ihn, den Buddha, hast du ihn mit deinen Augen gesehen?"

Sprach die Frau: "Viele Male habe ich ihn gesehen, den Erhabenen. An vielen Tagen habe ich ihn gesehen, wie er durch die Gassen geht, schweigend, im gelben Mantel, wie er schweigend an den HaustXren seine Almosenschale darreicht, wie er die gefXllte Schale von dannen trXgt."

EntzXckt lauschte Govinda und wollte noch vieles fragen und hXren. Aber Siddhartha mahnte zum Weitergehen. Sie sagten Dank und gingen und brauchten kaum nach dem Wege zu fragen, denn nicht wenige Pilger und auch MXnche aus Gotamas Gemeinschaft waren nach dem Jetavana unterwegs. Und da sie in der Nacht dort anlangten, war daselbst ein bestXndiges Ankommen, Rufen und Reden von solchen, welche Herberge heischten und bekamen. Die beiden Samanas, des Lebens im Walde gewohnt, fanden schnell und gerXuschlos einen Unterschlupf und ruhten da bis zum Morgen.

Beim Aufgang der Sonne sahen sie mit Erstaunen, welch groXe Schar, GlXubige und Neugierige, hier genXchtigt hatte. In allen Wegen des herrlichen Haines wandelten MXnche im gelben Gewand, unter den BXumen saXen sie hier und dort, in Betrachtung versenkt X oder im geistlichen GesprXch, wie eine Stadt waren die schattigen GXrten zu sehen, voll von Menschen, wimmelnd wie Bienen. Die Mehrzahl der MXnche zog mit der AImosenschale aus, um in der Stadt Nahrung fXr die Mittagsmahlzeit, die einzige des Tages, zu sammeln. Auch der Buddha selbst, der Erleuchtete, pflegte am Morgen den Bettelgang zu tun.

Siddhartha sah ihn, und er erkannte ihn alsbald, als hXtte ihm ein Gott ihn gezeigt. Er sah ihn, einen schlichten Mann in gelber Kutte, die Almosenschale in der Hand tragend, still dahin gehen.

"Sieh hier!" sagte Siddhartha leise zu Govinda. "Dieser hier ist der Buddha."

Aufmerksam blickte Govinda den MXnch in der gelben Kutte an, der sich in nichts von den Hunderten der MXnche zu unterscheiden schien. Und bald erkannte auch Govinda: Dieser ist es. Und sie folgten ihm nach und betrachteten ihn.

Der Buddha ging seines Weges bescheiden und in Gedanken versunken, sein stilles Gesicht war weder frXhlich noch traurig, es schien leise nach innen zu lXcheln. Mit einem verborgenen LXcheln, still, ruhig, einem gesunden Kinde nicht unXhnlich, wandelte der Buddha, trug das Gewand und setzte den FuX gleich wie alle seine MXnche, nach genauer Vorschrift. Aber sein Gesicht und sein Schritt, sein still gesenkter Blick, seine still herabhXngende Hand, und noch jeder Finger an seiner still herabhXngenden Hand sprach Friede, sprach Vollkommenheit, suchte nicht, ahmte nicht nach, atmete sanft in einer unverwelklichen Ruhe, in einem unverwelklichen Licht, einem unantastbaren Frieden.

So wandelte Gotama, der Stadt entgegen, um Almosen zu sammeln, und die beiden Samanas erkannten ihn einzig an der Vollkommenheit seiner Ruhe, an der Stille seiner Gestalt, in welcher kein Suchen, kein Wollen, kein Nachahmen, kein BemXhen zu erkennen war, nur Licht und Frieden. "Heute werden wir die Lehre aus seinem Munde vernehmen," sagte Govinda.

Siddhartha gab nicht Antwort. Er war wenig neugierig auf die Lehre, er glaubte nicht, dass sie ihn Neues lehren werde, hatte er doch, ebenso wie Govinda, wieder und wieder den Inhalt dieser Buddhalehre vernommen, wenn schon aus Berichten von zweiter und dritter Hand. Aber er blickte aufmerksam auf Gotamas Haupt, auf seine Schultern, auf seine FXe, auf seine still herabhXngende Hand, und ihm schien, jedes Glied an jedem Finger dieser Hand war Lehre, sprach, atmete, duftete, glXnzte Wahrheit. Dieser Mann, dieser Buddha, war wahrhaftig bis in die GebXrde seines letzten Fingers. Dieser Mann war heilig. Nie hatte Siddhartha einen Menschen so verehrt, nie hatte er einen Menschen so geliebt wie diesen.

Die beiden folgten dem Buddha bis zur Stadt und kehrten schweigend zurXck, denn sie selbst gedachten diesen Tag sich der Speise zu enthalten. Sie sahen Gotama wiederkehren, sahen ihn im Kreise seiner JXnger die Mahlzeit einnehmen X was er aX, hXtte keinen Vogel satt gemacht — und sahen ihn sich zurXckziehen in den Schatten der MangobXume.

Am Abend aber, als die Hitze sich legte und alles im Lager lebendig ward und sich versammelte, hXrten sie den Buddha lehren. Sie hXrten seine Stimme, und auch sie war vollkommen, war von vollkommener Ruhe, war voll von Frieden. Gotama lehrte die Lehre vom Leiden, von der Herkunft des Leidens, vom Weg zur Aufhebung des Leidens. Ruhig floss und klar seine stille Rede. Leiden war das Leben, voll Leid war die Welt, aber ErlXsung vom Leid war gefunden: ErlXsung fand, wer den Weg des Buddha ging. Mit sanfter, doch fester Stimme sprach der Erhabene, lehrte die vier HauptsXtze, lehrte den achtfachen Pfad, geduldig ging er den gewohnten Weg der Lehre, der Beispiele, der Wiederholungen, hell und still schwebte seine Stimme Xber den HXrenden, wie ein Licht, wie ein Sternhimmel.

Als der Buddha X es war schon Nacht geworden X seine Rede schloss, traten manche Pilger hervor und baten um Aufnahme in die Gemeinschaft, nahmen ihre Zuflucht zur Lehre. Und Gotama nahm sie auf, indem er sprach: "Wohl habt ihr die Lehre vernommen, wohl ist sie verkXndigt. Tretet denn herzu und wandelt in Heiligkeit, allem Leid ein Ende zu bereiten."

Siehe, da trat auch Govinda hervor, der SchXchterne, und sprach: "Auch ich nehme meine Zuflucht zum Erhabenen und zu seiner Lehre," und bat um Aufnahme in die JXngerschaft, und ward aufgenommen.

Gleich darauf, da sich der Buddha zur Nachtruhe zurXckgezogen hatte, wendete sich Govinda zu Siddhartha und sprach eifrig: "Siddhartha, nicht steht es mir zu, dir einen Vorwurf zu machen. Beide haben wir den Erhabenen gehXrt, beide haben wir die Lehre vernommen. Govinda hat die Lehre gehXrt, er hat seine Zuflucht zu ihr genommen. Du aber, Verehrter, willst denn nicht auch du den Pfad der ErlXsung gehen? Willst du zXgern, willst du noch warten?"

Siddhartha erwachte wie aus einem Schlafe, als er Govindas Worte vernahm. Lange blickte er in Govindas Gesicht. Dann sprach er leise, mit einer Stimme ohne Spott: "Govinda, mein Freund, nun hast du den Schritt getan, nun hast du den Weg erwXhlt. Immer, o Govinda, bist du mein Freund gewesen, immer bist du einen Schritt hinter mir gegangen. Oft habe ich gedacht: Wird Govinda nicht auch einmal einen Schritt allein tun, ohne mich, aus der eigenen Seele? Siehe, nun bist du ein Mann geworden und wXhlst selber deinen Weg. MXgest du ihn zu Ende gehen, o mein Freund! MXgest du ErlXsung finden!"